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Die Priestertochter: Historischer Roman (German Edition)

Die Priestertochter: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Priestertochter: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Müller
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um Svaroghs Schwäche darzustellen?« Miesko wiegte den Kopf, die Unterlippe vorgeschoben. »Was, wenn Svarogh gar nicht so kraftlos ist? Er hat Uvelan bis heute am Leben erhalten. Wir konnten ihn nicht vernichten. Es ist denkbar, daß Svarogh dem Greis in diesen Tagen zu neuer Macht verhelfen will. Wir haben die besten Voraussetzungen dafür geschaffen, indem wir das Volk zu Tausenden nach Rethra gerufen haben.«
    Nevopor nickte. »Es sind entscheidende Tage, da hast du recht. Aber ich denke, wir können Svarožić vertrauen. Der Dreiköpfige ist klug. Vielleicht hat er mit Uvelans Tod so lange gewartet, damit unter den Redariern die bestmöglichen Voraussetzungen entstehen. Sie sind jetzt bereit für einen Donnerschlag, der die Herrschaft Svaroghs endgültig beendet.« Er nahm noch einen Schluck vom Met, spülte die süßliche, beißende Flüssigkeit eine Weile durch den Mund, bevor er sie die Kehle hinabsandte. »Ich würde vorschlagen, daß wir ihm die Entscheidung überlassen. Das Volk erwartet einen Franken, und wer könnte da besser geeignet sein als der Mönch? Stellen wir dem Dreiköpfigen diesen Mönch und Uvelan zur Wahl und lassen das Orakelpferd die Entscheidung verkünden.«
    »Gut, die Weiße soll entscheiden.«
    »Ja.«
    »Meinetwegen, machen wir es so.«
    »So soll es sein.«
    Nevopor rieb sich den Nacken. Änderungen während der Zeremonie würden sie nun hinnehmen, ohne aufzubegehren. »Schön, wir sind uns einig. Eine Frage müssen wir noch klären. Was geschieht mit den anderen Franken?«
    »Wir lassen sie frei.« Als sehe er sie das erste Mal, hob Gnažek seine rechte Hand vor das Gesicht. Er blies Luft auf die Handfläche. »Töten wir sie, dann würde das den Zorn Kaiser Ludwigs heraufbeschwören.«
    »Sicher?« schnappte Nevopor. »Wir haben sie geschlagen, bis ihnen Hören und Sehen verging – denkst du nicht, daß es
gerade
einen Rachefeldzug heraufbeschwört, wenn sie nun ins Frankenreich zurückkehren und von der netten Behandlung bei uns berichten?«
    »Wird man nicht nachforschen, wo sie geblieben sind?«
    »Nein.« Er stand auf. »Gehen wir und holen Uvelan. Zeit, daß ihn das Volk zu sehen bekommt, ihn und diesen Mönch.«
    Auch die anderen erhoben sich.
    Er hatte sie gewonnen, ohne daß sie überhaupt entschieden hatten. Manchmal war es das Beste, die Antwort auf eine Frage selbst zu liefern, und den anderen das Nachdenken zu ersparen. Auch etwas, das er von seinem Vater gelernt hatte.
     
    »Aber …« Alena stand der Mund offen. Fassungslos blickte sie auf die beiden Stände und die Pferderücken, die über die Bretterwände hinweg zu sehen waren. Tadellose, glänzend weiße Pferderücken. Zwei. »Wie kann das möglich sein?«
    »Ich vermute, dein Vater läßt niemanden in diesen Stall?«
    »Nicht meinen Vater – Svarožić erzürnt es, wenn jemand das Haus seines Pferdes betritt.«
    Uvelan schnaubte. »Es nützt Nevopor, wenn niemand in den Stall schaut und bemerkt, daß es zwei Pferde sind, oder nicht?«
    »Ich verstehe das nicht. Alle wissen, daß Svarožić eine weiße Stute besitzt und daß sie hier im Heiligen Stall untergebrachtist. An manchen Tagen führt sie Vater auch auf die Weide hinaus, zu den anderen Pferden. Weißt du, wie schön das aussieht? Die Helle unter den Dunklen und Gefleckten?«
    »Wahrscheinlich wechselt er die Pferde ab.«
    »Warum verheimlicht er uns, daß Svarožić zwei Pferde hat? Was ist daran so schlimm?«
    »Er läßt sie als Orakel sprechen. Man würde verlangen, daß beide Pferde das gleiche sagen, oder? Frag ihn am besten selbst. Du solltest gut bei ihm dastehen, jetzt, wo du ihm seinen Gegner in die Hände getrieben hast.«
    Alena zuckte zusammen. Verachtung und Abscheu hatten in Uvelans Stimme gelegen. Langsam drehte sie sich zu ihm um. »Ich … ich habe Embricho von dem Plan erzählt.«
    Uvelan nickte. »Natürlich. Embricho.«
    »Damit er nicht an all dem zerbricht. Sie haben die Franken gefangengenommen! Verstehst du, sie sind hier in der Vorburg im Haus eines Gardisten und werden gefoltert.«
    »Warst du so überzeugt davon, daß mein Vorhaben nun nicht mehr gelingen könnte? Ich bin doch nicht auf die Franken angewiesen, sondern auf das Redariervolk, das sich hier versammelt!«
    »Ich habe dich nicht verraten. Embricho muß geredet haben. Ich weiß nicht, warum er es getan hat.« Sie bemühte sich, die Tränen fortzublinzeln, die ihr in die Augen traten. Da stand er vor ihr, der Mann, der so zärtlich, so liebevoll zu ihr gewesen war,

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