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Die Portugiesische Reise (German Edition)

Die Portugiesische Reise (German Edition)

Titel: Die Portugiesische Reise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: José Saramago
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ausgeworfen, die Tradition ist jedoch so stark, dass der Reisende in einer vorbeigehenden Frau noch die Fischer als Vorfahren erkennt, und wenn es keine Fischer waren, dann Kalfaterer, Bootsbauer, Segelflicker, Seiler oder, wie weiter oben der Name der Straße besagt, Korbflechter. Die Berufe ändern sich, so wie sich die Zeiten ändern, es genügt das geringste Anzeichen für einen neuen Handelszweig, und schon ist es vorbei mit der Poesie eines Handwerks, der Reisende hat die ausgestorbenen Berufe gerade an den Fingern einer Hand abgezählt. Hier gibt es einen Orthopäden, wie man an der opulenten Frau erkennt, die draußen auf ein Eisenschild gemalt ist, so unschuldig in ihrer Nacktheit, wie es nur unsere Mutter Eva war, bevor sie es mit Senkungen innerer Organe oder Brüchen zu tun bekam.
    Der Reisende sieht sich gern in solchen Geschäften um, die häufig so tief in den Raum führen, dass der Kunde, bevor er den Verkaufstresen erreicht, einige Zeit hat, sich zu überlegen, was er denn nun eigentlich kaufen will. Dahinter lassen sich kleine Gärten mit Obstbäumen erahnen, zum Beispiel Mispeln, die hier magnórios heißen. Nicht zu vergessen die Farben, in denen die Häuser gestrichen sind, diese roten oder gelben Ockertöne, das tiefe Kastanienbraun. Porto beweist Stil und Geschick in seiner Farbenwahl, es herrscht ein Einvernehmen zwischen dem Granit und den Erdfarben, die es zulässt, mit Ausnahme des Blau, wenn es sich mit dem Weiß auf den Azulejos vereinigt.
    Der Reisende geht in die Kirche des Mosteiro de São Bento da Vitória, dreht seine Runde und geht wieder hinaus. Dieser kalte benediktinische Stil passt nicht zur Stadt. Hier braucht es barocken Granit, wenn man unter Barock Üppigkeit versteht, einen Stein, der so stark bearbeitet ist, dass er eine neue Form von Natürlichkeit annimmt. In Erinnerung behält der Reisende die drei Tonfiguren an der Vorderseite und die Atlasfiguren, die auf ihrem Rücken die Orgel tragen. Den Rest wird er wohl vergessen, und das tut ihm nicht im Geringsten leid.
    Das Bergauf und Bergab nimmt kein Ende. Er kommt zum Largo de São João Novo, wo einer der ersten Paläste steht, den Nasoni in der Stadt erbaut hat. Hier befindet sich das Völkerkunde- Museum, das er in seiner Unersättlichkeit besucht, gegen die er weder etwas tun kann noch will. Ein sehr gut ausgestattetes und gut eingerichtetes Museum. Im Erdgeschoss gibt es einen rekonstruierten Weinkeller, dem einzig der Geruch des Mostes fehlt. Im oberen Stockwerk befindet sich neben den Keramiken, den Äxten aus Stein und Bronze, den Gemälden, den volkstümlichen Heiligenbildern, den Zinnfiguren und den Münzen (der Reisende ist sich bewusst, dass er die Epochen und Erzeugnisse völlig hemmungslos durcheinanderwürfelt) die wunderbare Rekonstruktion einer bäuerlichen Küche, der man sich eine gute Stunde lang widmen könnte. Außerdem gibt es im Museum zu sehen: Spielzeug, eine riesige Karnevalsfigur und ein paar Marionetten, von so großartiger Ausdruckskraft, dass der Reisende sie jederzeit gegen die Venus von Milo eingetauscht hätte. Wenn er jetzt ein wenig mehr Zeit hätte, würde er sich noch die Museen für Archäologie und Frühgeschichte ansehen. Ein andermal.
    Dann, über weitere Treppen und Straßen, Belomonte und Taipas, landet der Reisende bei den Mártires da Pátria. Dort setzt er sich einen Augenblick hin und ruht sich aus, und als er neue Kräfte gesammelt hat, geht er in die Igreja dos Carmelitas und in die Igreja do Carmo. So dicht, wie die beiden nebeneinanderstehen, nimmt er an, dass es Rivalität und Wetteifer zwischen ihnen geben muss. Von außen betrachtet gewinnt do Carmo. Das untere Geschoss ist nicht weiter von Interesse, aber die beiden anderen Stockwerke besitzen eine harmonische Schönheit, die besonders in den Statuen der vier Evangelisten ganz oben zum Ausdruck kommt. Ohne sie verlöre die Fassade der Kirche do Carmo einen großen Teil ihrer Faszination.
    Was den Innenraum der Kirchen betrifft, möge jeder sein eigenes Urteil fällen, der Reisende entscheidet sich für die Carmelitas. Eine Kirche, die für den Glauben tut, was sie kann, während die Carmo ganz offensichtlich zu viel dafür tut. Vielleicht hat all das aber auch mehr mit der augenblicklichen Laune des Reisenden zu tun als mit einer objektiven Sicht der Dinge. Insgesamt war der Besuch in der Igreja do Carmo an diesem Wintertag allerdings ein unvergessliches Erlebnis. Gleich links, tief hinten in einer Kapelle, steht der

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