Die Portugiesische Reise (German Edition)
denen die Rippen des Gewölbes aufsetzen, in der naturbelassenen Farbe des Steins. Dieses Vordach verspricht, was die Schiffe nicht einlösen, aber wer hineingegangen ist, kommt auch heraus, und wer drinnen enttäuscht ist, den tröstet der Ausgang.
Von der Burg kann man sagen, um im Stil zu bleiben, dass auch sie nichts Großartiges ist. Doch vor dem Bergfried muss der Reisende sich verbeugen. Wenn er den in Estremoz bewundert hat, so muss er diesen preisen. Sie sind einander ähnlich, doch dieser ist gewaltiger und imposanter als der erste und auch alle anderen. Von den Innenräumen, allesamt mit Gewölbe, würde der Reisende, wenn er es könnte, den mittleren mit dem maurisch inspirierten Sterngewölbe mitnehmen, zum Beweis dafür, dass die christlichen Baumeister noch über lange Zeit die Notwendigkeit eines Stils und einer Technik anerkannten, die in dieser Region tiefe kulturelle Wurzeln hatte. Es war eine Dummheit, diese Wurzeln später auszureißen.
Dass aus Pax Julia Beja wurde, nachdem es den Mauren als Zungenbrecher gedient hatte, verwundert nicht. Dass aber ein Schlachthaus zu einer Kirche wird, mag doch überraschen. Es kommt schließlich immer auf die Bedürfnisse an. In Évora hatte man aus dem römischen Tempel ein Schlachthaus gemacht, hier fand man, dass der Bau für ein Schlachthaus viel zu schön sei, also wurde dort, wo Lämmer dem leiblichen Appetit geopfert werden sollten, fortan das Opfer des göttlichen Lamms für die Erlösung der Seelen gepriesen. Die Wege des Menschen sind nur scheinbar verworren. Wenn man sorgfältig hinsieht, findet man immer Spuren früherer Schritte, Analogien, gelöste oder lösbare Widersprüche, Plattformen, wo die verschiedenen Sprachen plötzlich zu einer gemeinsamen, universellen werden. Die Säulen in der Kirche Misericórdia zeigen den abgewandelten (im Sinne einer kollektiven lokalen Aneignung) Charakter des architektonischen Renaissance-Stils, wenn er als mit früheren regionalen Ausdrucksformen vereinbar gilt.
Der Reisende hätte gern die westgotischen Kapitelle der Kirche Santo Amaro gesehen, doch dieses Mal begibt er sich gar nicht erst auf die Suche nach dem Zauberschlüssel. Vielleicht ist das falsch, womöglich wäre es einfach, doch wenn er dabei schon in kleinen Orten gelegentlich auf so große Schwierigkeiten gestoßen ist, wer weiß, was ihm in dieser geschäftigen Stadt widerfahren mag. Also entscheidet er sich für die sicherere Option und geht ins Museum.
Das Museum von Beja ist ein Regionalmuseum, und es tut gut daran, nicht mehr sein zu wollen. So kann es mit Stolz sagen, dass fast sein gesamter Bestand von hier stammt oder bei Ausgrabungen gefunden wurde, also doppelt von hier stammt. Ausgestellt wird die Sammlung in dem ehemaligen Kloster da Conceição, genauer gesagt in den Räumen, die noch erhalten sind: Kirche, Kreuzgang und Kapitelsaal. An diesem Ort ist Mariana Alcoforado vor Liebessehnen seufzend gewandelt. Recht hatte sie, niemand sollte eine Frau in die vier Wände eines Klosters sperren und erwarten, dass sie widerspruchslos dahinwelkt. Zweifel hat der Reisende allerdings an ihren berühmten Liebesbriefen, das heißt daran, ob sie tatsächlich von portugiesischer Hand und in einem Kloster geschrieben wurden. Sie sind von einer so feinsinnigen Sprachgewandtheit, wie sie kaum einem aus diesem Ödland gebürtigen jungen Mädchen zur Verfügung stand, selbst wenn ihre Familie mit materiellen und geistigen Gütern ausgestattet war. Wie dem auch sei, ihre große Liebe hat Mariana Alcoforados Leben – falls sie es denn war – nicht verkürzt: Dreiundachtzig Jahre hat sie in diesem Jammertal verbracht, über sechzig davon im Kloster; verglichen mit der durchschnittlichen Lebenserwartung ihrer Zeit, brachte die gute Nonne aus Beja einen beträchtlichen Vorteil ins Paradies mit ein.
Der Reisende hat nicht die Absicht, das Museum zu beschreiben. Er erwähnt nur, was ihm in Erinnerung geblieben ist (und es gibt viele, nicht immer objektive Gründe, warum einem dieses und nicht jenes in Erinnerung bleibt), zum Beispiel die silbernen Traggestelle für die beiden Johannes, den Täufer und den Evangelisten, so schwer, dass zwei Bruderschaften die Kräfte versagen dürften, und er stellt fest, dass zwischen den beiden Johannes eine Rivalität entstanden ist, jeder soll prächtiger sein und mehr verehrt werden als der andere, zu jedem soll mehr als zum anderen gebetet werden. Zu Marianas Zeiten existierten diese Tragen noch nicht. Der
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