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Die Porzellanmalerin

Titel: Die Porzellanmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Marten
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Emilias Vater vorausgegangen, die jedoch an Giovannis Verhältnis zu ihrer Mutter zerbrochen war. Der junge Medizinstudent war bei dem Duell mit dem viel älteren Conte schwer verwundet worden, aber dies schien nichts im Vergleich zu dem Schaden gewesen zu sein, den Emilias Mutter davongetragen hatte. Sie war kurz nach dem Vorfall
nach Wien zu ihrer Familie zurückgekehrt und hatte das kleine Mädchen allein in der Obhut des Vaters zurückgelassen. Wenig später war sie, noch keine dreißig Jahre alt, einem Herzleiden erlegen. Als der Conte vor nunmehr sechs Monaten sein Ende herannahen fühlte, hatte er sich an seinen alten Widersacher erinnert, der ihm zugleich der treueste Freund gewesen war. Mithilfe eines Geheimagenten hatte er seinen Verbleib ausgemacht und ihn an sein Sterbebett bestellt, um ihm seine unverheiratete Tochter anzuvertrauen. So war Giovanni Ludovico Bianconi, der von einem Tag auf den nächsten alles hatte stehen und liegen lassen, Emilias Sekretär geworden, um seine alte Schuld an ihren Eltern zu begleichen.
    »Und seit diesem Tag hat er keine Zeile mehr geschrieben, neanche una parola «, kicherte die Contessa. »Nur noch für mich.«
    »Was hat er denn vorher so getrieben?«, fragte Friederike neugierig.
    » Che ne so io , wahrscheinlich hat er den ganzen Tag lang kluge Dinge von sich gegeben, ach ja, und ein Journal über Wissenschaftler ediert … Ich kenne mich mit solchen Sachen nicht so gut aus. Auf jeden Fall hatte er berühmte Freunde im Theater und in der Kirche. Sogar Benedetto XIV, unser papa , schätzt ihn sehr. Ich glaube, bevor mein Vater ihn auftrieb, war er auch schon irgendwo hier in der Gegend, in Baviera, se non mi sbaglio , wo er eine unglückliche Liebe zu einem jungen Mädchen hatte. Er war ihr Hauslehrer. Aber der Vater wollte keinen genero cattolico …«
    Die Contessa setzte eine bekümmerte Miene auf, um Friederike gleich darauf beherzt die Hand aufs Knie zu legen und ihr mit rauchiger Stimme ins Ohr zu flüstern:
    »Aber jetzt erzählen Sie von sich, Federico! Ich will alles von Ihnen wissen - tutto !«
    Friederike wagte es nicht, ihre Hand abzuschütteln, weil sie nicht schon wieder unhöflich erscheinen wollte. Als wäre eine solch vertrauliche Geste unter Fremden völlig normal, begann
sie von Meißen zu erzählen. Insbesondere ihre Schilderungen von Georg, die sie so neutral wie möglich zu formulieren trachtete, schienen die Contessa zu interessieren.
    » E così bello come Lei , Federico? Nein, bestimmt kann Ihr Bruder Ihnen nicht … wie sagt man? … das Wasser reichen.«
    Sie war ein Stück näher an Friederike herangerutscht und hatte die Hand auf ihrem Bein ein wenig höher wandern lassen. Schließlich legte sie den Kopf auf ihre Schulter und hob erwartungsvoll das Gesicht. Friederike schaute tapfer geradeaus.
    »Ach, was für wunderschöne Ohrläppchen Sie haben, Federico!«, schnurrte die Contessa nach einer Weile und begann, erst sanft und dann immer fester an Friederikes linkem Ohr zu knabbern, während sie mit den Fingern ihren Oberschenkel knetete.
    »Au! Sie tun mir weh!«, entfuhr es Friederike, nachdem sie sich einen kurzen Moment bemüht hatte, gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Sie versuchte sich aus dem Zangengriff der Contessa zu befreien, was aber gar nicht so einfach war, da diese nunmehr ihre halbe Ohrmuschel im Mund hatte und vor lauter Eifer ihren Aufschrei überhört hatte.
    »Lassen Sie mich los, Emilia!«, brüllte Friederike nun.
    Mit der linken Hand versuchte sie ihre Angreiferin von sich zu schubsen, landete jedoch mitten in deren Dekolleté, was wiederum als zärtlicher Vorstoß aufgefasst wurde. Mit der freien Hand riss die Contessa die Schnürung ihres Korsetts auf. Die andere näherte sich bedrohlich Friederikes Schritt.
    In diesem Moment war von draußen ein gewaltiges Rumpeln zu vernehmen, dann ein Knirschen und schließlich ein lautes Krachen. Abrupt kam die Kutsche zum Stehen, sodass die beiden Insassen nach vorn gegen die holzvergitterte Scheibe geschleudert wurden. Pferdegewieher ertönte, dann Giovannis Stimme:
    »Contessa, Federico, sind Sie verletzt?«
    Er riss die Kutschentür auf. Sein Gesicht hatte einen Ausdruck ernster Besorgnis getragen, doch als er jetzt die halbnackte
Contessa gewahrte, pressten sich seine Lippen zu einem schmalen Strich zusammen.
    »Na, so schlecht scheint es Ihnen ja nicht zu gehen, meine Herrschaften!«, fauchte er und knallte die Tür wieder zu.
    Friederike rappelte sich hoch, um durch

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