Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Priestertochter: Historischer Roman (German Edition)

Die Priestertochter: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Priestertochter: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Müller
Vom Netzwerk:
Nacht und sich am Morgen klagend den Rücken gerieben? Gibt es jemanden, der das kalte, beißende Wasser fürchtet?«
    »Warum fragst du das?«
    »Ich muß sie zum Sprechen bringen, muß herausfinden, was sie über Liutbert wissen. Unser Volk ist in Gefahr. Du hast gesehen, wie überlegen die Franken gerüstet sind.« Eine eckige Bewegung mit dem Kinn, ein leichtes Zittern des Bartes. »Es macht dir doch nichts aus, wenn sie Schmerzen erleiden?«
    Alena ging in die Hocke und strich mit dem Handteller über die Halmspitzen am Fuß des Grabhügels, als würde sie die Tote streicheln. »Und was, wenn es mir etwas ausmachen würde?«
    Er sah zum Himmel hinauf, atmete tief ein. »Hör zu, Tochter. Barchan hat von deinem Streit mit dem Hünen erzählt. Aber ich will dir vertrauen, verstehst du? Ich will mich nicht vergiften lassen von solchen Gedanken. Ich baue auf dich.«
    »Du baust deine Zukunft auf mich, richtig?«
    »Wie meinst du das?«
    Kein Wort brachte sie heraus, obwohl Tausende durch ihren Kopf brausten. Sie biß sich die Lippe wund.
    »Ich frage dich noch einmal: Es macht dir nichts aus, wenn sie Schmerzen erleiden, richtig? Alena?« Dann, Eisschollen, die aus seinem Mund brachen: »Du würdest mich nicht hintergehen, oder?«
    Sie zitterte, mußte eine Entscheidung fällen. »Hintergehen!« spuckte sie aus. »Hintergehe ich dich, wenn ich einen anderen Gedanken fasse als du, wenn ich eine Entscheidung selbst fälle und nicht in der Art, wie du sie dir wünschst?«
    Nevopor krampfte die Hände zu Fäusten. Wie Speichel tropften die Worte von seinen Lippen. »Du bist wie deine Mutter! Sturköpfig, rechthaberisch!«
    »So? Ich denke, sie war immer hilfsbereit, hat dich unterstützt? Du hast gelogen. Was ist die Wahrheit?«
    Er keuchte. Ging einige Schritte fort, kehrte zurück. Brüllte: »Immer habe ich befürchtet, daß das Raubtier, das in deiner Mutter wohnte, auch aus dir herausbrechen könnte. Befürchtet. Befürchtet!« Er fiel neben ihr auf alle viere, krallte die Hände in den Grabhügel. »Gib sie mir wieder, Kara! Gib mir meine Tochter wieder!« Er begann zu graben. Dann faßte er sich, wischte sich über die Lippen, stand schwerfällig auf, ergriff mit den erdschwarzen Fingern Alenas Kinn und zwang sie, ihn anzusehen. »Bist du nicht bestmöglich erzogen worden? Du hast kein Wort mit ihr gewechselt, ich habe dich geliebt und gefördert. Ist es nicht so? Aber es muß im Körper drinnen sein, irgendwo dort, hinter deiner Brust, im Kopf, in den Händen vielleicht. Im Blut, ja, im Blut ist es. Das Zerstörerische, das Böse. Du willst vernichten! Sag es mir, gib es zu, Alena, du willst das doch, du willst alles zermalmen, was ich aufgebaut habe. Ist es nicht so?«
    »Vater, du bist krank.«
    »Nein, ich bin bei bester Gesundheit. Du bist krank! Du enttäuschst mich bis ins Mark, Tochter. Vertreibe diese bösen Gedanken! Kämpfe dagegen an. Es muß nicht so sein, du mußt dich nicht gegen deinen Vater auflehnen. Es bahnt sich ein Unglück an, was weißt du darüber?«
    »Nichts.« Sie kniff den Mund zusammen.
    »Hast du Anteil daran?« Er fuhr zurück. »Meine eigene Tochter … Liebst du Rethra nicht mehr? Es ist dein! Die Menschen, mit denen du aufgewachsen bist, die Kraft, die es in die slawischen Länder versprüht. Du bist Rethra, Alena! Willst du dich selbst vernichten?« Er zählte Namen auf, begann mit Alenas Spielgefährtinnen, sprach dann von der Tempelgarde, von den Frauen, den Kindern, ließ auch nicht das Schaf aus, das sie aufgezogen hatte.
    Und Alenas Herz erweichte. Sie zweifelte plötzlich daran, ob sie richtig empfunden hatte. Sollte sie nicht die Franken hassen und ihre Volksgenossen lieben? Auf welchen Irrweg war sie geraten? »Natürlich habe ich mich mit dem Hünen gestritten«, murmelte sie. »Ich hatte die Franken angelogen. Wie sollte ich vier Männer gefangen führen als Frau, allein, ohne Waffen?«
    »Du hast das ganz richtig gemacht.«
    »Sie waren zornig, als sie die Tempelgarde überwältigte, mit mir an ihrer Seite.«
    »Aber du hättest dem Hünen ins Gesicht spucken können«, raunte Nevopor. »Hättest sein Schimpfen mit einem überlegenen Lachen erwidern können. Ich will nicht mehr davon reden. Was ist mit dem Alten? Barchan hat genau diese Franken bei Zwerin beobachtet, hat er mir berichtet, und ein Mann führte sie. Was weißt du über ihn? Verbirg nichts vor mir!«
    So hatte er sie noch nie angesehen. Es machte ihr angst, Kälte kroch ihre Wirbelsäule empor wie eine

Weitere Kostenlose Bücher