Die Portugiesische Reise (German Edition)
was sie ihnen für ihre Mühe und Arbeit, für Fleisch und Leder, für ihre Geduld schuldig sind? Der heilige Ochse steht dort, um die erste Rate einzufordern.
Der Reisende ist heute langsamer unterwegs. Die Straßen sind menschenleer und von Schatten bedeckt. Die Sonne taucht auf und verschwindet wieder, mal hinter den Bergen, mal in den Wolken. Dann fällt die Landschaft ab in weites, wellenförmiges Land, bewirtschaftete Felder, tiefe Täler. In Paços de Ferreira kommt der Reisende vom Weg ab. Natürlich weiß jeder, wo es langgeht, da müssen Sie abbiegen, die Erste rechts, dann die Dritte links, dann nehmen Sie die asphaltierte Straße und dann immer geradeaus bis zur Schule. Ein Haufen Mathematik. Der Reisende fährt los, kehrt um, wiederholt seine Frage und lächelt gequält, wenn er zu hören bekommt: »Wie, haben Sie es nicht gefunden? Also, ist doch ganz einfach, Sie müssen die Erste rechts, usw.« Irgendwann schließlich, als der Reisende bereits übel gelaunt ist, trifft er endlich seine gute Fee: eine große, braune Frau mit tiefen blauen Augen, eine Figur wie eine Karyatide, kurz, eine Art Göttin der Straße. Und da Göttinnen sich nicht irren, findet der Reisende schließlich die Klosterkirche von São Pedro de Ferreira, wo er vor verschlossenen Türen steht. Er hat so viel Zeit dabei verloren, den Unterschied zwischen Ferreira und Paços de Ferreira herauszubekommen, und muss sich jetzt mit äußerlichen Schönheiten zufriedengeben: dem romanischen Narthex, der Vorhalle der Kirche, daneben dem Glockenturm, dem Gesamteindruck einer Festung, den die Kirche macht, und vor allem dem wunderbaren Portal, den stilisierten Motiven auf den Kapitellen, die jedoch neben der geometrischen Schlichtheit der Bögen verblassen, die alle mit perforierten Läppchen versehen sind, wie eine riesige Stickerei. Der Reisende klopft an das Tor. Hinter zwei Fenstern brennt Licht, aber es will niemand aufmachen. Ein Hund bellt hinter der vergitterten Tür in einer Weise, die der Reisende als aggressiv empfindet, weswegen er sich gekränkt zurückzieht.
Mit den ruhigen Straßen ist es jetzt vorbei. Hinter Paredes wird es auf der Höhe von Cete und Paço de Sousa wieder ein wenig friedlicher. Der Weg zum Kloster von Cete ist voller Schlaglöcher und Buckel, empfangen wird er von drei Frauen, von denen jede anderer Meinung darüber ist, wo sich der Schlüssel befindet, und als sie lauthals die anderen Frauen in der Nachbarschaft zurate ziehen, die statt Schlüssel Schüssel verstehen, gibt der Reisende auf. Der Tag hat ihm vieles gegeben und vieles verwehrt. So ist das Leben. Er dankt den Frauen für den guten Willen und das Geschrei und macht sich auf den Weg. In Erinnerung behält er lediglich den merkwürdigen Riesen auf der Fassade, der beschützt, was er nicht hatte sehen dürfen.
Seine Bescheidenheit soll belohnt werden. Und in Paço de Sousa wird er tatsächlich für einiges entschädigt. Die Kirche vom Mosteiro de São Salvador steht auf einer ebenen, mit Bäumen bewachsenen Senke, gleich daneben fließt ein Bach, der in den Rio Sousa mündet. Der Tag geht dem Ende zu, und das ist gut so. Dies ist genau die richtige Stimmung, Grau und Grün vermischen sich, und man hört Wasser rauschen. Den Schlüssel bekommt er vom Pater höchstpersönlich. Säße der Reisende auf dem Beichtstuhl, so würde er sich übelsten Neides bezichtigen. Der ganze Ort, ohne dass etwas Besonderes heraussticht, ist einer der schönsten Flecken, die der Reisende je gesehen hat. Hier würde er gern leben, genau in diesem Haus, wo man ihm den Schlüssel so zuvorkommend ausgehändigt hat, ohne jeden Gedanken an die bösen Absichten, die in seiner Seele brodeln. Geduld. Der Reisende öffnet eigenhändig die Kirche, doch zuvor gibt es ein Wiedersehen mit Sonne und Mond romanischen Ursprungs sowie mit dem fragenden Ochsen, ins Gespräch vertieft mit einer menschlichen Figur, die, die Hand am Kinn, nicht den Eindruck macht, eine Antwort zu haben. Darüber und zu den Seiten gotische Bögen und Säulen und die große Rosette, wunderschön und kühn in ihrer Form.
Von innen ist die Kirche ebenfalls sehr schön. Es herrscht eine Kargheit, die der Reisende schätzt, jedenfalls solange man die Augen vor den in nachfolgenden Jahrhunderten vorgenommenen Neuerungen verschließt. Hier steht der Sarkophag von Egas Moniz, eine sicherlich schlichte, aber doch so präzise Arbeit, von einer muskulären Strenge, so beliebt es dem Reisenden sich auszudrücken, dass
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