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Die Priesterin von Avalon

Die Priesterin von Avalon

Titel: Die Priesterin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley , Diana L. Paxson
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war Konstantius so unglücklich darüber? Ich schaute in sein liebes Gesicht, das ständig gerötet war, weil es Wind und Wetter trotzen musste. Das flachsblonde Haar wurde damals silbergrau und lichtete sich über der breiten Stirn. Aber für mich war er noch immer der schöne Mann, den ich in Britannien kennen gelernt hatte.
    »Aber das hat seinen Preis«, beantwortete er die Frage, die ich nicht stellen konnte. »Er will, dass Gaius und ich in die kaiserliche Familie einheiraten.«
    Ich spürte, wie ich blass wurde, und stützte mich an der Mauer ab, um nicht zu stürzen. Konstantius' Blick war starr auf den Horizont gerichtet, als hätte er Angst, mich anzusehen. Ich hatte gehört, dass ein ernsthaft verwundeter Mann zunächst den Schreck spürt, dann erst den Schmerz. In dieser Zeitspanne zwischen dem Schlag und meiner einsetzenden Qual fand ich einen Moment, in dem ich Mitleid mit Konstantius empfand, der dieses Wissen den ganzen Weg von Mediolanum hierher getragen hatte. Jetzt wurde mir auch klar, warum Crocus nicht zu mir gekommen war. Er war ein Mann, dessen Gedanken deutlich im Gesicht geschrieben standen, und ich hätte die Wahrheit dieser Katastrophe in seinen Augen gelesen.
    »Galerius wird Diokletians Tochter Valeria heiraten«, sagte er tonlos. »Ich soll Maximians Stieftochter Theodora nehmen.«
    »Ich wusste nicht einmal, dass er eine Stieftochter besitzt«, flüsterte ich. »Du sollst sie nehmen? Soll das heißen, du hast noch nicht zugestimmt?«
    Er schüttelte heftig den Kopf. »Nicht, ohne vorher mit dir zu sprechen! Selbst der Kaiser konnte das nicht von mir verlangen. Und Maximian erinnert sich gern an dich - er hat mir so viel Aufschub gegeben, dass ich es dir persönlich mitteilen kann, ehe alles in die Wege geleitet wird…« Er schluchzte. »Ich habe mich mit meinem Herzblut der Sache Roms verschrieben, aber nicht mit dem Herzen selbst! Dich wollte ich nicht opfern!« Endlich wandte er sich mir zu und packte mich so fest an den Schultern, dass ich am nächsten Tag blaue Flecken haben sollte.
    Ich lehnte den Kopf an seine Brust, und lange standen wir still beieinander. Mehr als zwanzig Jahre hatte sich mein Leben um diesen Mann gedreht; manchmal hatte ich mich gefragt, ob ich keine anderen Gefühle zuließ, weil ich so viel für ihn aufgegeben hatte. Und er, der so viel anderes im Kopf hatte, wäre gewiss weniger abhängig von mir. Doch jetzt merkte ich, dass dem nicht so war. Vielleicht hatte er mir sein ganzes Herz geschenkt, weil seine Laufbahn ihm abverlangte, ein Geschöpf des Verstandes und des Willens zu sein.
    »Am Ende dieses Flusses liegt das Meer«, murmelte er in meine Haare, »und jenseits des Meeres liegt Britannien. Ich könnte dich dorthin mitnehmen, meine Dienste Karausius anbieten - und zum Hades mit dem restlichen Imperium! Ich habe daran gedacht, als ich versuchte, auf dem Weg nach Hause in den Poststationen zu schlafen…«
    »Konstantius«, flüsterte ich. »Dies ist die Gelegenheit, von der du geträumt hast. Dein ganzes Leben hast du dich darauf vorbereitet, Kaiser zu werden…«
    »Mit dir an meiner Seite, Helena, aber nicht allein!«
    Ich schloss die Arme noch fester um ihn, und dann traf mich die Erkenntnis wie ein Speer mitten ins Herz.
    »Du wirst es tun müssen, mein Geliebter. Du kannst dich Diokletian nicht widersetzen…« Mir versagte die Stimme. »Er hat Konstantin.« Mit diesen Worten brach mein Eispanzer, und ich weinte in seinen Armen.
    Es wurde schon dunkel, als wir wieder nach Hause gingen, die Augen vom Weinen geschwollen, doch vorläufig tränenleer. Ich wandte das Gesicht ab, als ich meiner Dienerin auftrug, uns etwas zu essen ins Schlafgemach zu bringen. Drusilla hätte sofort gewusst, dass etwas nicht stimmte, aber Hrondlind war neu, ein germanisches Mädchen, das noch Latein lernte.
    Konstantius und ich legten uns auf unser Bett. Das Essen rührten wir nicht an. Ich hatte nicht einmal meine Palla ausgezogen, denn mir war kalt bis in die Seele. Wenn ich mich selbst umbrächte, dachte ich wie betäubt, wäre es für Konstantius auch nicht besser, aber wenigstens würde ich mir den Schmerz ersparen. Ich sagte nichts, doch Konstantius war zu lange die andere Hälfte meiner Seele gewesen, um nicht zu spüren, was ich fühlte; vielleicht sagte es ihm aber auch seine eigene Erfahrung.
    »Helena, du musst weiterleben«, sagte er mit leiser Stimme. »Bei jedem Feldzug, wenn Gefahr drohte, war es das Wissen, dass du sicher zu Hause warst, das mir den Mut

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