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Die Portugiesische Reise (German Edition)

Die Portugiesische Reise (German Edition)

Titel: Die Portugiesische Reise (German Edition)
Autoren: José Saramago
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Francisco de Arruda ausmachen, der den Bau geplant und ausgeführt hat.
    Der Reisende hat ein Faible für Namen, das ist sein gutes Recht. Da er keinen Anlass hat, in Oriola zu halten, einem Dorf auf dem Weg nach Viana do Alentejo, erfreut er sich wenigstens an den Silben seines höchst italienisch klingenden Namens, vielleicht ist er verwandt mit dem valencianischen Orihuela. Apropos Namen, der Reisende versteht nicht recht, warum Viana sich einfach nur »do Alentejo« nennen wollte und aus Lokalpatriotismus die Ortsbezeichnung Viana-a-parde-Alvito abgelehnt hat. Hätte es seinen ersten, ebenso rätselhaften Namen aus noch früherer Zeit, nämlich Viana de Fochem, übernommen, dann ließe sich die Zahl der Besucher, von dem berühmten Évora im Norden und von Beja im Süden angelockt, womöglich steigern. Natürlich kann Viana nicht mit den beiden Distrikthauptstädten konkurrieren, doch mit seiner Burg, dem Kreuz, der Pfarrkirche, den Kapellen und der Wallfahrtsstätte, das alles innerhalb und außerhalb der Ortschaft mit ihren engen weißen Straßen, besitzt es genügend eigene Reize, um den Reisenden für sich zu gewinnen. Die Burgmauern sind nicht sehr hoch, was auf seltene kriegerische Auseinandersetzungen hindeutet oder auf ein gutes Gefühl für Proportionen. Kommt man von Südosten her zur Burg, sieht man über den maurischen Schießscharten das geometrische Spiel der Aufbauten der Pfarrkirche, die gezackten Zinnen, die spitz auslaufenden Befestigungstürme, die Mauerpfeiler und Strebebögen, in wenigen Worten gesagt, falls das überhaupt möglich ist: ein Fest für das Auge. Der Zugang zur Burg ist in Terrassen mit mehreren Absätzen gestaltet. Im Schatten einiger Bäume, geschützt vor der brennenden Sonne, diskutieren zwei Jungen und zwei Mädchen über Schulausbildungen, die sie schon abgeschlossen haben oder noch absolvieren wollen, ein ernstes Thema, wie man sieht.
    Der Reisende hat sich erkundigt und den Schlüssel geholt. Als er zurückkommt, diskutieren sie noch immer, welche Prüfung und wann, die Jugend hat es wirklich nicht leicht. Von innen fasziniert die Kirche durch den Sinn für Raum, den sie vermittelt: Das getäfelte Gewölbe ruht auf enorm dicken, unbearbeiteten achteckigen Pfeilern, und die drei Schiffe setzen sich über fünf hohe, mit Rundbögen abgegrenzte Felder fort. Da der Chor offen zugänglich und frei in den Kirchenkorpus integriert ist (er nimmt das erste Feld ein), wirkt er nicht so distanziert und reserviert wie sonst üblich. Im Gegenteil, am liebsten möchte man hinauf- und hinuntergehen, von dort aus Messe und Feierlichkeiten beobachten. Der Reisende ist hinauf- und hinuntergegangen, glücklich wie ein Junge, der bereits alle Prüfungen hinter sich hat. Beim Hinausgehen betrachtet er ausführlich das reichverzierte Doppelportal mit seinem kielförmigen Bogen, den königlichen Attributen (Wappenschild, Christuskreuz, Armillarsphäre, Krabbennetz), dem Blattwerk und den Menschengestalten – dieses fast verborgene Portal ist eine hervorragende Lektion über unsere hybride Ornamentik.
    Nun beendet der Reisende die Schleife, die er von Beja aus gemacht hat. Er fährt hinunter nach Alvito, doch vorher sieht er sich noch möglichst viel von der Quinta de Água de Peixes an, einem alten Herrensitz aus dem 14. Jahrhundert, in den ersten Jahren der Regentschaft von König Dom Manuel I. von maurischen oder jüdischen Handwerkern umgebaut, die möglicherweise nach der Eroberung von Granada aus Kastilien vertrieben worden waren. Das wunderschöne Vordach über dem Eingang ruht auf schlanken Steinsäulen, die hintere Fläche des Walmdachs ist weniger stark geneigt, was einen reizvollen Asymmetrie-Effekt bewirkt. Der Eckbalkon weist schöne Mudéjar-Verzierungen auf, bei deren Anblick der Reisende wieder einmal glücklich seufzt.
    Alvito bereitet sich auf ein Fest vor. In den Straßen kein Mensch, doch ein Lautsprecher brüllt in unerträglicher Lautstärke in alle Himmelsrichtungen ein Lied mit spanischem Titel, gesungen von einem weiblichen schwedischen Duo. Dort unten liegt die Burg oder der befestigte Palast, ein für Portugal ungewöhnliches Bauwerk mit seinen runden Ecktürmen und großen Mauerflächen. Aus unbekannten Gründen sind die Türen verschlossen. Der Reisende geht hinunter zum Platz, trinkt an einem Wasserspender fades Wasser, das ihn nur noch durstiger macht, da aber das Glück ihm hold ist, fühlt er sich gleich darauf erfrischt, als er in eine Straße einbiegt und den
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