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Die Porzellanmalerin

Titel: Die Porzellanmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Marten
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kläfften aufgeregt ein paar Hunde. Der tanzende Lichtschein einer Laterne wies darauf hin, dass sich jemand ihrer Kutsche nähern musste.
    »So was, da sitzen die Herrschaften hier im Stockdunkeln!«, rief der Posthalter verwundert und half den Damen beim Aussteigen. »Gehen Sie nur schon rein in die gute Stube, und wärmen Sie sich auf!«

    Er schwenkte die Laterne kurz in die Richtung, aus der er gekommen war, sodass Friederike einen Blick auf die Poststation erhaschte. Sie hatte nicht viel von dem Gebäude erkennen können, doch das Wenige, was sie gesehen hatte, erinnerte sie stark an eine Burgruine. Je mehr sie sich dem Haus näherten, umso mehr verfestigte sich ihr Eindruck. Eine schwache Funzel beleuchtete die Eingangstür, die nur noch halb in den Angeln hing. Rohe Holzbalken stützten die Außenmauern des Hauses, aus denen hier und dort Ziegel herausgebrochen waren. Die meisten Fenster waren ohne Glas und nur notdürftig mit ein paar Latten zugenagelt. Von einem hohen Turm auf der anderen Seite des Hofes flatterte aufgeschreckt ein großer Vogel in die Nacht davon.
    »Eine Eule«, sagte der Perückenmacher neben ihr heiter. »Das bringt Glück.«
    Die Gaststube war eiskalt, schlecht belüftet und nur von einer einzigen dicken Kerze in einem Wandleuchter erhellt. Tief dräute die Kassettendecke über dem Raum. An den holzverkleideten Wänden reihten sich Geweihe und Wildschweinköpfe aneinander. Friederike nahm direkt unter der tropfenden Kerze Platz. Vorsichtig rückte sie zur Seite, um nichts von dem flüssigen Wachs abzubekommen. Neben der Kerze hing eine alte Armbrust. Auf dem Sims über dem leeren Kamin schräg gegenüber standen mehrere ausgestopfte Vögel. Bis auf Carl Bogenhausen versammelte sich die ganze Runde an der langen Tafel. Andere Gäste waren nicht zu sehen, und es tauchte auch niemand auf, um sie zu bedienen.
    »Unheimlich ist das hier«, grummelte der Soldat.
    »Was für ein Service! C’est incroyable! « Die Seidenfabrikantin versuchte, sich ihr Tuch noch enger um den Körper zu wickeln.
    Von draußen drang lautes Stimmengewirr in den Schankraum. Friederike meinte die Stimme des Postillions herauszuhören, als eine wütende Beschimpfung zu vernehmen war. Plötzlich kam Carl Bogenhausen mit düsterer Miene in den
Raum. Er hatte seine Zurückhaltung aufgegeben, als er an ihren Tisch trat.
    »Es sind keine Ersatzpferde mehr da, und unsere Klepper müssen sich dringend ausruhen, sonst brechen sie zusammen. War ja klar, so mitgenommen, wie die heute Mittag schon aussahen!« Er schnaubte wütend. »Wahrscheinlich haben sie die ganzen letzten Tage nur malocht. Die spannen die Viecher aus der einen Kutsche aus und hängen sie direkt vor die nächste, tun aber so, als hätten sich die Tiere zwischendurch stundenlang ausgeruht.«
    »Was soll das heißen?«, entfuhr es dem Soldaten. Seine aufgestaute Wut schien sich nun gegen den Überbringer der schlechten Nachricht zu richten.
    Doch dieser zuckte nur mit den Achseln.
    »Fragen Sie den Conducteur, wenn Sie Genaueres wissen wollen. Aber ich vermute stark, dass wir heute keinen Schritt weiterkommen werden.«
    Der Soldat sah aus, als wollte er jeden Moment aufspringen und ihm an die Gurgel gehen. Doch Carl Bogenhausen lächelte nur spöttisch und wandte sich ab. Der Peruquier legte beruhigend die Hand auf den Arm des Militärs.
    »Mais c’est impossible!« , rief nun auch die Seidenhändlerin entrüstet.
    Mit erhitzten Gesichtern kamen die drei Streithähne von draußen herein. Der Postillion hatte eine aufgeplatzte Lippe.
    »Wir übernachten hier. Es gibt ein Problem mit den Pferden«, teilte der Conducteur ohne ein weiteres Wort der Erklärung oder gar Entschuldigung seinen Fahrgästen mit.
    »Ich lasse Ihnen etwas zu essen bringen.«
    Bevor sich irgendjemand bei ihm beschweren konnte, hatte sich der Posthalter schon in Richtung Küche bewegt.
    »Und lassen Sie Feuer machen!«, rief der Perückenmacher ihm hinterher.
    »Das geht leider nicht.« Der Mann drehte sich auf der Türschwelle um. »Der Schornstein zieht nicht richtig ab. Irgend
so ein Mistvieh hat sein Nest darauf gebaut und ist anschließend abgestürzt. Einen ganzen Tag lang ist der Vogel im Kamin rumgeflattert, hat versucht, wieder rauszukommen, geschrien, gezetert, geschissen natürlich auch« - der Mann zeigte angewidert auf die zahlreichen weiß-schwarzen Kotspuren auf den Ziegeln im Kamin, die Friederike zuvor gar nicht gesehen hatte -, »aber er war wohl zu dumm, sich zu

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