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Die Porzellanmalerin

Titel: Die Porzellanmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Marten
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Farben. Tous ce que vous voulez «, sagte die Lyoneserin, die Friederike nun für eine Seidenhändlerin oder Stofffabrikantin hielt, zu der Dame mit der Perlenkette. Sie nutzte anscheinend die Pause, um ihre Waren zu verkaufen. Die Seiten des Buches waren mit lauter fröhlich gemusterten kleinen Proben bedeckt. Blütenzweige, Früchte, Stoffe, mit Gold- und Silberfäden durchwirkt, Chinoiserien.
    Von draußen rief das Horn des Postillions zur Weiterfahrt. Als Friederike und ihre Reisegefährten zur Kutsche kamen, saßen darin schon Carl Bogenhausen auf seinem Fensterplatz und ein junger Mann in Uniform mit einer Flasche Wein in der Hand, der sich richtig ins Zeug legte, um sein Gegenüber in ein Gespräch zu verwickeln, aber nur auf einsilbige, zwar tadellos höfliche, gleichwohl abweisende Reaktionen stieß. Grobschlächtig, wie er war, dauerte es eine Weile, bis der Soldat verstand, dass Bogenhausens Höflichkeit keineswegs einladend gemeint war.

    »Was hat der Kerl nur gegen mich?«, schienen seine Augen zu fragen, als sein Blick zufällig Friederike streifte, die die Szene verstohlen beobachtet hatte. Sie blinzelte dem Mann verschwörerisch zu, der sich daraufhin wie besänftigt nur noch seiner Weinflasche widmete.
    Ihre Erleichterung, dass Carl Bogenhausen seine Fahrt weiter fortsetzte, war grenzenlos. Auf keinen Fall durfte sie die Möglichkeit verpassen, mit ihm zu reden. Es fragte sich nur, wann und wie. Er gab sich so verschlossen, dass sie nicht die geringste Ahnung hatte, wie sie es am besten anstellen sollte. Sie konnte ihn doch unmöglich in Anwesenheit ihrer Mitreisenden ansprechen. Nicht auszudenken, wie peinlich das Ganze würde, wenn sie sich vor aller Augen eine Abfuhr einhandelte! Nein, sie musste warten, bis sich eine günstige Gelegenheit bot, bis sie endlich einen Moment allein mit ihm war.
    Die korpulente Dame mit der Perlenkette hatte schon wieder das große Musterbuch auf dem Schoß. Die Seidenfabrikantin hielt ein kleines schwarzes Notizheft und einen Stift in der Hand und schrieb eifrig ihre Bestellungen mit. Ihre Hände waren vor Kälte blau angelaufen, ihre Zähne klapperten laut und vernehmlich. Sie trug einen Manteau aus einem cremefarbenen zarten Stoff mit Ranken in Apricot und dazu einen Rock im gleichen Muster. Zwar hatte sie sich in einen Wollumhang gewickelt, aber für die Witterung war sie eindeutig zu dünn angezogen. Ihre leichten Stoffschuhe mit den abgelaufenen Absätzen weckten in Friederike den Verdacht, dass sie zu geizig war, ihre guten Schuhe der Reise zu opfern. Um den Bauch hatte sie eine Geldkatze geschnallt.
    »Nehmen Sie ruhig einen ganzen Ballen hiervon! Zarte Streifen mit Blümchen. Das ist sehr en vogue . Alle reißen sich um diesen Stoff. Wir wissen noch gar nicht, wie wir sämtliche Kunden beliefern sollen. Aber für Sie würde ich natürlich etwas zurücklegen, Madame!« Ihre Stimme klang schmeichlerisch. Und gleichzeitig so, als duldete sie keinen Widerspruch.

    Die Frankfurterin schien zu zögern.
    »Mach nur, Karoline!«, mischte sich ihr Mann ins Gespräch. »Wir sind doch immer schon mit der Mode gegangen. Wir machen ja selbst in Mode, müssen Sie wissen«, wandte er sich in breitem Hessisch an die Französin. »Ich bin Peruquier.«
    Seine Aussage stand in einem so grotesken Widerspruch zu seiner altmodischen Perücke, dass sogar Carl Bogenhausen für einen kurzen Moment den Kopf drehte, um sich zu vergewissern, dass sein erster Eindruck richtig gewesen war. Der Soldat brach in schallendes Gelächter aus, was ihm einen strafenden Blick der Seidenfabrikantin eintrug. Der Perückenmacher und seine Frau schenkten einander ein verliebtes Lächeln. Nur Friederike war so erschöpft, dass sie kaum mehr ein Schmunzeln zustande brachte, sondern sich sogleich wieder in ihre Ecke schräg gegenüber von Carl Bogenhausen kuschelte und die Augen schloss.
     
    S ie hatte keine Ahnung, wie lange sie geschlafen hatte, als das Posthorn mit seinem dunkel-metallischen Tröten der nächsten Relaisstation ihre Ankunft meldete.
    »Was für eine Unverschämtheit, uns hier im Dunkeln sitzen zu lassen!«, hörte sie eine Stimme neben sich, die wohl dem Soldaten gehörte. Irgendjemand auf der gegenüberliegenden Bank schnarchte grunzend.
    »Wir sind bestimmt gleich da, und dann bringt uns jemand Licht«, mutmaßte sie schwach und versuchte, noch ein wenig weiter zu dösen.
    Tatsächlich brachte der Postillion das armselige Gespann nach wenigen Schritten zum Stehen. Draußen

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