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Die Priesterin von Avalon

Die Priesterin von Avalon

Titel: Die Priesterin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley , Diana L. Paxson
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bringen, der Kaiser könnte Konstantius mitnehmen, doch die Göttin muss meine Gebete erhört haben, denn kurz bevor das Heer aufbrechen sollte, kehrte mein Mann mit der Nachricht nach Sirmium zurück, Carus habe ihn zum Statthalter von Dalmatien ernannt.

    Im Traum wandelte ich auf dem Prozessionsweg von Avalon. Ich wusste, es war ein Traum, denn ich sah alles von einer höheren Warte aus, mehrere Fuß über dem Boden, und wenn ich redete, bemerkte mich niemand. Doch in jeder anderen Hinsicht war ich dabei. Ich spürte die feuchte, kalte Nachtluft und roch das Harz der Fackeln. Ich bebte unter dem Nachhall des großen Gongs, der benutzt wurde, um die Eingeweihten zu größeren Ritualen zu rufen.
    Ich merkte, dass er mich den langen Weg von Sirmium hierher gerufen hatte. Es handelte sich nicht um einen Traum, sondern um eine Geistreise. Aber um welche Feier ging es?
    In Mantel und Kapuze, die Priesterinnen in Schwarz und die Priester in Weiß, gingen sie zwischen den letzten Säulen hindurch und begannen, den gewundenen Weg zum Tor hinaufzusteigen. Ich wurde mitgezogen und konnte weder zurückbleiben noch sie überholen. Alsbald erkannte ich Cigfolla und ein paar andere und merkte, dass ich den Platz in der Reihe innehatte, den ich auch eingenommen hätte, wenn ich körperlich dort gewesen wäre. Da wusste ich tief im Innern meines Bewusstseins, dass ich nie aufgehört hatte, Priesterin von Avalon zu sein, und deshalb diesem Ruf gefolgt war.
    Endlich erreichten wir den Gipfel, und mitten im Kreis der Steine sah ich die kreuz und quer aufgeschichteten Holzscheite eines Scheiterhaufens. Die Leiche war verhüllt, doch schien sie klein für eine so große Zeremonie. Andererseits stand nur einer Hohepriesterin oder dem Höchsten Druiden ein solches Begräbnis zu.
    Neben dem Scheiterhaufen erblickte ich Ceridachos mit einer Fackel. Er trug die Torques des Höchsten Druiden. Er hatte die Knaben in Musik unterrichtet, als ich auf Avalon war. Folglich lag nicht der Höchste Druide auf dem Scheiterhaufen, sondern die Herrin von Avalon.
    Einen Moment lang gab ich mich meiner Verwunderung hin, dass Ganeda am Ende so klein sein sollte, obwohl ihr Geist stets in so überragender Form gegenwärtig gewesen war und uns alle beherrscht hatte. Jetzt war sie tot. Ich fragte mich, wer als ihre Nachfolgerin gewählt worden war.
    Ich habe Recht behalten! Sieh nur, ich habe meinen Sohn ausgetragen, und mein Mann liebt mich noch immer! , wollte ich schreien, als lägen wir noch im Streit, doch ich würde nie mehr die Möglichkeit haben, es ihr zu sagen, es sei denn, ihre Seele könnte es hören.
    Der Gong war verklungen. Ceridachos entfernte sich vom Scheiterhaufen und drehte sich dann um, damit er mit dem Gesicht zu ihm stand. Auf der gegenüberliegenden Seite erblickte ich eine weitere Fackel. Eine Priesterin hielt sie in der Hand - nein, es war die neue Herrin von Avalon, denn unter dem offenen Mantel schimmerte der Schmuck aus Mondstein und Flussperlen. Dann fiel die Kapuze nach hinten, und ich erkannte Diernas leuchtend rotes Haar.
    Aber sie war doch noch ein Kind! Dann schaute ich noch einmal hin und überlegte, dass Dierna fünfundzwanzig Jahre alt sein musste. Als ich sie zuletzt gesehen hatte, war sie noch ein Kind gewesen, aber wenn wir uns jetzt begegneten, wären wir beide erwachsene Frauen. Sie hob anbetend die Arme.
    »Heil dir, Dunkle Mutter, die du die Herrin der Seelen bist! Heute Abend erinnern wir uns vor DIR an Ganeda, die in DEIN Königreich eingeht. Ihr Blut fließt in den Wassern, ihr Atem ist eins mit dem Wind. Der heilige Tor wird ihre Asche in Empfang nehmen, und ihr Lebensfunke wird in das Feuer zurückkehren, welches alles belebt.«
    Die Krieger und Könige, die Avalons Hüter waren, wurden auf dem Wachhügel begraben, die Hohepriesterinnen und die großen Priester aber, deren aufsteigende Seelen womöglich durch zu große Verehrung beengt wären, sandte man den Göttern durch das Feuer.
    Ceridachos hob die Fackel. »Möge das heilige Feuer verwandeln, was sterblich war, möge die Seele frei fliegen!« Ein glitzerndes Funkenband zog hinter ihm her, während er den Scheiterhaufen umkreiste und in Abständen die ölgetränkten Holzscheite mit der Fackel berührte. Das Holz fing rasch Feuer, und in wenigen Augenblicken war die verhüllte Gestalt hinter Flammen verborgen.
    »Nichts wird vergeudet, nichts geht verloren von ihr«, sagte Dierna, während sie ihm um den Scheiterhaufen herum folgte. Ihre Stimme war ruhig,

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