Die Porzellanmalerin
Mann schnell zur Sache kam und nicht lange herumfackelte, aber jetzt hatte ihre Bemerkung eher abfällig als anerkennend geklungen.
Friederike nickte nur und nahm Teller und Brotkorb mit nach draußen. Sie deckte den Tisch so, dass sie und Josefine Caspar gegenübersitzen würden. Nachdem sie den Wein eingeschenkt hatte, forderte sie ihn auf:
»Aber jetzt erzähl doch erst einmal von meinen Eltern, Caspar. Weißt du, ob sie meine Post bekommen haben?«
Statt ihre Frage zu beantworten, fing Caspar an, von sich und seiner eigenen Reaktion auf ihr Verschwinden zu berichten. Große Sorgen habe er sich gemacht, auch um Georg, der ganz verzweifelt gewesen sei. Was für ein Skandal! Die Polizei sei im Hause Simons gewesen und habe überall nach ihr gesucht. In der Manufaktur hätten sie sich natürlich das Maul zerrissen. Zumal der eine oder andere wohl vermutet habe, dass Friederike Georg tatkräftig unterstützt hätte.
»Mir selbst hatte ja Charlotte schon vor deiner Flucht erzählt, dass du der eigentliche Porzellanmaler im Hause Simons bist«, fuhr Caspar fort. »Allerdings hat sie nicht verstanden, warum. Georg sei doch so ein begnadeter Künstler, hat sie immer wieder gesagt. Er hätte das doch gar nicht nötig, sich seine Sachen von jemand anderem malen zu lassen.« Er schenkte ihr ein charmantes Lächeln. »Ich bin da natürlich ganz anderer Meinung, liebe Friederike. Bei Georg sieht man auf den ersten Blick, dass er bestenfalls ein ganz passabler Handwerker ist. Bei dir ist das etwas anderes, du hast Talent, Ausdruck, Esprit! Dich hat wahrhaftig die Muse geküsst - auch das sieht man auf Anhieb.«
Wieder versuchte er, sie mit seinem grünen Blick zu umgarnen. Schnell griff Friederike nach ihrem Glas, um einen großen Schluck zu trinken.
»Aber was war mit meinen Eltern? Wie haben sie erfahren, dass mir nichts passiert ist?«
Ein paar Tage nach ihrem Verschwinden, berichtete Caspar weiter, sei ein Förster zur Wache gekommen, der im Wald hinter Meißen einen alten Landstreicher getroffen habe. Dieser habe irgendetwas von einem jungen Mann gefaselt, der aber wohl gar kein junger Mann gewesen sei. Auf einem Rotfuchs. Der nach dem Weg nach Altenburg gefragt habe. Da sei allen klar geworden, dass sie nicht tot, sondern nur weggeritten sei.
»Dein Vater muss von Anfang an so eine Ahnung gehabt haben«, fügte Caspar hinzu. »Er dachte wohl: Wenn sie irgendwo verletzt liegen würde, dann wäre Tamerlano doch zurück nach Hause gekommen. Zumindest sich selbst hat er anscheinend damit beruhigen können. Deine Mutter hat sich natürlich vor allem gefragt, was sie deinem Verlobten erzählen soll …«
Unter seinen halb geschlossenen Lidern musterte er sie lauernd.
»Dein Verlobter? Du warst richtig verlobt?«, rief Josefine verblüfft aus. »Ich dachte, du wolltest diesen komischen Kaufmann aus Hamburg gar nicht heiraten!«
»Ach!« Friederike machte eine wegwerfende Handbewegung. »Wollte ich auch nicht. Und ich war auch überhaupt nicht mit ihm verlobt. Das war nur so eine fixe Idee meiner Mutter. Aber erzähl weiter, Caspar!«
»Na ja, sie hat natürlich auch überlegt, ob du wohl entführt worden bist. In einen osmanischen Harem oder so. Und das Pferd gleich mit. Ich glaube, sie hätte das irgendwie romantisch gefunden. Dein Bruder hingegen hat sofort dafür gesorgt, dass der Stallknecht, der dir geholfen hat, entlassen wird. Als dann dein Brief kam, war alles nur noch halb so wild. Dein Vater muss sogar richtig stolz auf dich gewesen sein, dass du unbedingt deinen eigenen Weg gehen wolltest, hat mir Georg verraten.«
Ein Lächeln glitt über Friederikes Gesicht. Ihr Vater! Er hatte sie schon immer verstanden.
»Dass Georg aber auch gleich den Stallknecht rausgeworfen hat! Das ist mal wieder typisch für ihn!«, sagte sie laut.
Auch Josefine musste lachen, als Caspar sich wiehernd auf die Schenkel klopfte.
»Unser Georg, ja, so ist er!«, wiederholte er mehrfach.
»Sag mal«, erkundigte sich Friederike vorsichtig, »wann ist denn mein Brief zu Hause eingetroffen, weißt du das zufällig?«
Caspar musste erst einen Moment nachdenken.
»Ich glaube, das war noch vor Weihnachten«, besann er sich dann. »Ja, genau, Georg sagte zu mir, wenigstens hättest du deiner Familie nicht das ganze Weihnachtsfest versaut, denn immerhin wüssten sie jetzt, dass du nicht tot bist.«
Dann hatte Carl Bogenhausen alias Richard Hollweg also Wort gehalten, überlegte sie. Er hatte tatsächlich ihren Brief aus Hanau
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