Die Porzellanmalerin
sie dann im Bett lag, wollte der ersehnte Schlaf dennoch nicht kommen. Immer wieder hatte sie das schreckliche Bild von Giovanni im Kerker vor Augen, dem erneut im Schlaf zu begegnen sie sich regelrecht fürchtete.
Außerdem hatte der kurze Wortwechsel mit Josefine vor dem Zubettgehen sie wieder an deren Worte vom Vorabend denken lassen. Josefine hatte schon das Geschirr abgewaschen, als sie nach Hause gekommen war, und gerade die letzten Handgriffe in der Küche erledigt.
»Was für ein Kerl!«, hatte sie kopfschüttelnd vor sich hin gemurmelt, zum wiederholten Mal. »Aber er sieht schon gut aus! Und charmant ist er auch. Eigentlich doch sehr nett. Kaum vorstellbar, dass er so windig sein soll.«
»Doch, doch, das ist er, das kannst du mir ruhig glauben«, hatte Friederike erwidert. »Er hat eben versucht, mir seine Zunge in den Hals zu stecken.«
Josefine war in schallendes Gelächter ausgebrochen.
»Der geht aber ran! Endlich mal einer, der weiß, was er will! Nicht so ein Hasenfuß wie dein Fechtmeister, der mir kaum in die Augen sieht, weil er Angst hat, ich könnte deine Geliebte sein.«
»Aber ich will nichts von Caspar«, hatte Friederike protestiert. »Er soll mich in Ruhe lassen!«
Noch lange hatten sie darüber debattiert, ob sie es sich leisten könnten, irgendwelche halbwegs passablen Verehrer abzuwimmeln. »Als ob die Männer uns in solchen Scharen nachlaufen würden, dass man wählerisch sein könnte!«, hatte Josefine ihr vorgehalten. »Ich will sowieso nur einen«, hätte sie ihr am liebsten entgegnet, hatte sich aber gerade noch auf die Zunge gebissen.
Sie verstand selbst nicht ganz, warum sie der Freundin noch immer nichts von ihrer Liebe zu Giovanni erzählt hatte. Eine unerklärliche Angst hielt sie davor zurück, eine Art Instinkt, der sie zur Diskretion mahnte. Wie ihr Gefängnistraum - auch der blieb ihr letztlich unergründlich. Was hingegen klar auf der Hand lag, war die Tatsache, dass Josefine ganz offensichtlich unglücklich war und sich nach einem Mann sehnte. All ihr Reden und Schimpfen über Friederikes falsche Taktik in Sachen Anbändelei wies doch nur daraufhin, dass sie selbst sich nichts sehnlicher wünschte, als sich endlich wieder einmal zu verlieben. Sogar Caspar schien sie zunehmend attraktiver zu finden.
Dem Prasseln des erneut aufgekommenen Regens auf die gerade erst ausgetauschten Dachziegel und dem Klappern der Fensterläden im Gewitterwind zum Trotz spürte Friederike, wie endlich die Müdigkeit sie übermannte, endlich ihre Glieder schwer wurden. Josefine konnte sagen, was sie wollte, war ihr letzter Gedanke, Caspar Ebersberg war einfach nicht zu trauen. Wenn sie ihn nicht so gut gekannt hätte, wäre auch sie gewiss auf ihn und sein vermeintliches Interesse an ihr hereingefallen. So hatte sie nur das Gefühl, in eine Falle zu laufen.
Erst eine knappe Woche später sah sie Caspar wieder. Sie hatte ihr Tagwerk gerade beendet, als sie im Korridor fast mit ihm zusammenstieß.
Caspar hatte die Ärmel seines Arbeitskittels hochgekrempelt, seine Arme waren bis zu den Ellbogen mit Ton verschmiert. Nach einem kurzen verlegenen Schweigen strahlte er sie an.
»Warte auf mich! Ich wasche mir nur rasch den Dreck ab.«
Er lief zum Brunnen im Hof und ließ den Wassereimer in den Schacht hinab. Dann wusch er sich gründlich die Hände. Schon als er wieder auf sie zukam, rief er ihr entgegen:
»Ich habe mir ein Haus gekauft. Komm mit, ich zeig’s dir! Es ist nicht weit.«
»Das ging aber schnell!«
»Ja, ich war sehr beschäftigt die letzten Tage. Aber nun ist alles erledigt.«
»Josefine wartet sicher schon mit dem Essen.« Friederike zögerte.
»Das geht ganz schnell. Komm einfach mit! Josefine wird dein Essen ja wohl einen Augenblick warm halten können.«
Sie war zu neugierig auf Caspars Haus, um seiner Aufforderung nicht nachzukommen. Gemeinsam liefen sie in Richtung Schlossplatz, vorbei am »Schwan« und hinunter zum Maintor. Der Wachposten grüßte Caspar schon wie einen alten Bekannten und ließ die beiden ohne ein Wort der Nachfrage passieren.
»Wo ist denn dein Haus? Wir sind ja schon gar nicht mehr in der Stadt!« Verwundert schaute sie sich um.
»Wart’s ab! Gleich wirst du es sehen!« Caspar schien es spannend machen zu wollen.
Die Mainfischer waren dabei, sich zum Auslaufen bereit zu machen. Ordentlich legten sie ihre Netze zusammen. Über dem Fluss tanzten Mückenschwärme, und winzige Wellen klatschten leise gegen das Ufer. Hier unten am Wasser
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