Die Portugiesische Reise (German Edition)
von den terrassenförmigen Hängen, den Reben, die in diesen Januartagen alle Blätter verloren haben und schwarz wie verbrannte Wurzeln sind. An diesen Hängen von Gaia münden die Bäche zerdrückter Trauben und des Mostes, hier werden sie gefiltert, dekantiert und schlafen gelegt, die flüchtigen Geister des Weins, in Höhlen, in denen die Menschen die Sonne hüten.
Gut, dass sie nicht die ganze Sonne hüten. Auf der Straße nach Espinho sind es nur die Bäume, die Schatten werfen. Der Himmel ist klar, nicht der kleinste Zipfel einer Wolke ist zu sehen, ein ordentlicher Sommertag wäre das, würde nicht so ein frisches Lüftchen wehen. In Espinho hält der Reisende erst gar nicht. Er sieht von weitem den menschenleeren Strand, die sich überschlagenden Wellen, die vom Wind hochgeworfene Gischt und fährt weiter bis Esmoriz. Diese Einzelheiten der Reiseroute sind nicht weiter von Belang, aber man darf nicht vergessen, dass der Reisende keine Flügel hat, er ist zu Lande unterwegs wie die meisten anderen Säugetiere, und es wäre unhöflich, nicht wenigstens die Orte zu nennen, durch die er kommt. Jetzt fährt er nach Feira, das berühmt für seine Burg ist, insbesondere für den Turm mit den kegelförmigen Zinnen, die ihr in den Augen des Reisenden eher das Aussehen eines Palastes als das einer Festung verleihen, eines Wohnsitzes für Adlige in Zeiten des Friedens. Sicherlich, dort sind Schießscharten, aber auch dafür lässt sich eine Erklärung finden, es ließe sich zum Beispiel denken, dass die Adligen sich ihre Freizeit mit Schießübungen vertrieben, um nicht aus der Übung zu kommen. Solche Respektlosigkeiten sind typisch für den Reisenden, eine einfache und nicht besonders originelle Methode, sich der Rührung zu erwehren, die ihn beim Anblick der alten Steine überkommt. Und es ist gar nicht mal so sehr die Burg von Feira, die mit seinen Gefühlen spielt, sondern diese uralten Opfersteine, die einem Gott gewidmet sind, der in dieser Gegend verehrt wurde und der, man höre und staune, Bandevelugo-Toiraeco hieß. Als wäre es mit Dom Troicosendo Galendiz nicht genug gewesen, bekommen wir jetzt noch diesen grobschlächtigen Gottesnamen serviert, der eher nach einem Zungenbrecher als dem Adressaten eines Gebetes klingt. Es verwundert nicht, dass er in Vergessenheit geraten ist. Heute bittet man Nossa Senhora dos Prazeres um dasselbe wie einst Bandevelugo-Toiraeco: Frieden, Gesundheit, Glück.
Eine dieser beiden Gottheiten jedenfalls war verantwortlich für den Wind. Der Weg von der Burg hinab führt den Reisenden durch schattige Alleen, dankbar atmet er die frische Luft und wirft einen Blick auf die Kirche des Convento do Espírito Santo, die keine große Bereicherung ist. In Erinnerung bleibt ihm einzig, wie sie in der Landschaft platziert ist, ganz oben am Ende eines Treppenlaufs, als wollte sie damit ihren Vorsitz deutlich machen. So fährt der Reisende weiter nach Ovar, wo ihn Mittagessen und Museum erwarten. Das Essen hat er vierundzwanzig Stunden später vergessen, aber nicht den süßen jungen Wein aus Castelões, gewachsen an den verwöhnten Ufern des Rio Caima, die im Schoße der benachbarten Serras da Freita und do Arestal liegen. Dieser Wein, den der Reisende mit höchstem Genuss trinkt, in genau der richtigen Temperatur, ignoriert die Gesetze der menschlichen Physiologie. Kaum hat man ihn in den Mund genommen, breitet er sich auch schon im Blut aus, wird einfach durch Osmose aufgenommen, ohne den unschönen Prozess der Verdauung.
Aber dies ist nicht der Grund dafür, dass der Reisende das Museum so faszinierend findet. Wahrscheinlich hat alles dazu beigetragen, der Gott Bandevelugo, der Weißwein aus Castelões, das Licht dieser unglaublichen Sonne, aber das Museum von Ovar selbst entwickelt einen ganz eigenen Zauber. Erstens ist es kein Museum, sondern ein Aufbewahrungslager für alles Mögliche. Was früher einmal ein Wohnhaus war, ist jetzt bis zur Decke angefüllt mit Banalem und Kostbarem, mit Fischernetzen und Stickereien, landwirtschaftlichem Gerät und afrikanischen Skulpturen, Trachten und Möbeln, Bildern aus Muscheln und Fischschuppen oder aus geflochtenem Haar. Was all diese Objekte in einer einzigartigen Homogenität vereint, ist die Liebe, mit der sie gesammelt, aufbewahrt und ausgestellt sind.
Das Museum von Ovar ist ein Schatz für jeden, der Kultur als etwas Globales begreift. Der Reisende, der in solchen Dingen bis an die Grenze geht, muss an dieser Stelle gestehen, dass er
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