Die Porzellanmalerin
Abstand zwischen ihnen zu vergrößern. Dann schob sie mit aller Kraft seine Arme zur Seite und stieß sich mit beiden Füßen vom Boden ab. Rasch schwamm sie ein Stück von ihm weg.
»Was soll das, Caspar? Wie kommst du nur auf so eine Idee?«
Caspar schien sich von ihrem wütenden Ton in keiner Weise beeindrucken zu lassen. Mit zwei kräftigen Zügen war er wieder neben ihr, um sie dieses Mal von hinten zu umfassen. Sein Keuchen dröhnte in ihrem Ohr.
»Sei nicht so grausam, Friederike! Halt mich nicht so hin!« Energisch schob sie seine Hände weg, die sich nun um ihre
Brüste gelegt hatten. Sie wollte nach hinten austreten, traf aber nur ins Leere. Caspar hielt sie wie ein Schraubstock umklammert.
»Wolltest du das nicht auch schon immer?«, flüsterte er heiser. »Sei ehrlich, Friederike: Wenn dein Bruder und deine Mutter uns nicht gerufen hätten, damals in eurem Irrgarten, was wäre dann passiert? Hast du damals nichts gespürt? Wir setzen nur fort, was wir dort begonnen haben …«
Er versuchte mit der einen Hand, ihren Kopf zu sich zu drehen, um sie erneut zu küssen. Die andere hatte er zwischen ihre Beine gelegt.
Friederike bekam es mit der Angst zu tun. Bisher hatte sie ihn einfach nur für zudringlich gehalten, aber keine Sekunde befürchtet, die Situation nicht mehr im Griff zu haben. Doch Caspar schien sich jetzt in einem Zustand jenseits aller Vernunft zu befinden. Und welche Möglichkeiten hatte sie? So gut wie gar keine, musste sie sich eingestehen. Weder konnte sie es sich erlauben, ihn zu verärgern, da ihre ganze Karriere von seinem Stillschweigen abhing. Noch nützte es ihr, wenn sie hier um Hilfe schrie. Niemand würde sie hören. Einmal ganz abgesehen davon, dass kaum jemand Verständnis für so viel Unvernunft aufbringen würde. »Du bist mit einem Mann, der dich vor ein paar Tagen noch zu küssen versucht hat, ganz allein auf sein Hausboot gegangen, um mit ihm, nur mit einem Hemd bekleidet, in der Nidda schwimmen zu gehen? Wie blöd bist du eigentlich, Friedrich?« Sie konnte förmlich Josefines entrüstete Stimme hören.
Ein Entenpärchen kam ihr zu Hilfe, das sich von dem aufgewirbelten Wasser in seiner Ruhe gestört fühlte. Mit lautem Quaken flog der Erpel flügelschlagend davon, während das Weibchen eilig Richtung Ufer strebte. Sie nutzte die Sekunde der Unaufmerksamkeit Caspars und tauchte unter den Weidenästen hindurch auf die andere Niddaseite bis zu seinem Hausboot. Gerade als sie die erste Sprosse der Leiter erklommen hatte, legte sich von hinten eine Hand um ihre Fessel.
»Lass uns reden, Friederike.«
»Das können wir gern tun, wenn wir oben sind, uns angezogen haben und du zur Besinnung gekommen bist.«
Sie hatte sich bemüht, ihre Stimme möglichst unbefangen, ja sogar ein wenig neckisch klingen zu lassen. Sie wusste nicht, wie sie mit Caspar umgehen sollte. Auf keinen Fall wollte sie Streit. Er sollte nicht vor lauter Wut zu Benckgraff laufen und sie verpetzen. Ob er dazu überhaupt in der Lage war? Auszuschließen war es nicht, überlegte sie.
Doch Caspar ließ ihren Knöchel nicht los, sondern verstärkte nur sein Ziehen, bis sie keinen Widerstand mehr leisten konnte, die Leiter freigeben musste und zurück ins Wasser glitt. Wieder versuchte er, ihren Kopf nach hinten zu biegen, um sie zu küssen. Sie hatte das Gefühl, als würde ihr der Kopf abgerissen. Panik stieg in ihr auf. Wie oft musste sie Nein sagen, bis Caspar sie endlich verstand?
Voller Wucht rammte sie ihm den Ellbogen in die Brust, sodass er einen Schmerzensschrei ausstieß und sie überrascht frei gab. Hastig kletterte sie die Leiter nach oben. An Deck angekommen drehte sie sich um. Er lag rücklings auf dem Wasser, spielte toter Mann und beobachtete sie schweigend. Rasch holte sie ihre Kleider vom Vorderdeck und lief in das kleine Schlafzimmer. Als sie den Riegel vorschieben wollte, stellte sie fest, dass es gar keinen Riegel gab. Wäre sie doch einfach nass, wie sie war, vom Schiff gelaufen, Hauptsache weg!
Da wurde auch schon von außen die Tür aufgestoßen. Vergeblich stemmte sie sich gegen das morsche Holz. Caspar sah verletzt und wütend aus, als er sie endlich zur Seite geschoben und die kleine Koje gestürmt hatte. Tropfend standen sie voreinander. Friederike kam es wie eine Ewigkeit vor. Ohne einen Ton zu sagen, riss er ihr schließlich das Hemd auf und stieß sie aufs Bett. Sein schwerer Körper hatte den ihren völlig unter sich begraben, ihre Hände hielt er rechts und links von
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