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Die Porzellanmalerin

Titel: Die Porzellanmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Marten
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sicher sehr bedauerlich für Meißen … Aber wo liegt dieses Höchst eigentlich?«
    »Im Kurfürstentum Mainz. Eine Stunde hinter Frankfurt am Main. Joseph Jakob Ringler, auch ›der wandernde Arkanist‹ genannt, hat den Höchstern gezeigt, wie man Porzellan herstellt. Er kennt nicht nur das Porzellangeheimnis, er weiß auch, wie die Brennöfen beschaffen sein müssen. Jetzt zieht er von einer Manufaktur zur nächsten und bietet überall sein Wissen an. Ich wette, wir werden in Zukunft noch öfter von ihm hören.«
    Caspar schob sich die gelöste Haarsträhne hinters Ohr. So etwas wie Bewunderung oder Neid hatte in seiner Stimme mitgeschwungen.
    »Ringler?« Friederike hatte den Namen schon öfter gehört, aber Genaueres wusste sie nicht über den Mann. »Was ist mit diesem Ringler?«
    Doch Caspar ging nicht weiter auf ihre Frage ein. »Sie müssen mich jetzt bitte entschuldigen, Friederike. Ich muss zurück
an meinen Arbeitsplatz. Wir unterhalten uns ein anderes Mal weiter. Ach, um wie viel lieber würde ich diesen schönen Tag jetzt mit Ihnen verbringen!«, ergänzte er mit bedeutungsvollem Blick und drückte ihr einen innigen Kuss auf die Hand. Dann eilte er davon, ohne sich noch einmal umzusehen.
     
    Z u Hause angelangt, legte Friederike Cape und Straßenschuhe ab und ging in die Bibliothek, die in einem der hinteren Räume des ersten Stockwerks untergebracht war. Manchmal bedurfte es mehrerer Hinweise, bis man auf eine Idee kam, dachte sie. Wenn man zum ersten Mal von einer Sache hörte, nahm man sie zwar auf, maß ihr aber noch nicht unbedingt größere Bedeutung bei. So wie sie, die sie Herrn Helbig bereits vor zwei Tagen von den Höchster Erfolgen hatte reden hören. Sie hatte einfach seinen Worten gelauscht, aber die Nachricht hatte nichts in ihr ausgelöst. Nun war es ganz anders, nun hatte sie die Dimension dieser Neuigkeit begriffen: In Höchst machten sie Porzellan! Und wo würden die Höchster so schnell all die ausgebildeten Porzellanmaler herbekommen, die sie jetzt dringend brauchten? Gewiss benötigten sie dort noch gute Leute. Ja, Höchst - das war ihre Chance! Niemand kannte sie dort. Sie würde keine Rücksicht auf irgendwelche gesellschaftlichen Konventionen nehmen müssen; in Höchst würde es vollkommen egal sein, dass sie das Fräulein Simons war. Ihre Eltern wiederum konnten nicht empört sein, weil sie von alldem nichts mitbekommen würden. Und das leidige Heiratsproblem, und damit der Fall Per Hansen, wäre auf einen Schlag gleich miterledigt. Zwei Fliegen mit einer Klappe, dachte sie. Es kam ihr plötzlich so vor, als hätte der Gedanke, nach Höchst zu gehen, schon lange in ihr geschlummert. Das Gespräch mit Helbig, so unerfreulich es auch verlaufen war, hatte diesen Gedanken in ihr endlich geweckt.
    Die Bibliothek bestand aus einem düsteren, lang gestreckten Raum, der betont schlicht eingerichtet war. Alle Wände waren mit hohen Regalen voller Bücher zugebaut, die nach Größen,
nach Fachgebieten und alphabetisch sortiert waren. Selbst zwischen den schmalen Fenstern standen Regale. Die Tapete war fast nirgendwo zu sehen. Auf dem Schreibpult lagen mehrere Briefe, die ihr Vater wohl gestern Abend geschrieben und noch nicht aufgegeben hatte. Er korrespondierte mit Gott und der Welt. Mit Wissenschaftlern und Gelehrten aus ganz Europa, sogar nach Amerika und Alexandria schrieb er Briefe. Auch mit seinen Verlagsbuchhändlerkollegen hatte er sich viel zu sagen. Dazu kam die Korrespondenz mit den zahlreichen Autoren. Jeden Tag verbrachte er mehrere Stunden damit, Briefe zu schreiben.
    Zuoberst auf dem kleinen Stapel Umschläge lag ein an Herrn Kaufmann Per Hansen in Dresden adressierter Brief. Friederike stutzte. Was der Vater ihm wohl mitzuteilen hatte? Garantiert nichts Gutes, so viel war sicher. Ob er ihm schon ihren »Kaufpreis« genannt hatte? Wie hoch die Schulden des Vaters wohl sein mochten? Würde sie Hansen so viel wert sein, dass er ein kleines Vermögen für ihre Hand ausgab? Egal, es spielte alles keine Rolle mehr. Ihr Plan stand fest: Sie würde nach Höchst gehen, koste es, was es wolle.
    Die Bibliothek von Konrad Simons enthielt Werke zu den klassischen Gebieten Medizin, Theologie und Jurisprudenz. Es waren mächtige, in braunes Kalbsleder gebundene Bände, in die fast nie jemand hineinsah. Die Naturwissenschaften und die Naturphilosophie, allen voran Carl von Linnés »Einteilung der Pflanzen«, stellten die Lieblingsabteilung des Vaters dar. Hier gab es auch die neuesten

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