Die Portugiesische Reise (German Edition)
vor allem die Werke von Amadeu, stolze Gemälde aus der Zeit von 1909 bis 1918, von einem handwerklichen Können, das noch den letzten Pinselstrich glänzen lässt, als wäre der Maler gerade eben erst nach getaner Arbeit in sein Haus nach Manhufe gefahren, wo ihn die Weinlese erwartet. Es gibt außerdem mehrere Elóis, Dacostas und Cargaleiros im Museum, aber es ist Amadeu de Sousa, dem der Reisende seine ganze Aufmerksamkeit schenkt, jener wunderbaren üppigen Malerei, die für den orientalistischen und mittelalterlichen Exotismus der Zeichnungen entschädigt, die der Reisende, in Form von verkleinerten Reproduktionen, die Bescheidenheit hatte zu erwerben.
Geduld ist bekanntlich eine große Tugend. Das weiß auch São Gonçalo, der im 13. Jahrhundert das Vorgängermodell dieser Brücke erbaute und fünf Jahrhunderte auf ein Grabmal warten musste, in dem er nicht begraben liegt, das aber von Opfergaben umringt ist. Der Reisende sagt das mit einem Anflug von Scherzhaftigkeit, ein beliebtes Mittel, um von einem Schrecken abzulenken, den er bekommt, als er eine Kapelle mit einer sehr niedrigen Decke betritt und dort die große liegende Statue sieht, die dank ihrer Bemalung äußerst lebendig wirkt. Es ist ziemlich dunkel und der Schrecken gewaltig. Die Füße des heiligen Wundertäters glänzen von all den Liebkosungen und den Küssen der Münder, die ihn um seinen Segen bitten. Es ist anzunehmen, dass die Bitten erhört werden, zumal jede Menge Opfergaben gleichmäßig über das Grabmal verteilt sind, Beine, Arme und Köpfe aus Wachs, natürlich hohl, denn die Zeiten sind schlecht für massive Wachsfiguren, und bei diesen sieht man sofort, dass sie nicht echt sind. Lang währe der große Glaube an São Gonçalo de Amarante, von dem behauptet wird, er verheirate die Alten mit derselben Leichtigkeit, mit der der heilige Antonius dank junger Mädchen in die Geschichte einging.
Der Reisende besichtigt die Kirche und den zum ehemaligen Kloster gehörenden Kreuzgang, und er schließt Amarante in sein Herz und weiß, es ist eine Liebe für alle Zeit. Selbst die drei schlimmen portugiesischen Könige auf der Veranda, Dom João III., Dom Sebastião und Dom Henrique, der Kardinal-König, und auch der noch viel schlimmere spanische, der erste der Philipps, ändern daran nichts. Amarante ist eine so reizende Stadt, dass man ihr den perversen historischen Geschmack verzeiht. Schließlich stehen die Könige dort, weil Kloster und Kirche während ihrer Herrschaft erbaut wurden. Grund genug.
Der Reisende geht zurück in die Kirche, durch einen Seiteneingang, der in die Sakristei führt. Von irgendwoher erklingt Rockmusik, aber er weiß nicht, von wo. Vielleicht vom Platz draußen, vielleicht von einem Musikliebhaber in der Nachbarschaft. In Provinzstädtchen dringt das kleinste Geräusch überallhin. Der Reisende geht zwei Schritte weiter und späht in die Sakristei hinein. An einem Schreibtisch sitzt ein Mann, ein Schreiber oder Küster, das lässt sich nicht sagen, und nimmt Eintragungen in einem großen Buch vor, neben ihm ein kleines Transistorradio, aus dem die Musik kommt, die die ehrwürdige Sakristei mit bösartigen, zuckenden Klängen erfüllt. Den Reisenden kann nichts mehr überraschen, er will sich jedoch vergewissern, wie weit die Subversion geht, und fragt: »Entschuldigen Sie, haben Sie etwas dagegen, wenn ich mich ein wenig umsehe?« Der Küster blickt auf und antwortet freundlich: »Aber nicht doch. Sehen Sie sich gern um.« Während der Reisende durch die Sakristei geht und die Deckenmalerei betrachtet, die künstlerisch gelungenen Figuren, einen komischen, gutgelaunten São Gonçalo, hört die Musik im Radio auf, und das nächste Stück beginnt, man könnte meinen, der Reisende hätte das erfunden, aber es ist die ganze Wahrheit, weder gekürzt noch ausgeschmückt. Der Reisende bedankt sich, der Küster schreibt weiter, niemand hat sie gefragt, aber beide sind sich einig, dass es ein wunderschöner Tag ist, und die Musik spielt weiter. Vielleicht kommt ja noch ein Walzer.
Der Reisende bedauert es, sich keinen Stuhl genommen und neben den Küster an den Tisch gesetzt zu haben, wo dieser an seinen kirchlichen Schriften arbeitete, um mit ihm zu plaudern, über Leben und Musikgeschmack, es entgeht einem doch viel, wenn man nicht mit den Leuten redet. Dann lässt er Amarante hinter sich und macht sich auf die Suche nach São João de Gatão, an Wegbeschreibungen seitens der Weinleser, die auf ihren hohen Leitern
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