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Die Porzellanmalerin

Titel: Die Porzellanmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Marten
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wehte eine leichte Brise. Friederike hielt ihr Gesicht in den Wind.
    »Gute Idee!«, sagte Caspar und tat es ihr nach.

    Eine Herde Schafe kam ihnen blökend entgegengelaufen, nur von einem Hund geleitet, der sie bellend davon abzuhalten versuchte, die Uferbepflanzung anzuknabbern. Der Schäfer stand noch ins Gespräch mit dem Fährmann vertieft, der die Herde übergesetzt hatte. Kurz vor der Niddamündung saßen reglos ein paar Angler. Sie blickten stumm aufs Wasser und beachteten Caspar und Friederike nicht weiter.
    Die Nidda etwa zwanzig Schritt flussaufwärts lag ein Boot vor Anker, dessen oberer Aufbau an ein kleines Haus erinnerte. Es war mit zwei dicken Tauen an einer Pappel befestigt und schaukelte leicht vor sich hin. Auf der Reling saßen aufgereiht ein paar Möwen. Wie Wachhunde.
    »Das ist mein Haus!« Caspar klang stolz. »Hier kann ich ganz für mich sein. Ohne Nachbarn, die mich stören. Es ist fantastisch ruhig hier!«, schwärmte er.
    »Wie schön!« Friederike war ehrlich begeistert.
    Caspar streckte die Hand aus, um ihr zu helfen, die Böschung hinunterzuklettern. Mit einem eleganten Sprung landete er auf dem Deck und reichte ihr wiederum die Hand.
    »Achtung, du musst den Kopf einziehen!«, warnte er sie, als er durch die kleine Tür voranging. »Das ist meine Küche.«
    Die Kombüse war winzig. Es war so eng, dass sie einander fast berührten. Eine zweite Tür führte ins Schlafzimmer. Ein wenig betreten starrte Friederike auf Caspars Bett, das direkt unter einem Bullauge stand. Doch Caspar schien gar nicht mehr an solche Dinge zu denken.
    »Und das ist mein Wohnzimmer!« Er zeigte auf das von der Abendsonne beschienene Vorderdeck. »Hier habe ich Ausblick auf die Schiffe auf dem Fluss und auf die Stadt.« Er machte eine weit ausholende Armbewegung und schwieg einen Moment.
    »Ich hole uns etwas zu trinken, und wir setzen uns einen Moment, ja?«, fragte er dann.
    Wie angenehm es war, sich den frischen Wind um die Nase wehen zu lassen! Hier unten am Fluss ließ es sich gut aushalten.
Mit dem Rücken gegen die Kajütenwand gelehnt, hatte Friederike auf den Planken Platz genommen, als Caspar wiederkam. Er drückte ihr ein Glas Apfelwein in die Hand.
    »Mir wurde gesagt, das sei das Nationalgetränk hier, zumindest für uns kleine Leute, das müsste ich als Neu-Höchster jetzt immer trinken. Wie schmeckt es dir - mal ganz ehrlich unter uns Meißenern gesagt?«
    Er hatte einen kleinen Schluck von seinem Glas genommen. »Am Anfang fand ich’s zu sauer. Inzwischen trinke ich ganz gern mal einen Äppelwoi.«
    Friederike entspannte sich. Was für eine friedliche Abendstimmung! Die Fischer ruderten auf den Fluss hinaus. Die Angler holten einer nach dem anderen ihre Ruten ein, warfen die letzten Fische in die bereitstehenden Eimer und machten sich auf den Weg nach Hause.
    »Du hast mir noch gar nicht erzählt, warum du eigentlich weggelaufen bist«, fing Caspar nun an. Ohne ihre Antwort abzuwarten, fügte er hinzu: »Weißt du eigentlich, dass Meißen ohne dich total langweilig ist?«
    Als sie erstaunt hochfuhr, lachte er nur. Wie schön das war, den heimatlichen Tonfall wieder einmal zu hören!
    »Wie dir Charlotte ja schon erzählt hat - ich wundere mich übrigens noch immer, dass sie dir das anvertraut hat, wo sie mir doch Stein und Bein geschworen hat, den Mund zu halten -, habe ich jahrelang fast alles für Georg gemalt.« Sie lehnte sich bequem gegen die Holzwand. »Dann hat’s mir irgendwann gereicht, immer nur im Hintergrund und heimlich zu malen. Ich wollte eigene Sachen machen und das offiziell und nicht immer nur im stillen Kämmerlein. Ich wollte auch dazugehören, jeden Morgen in die Albrechtsburg gehen, mit den Kollegen reden, Teil haben an dem großen Ganzen. Also bin ich zu Helbig gegangen, um ihn zu fragen, ob er mich einstellt. Natürlich hat er abgelehnt. An dem Tag habe ich dich oben auf der Burg getroffen.«

    »Daran erinnere ich mich. Du sahst ganz wütend aus. Ich war mir allerdings nicht sicher, auf wen du wütend warst.«
    Caspar schenkte ihnen beiden aus dem graublauen Krug nach.
    »Außerdem wollten meine Eltern, dass ich diesen Per Hansen heirate.«
    Was für ein absurder Gedanke, dachte sie, ich die Ehefrau dieses langweiligen, übergewichtigen Hamburgers! Jetzt einmal mehr. Geradezu lachhaft, fast schon komisch! Sie schmunzelte.
    »Wer ist das denn eigentlich? Kenne ich den?«
    »Natürlich kennst du ihn! Er war bei einer dieser Soireen im Salon meiner Mutter. Weißt du

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