Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Priestertochter: Historischer Roman (German Edition)

Die Priestertochter: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Priestertochter: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Müller
Vom Netzwerk:
auch. Ihre Stimme wankte. »Bitte, Svarožić«, flüsterte sie, »laß mich am Leben.«
    Wieder rasselte das Eisen.
    »Was willst du von mir? Forderst du, daß ich dich anschaue? Bitte, nicht, ich fürchte mich … Ich werde alles tun, was du verlangst. Svarožić, wenn ich die Augen öffnen soll, dann laß deine Rüstung jetzt zweimal scheppern.«
    Das Eisen rasselte einmal. Zweimal.
    Alenas Zähne klapperten. Ein Prickeln zog die Arme hinauf. »Gut, ich werde jetzt die Augen aufmachen. Ich tue, was du möchtest. Bitte, bitte töte mich nicht.« Sie nahm noch einen tiefen, ruckhaften Atemzug, dann schlug sie die Augen auf.
    Gegenüber, an der anderen Stallwand, stand jemand und sah sie an. Ein Mann mit grauer Haarmähne und langem, grauem Bart hob die Hände, zeigte eiserne Schellen, die die Handgelenke umschlossen.
    »Uvelan?«
    Der Mann zog die Brauen hoch. Ein weißes Tuch war ihm fest über den Mund gebunden.
    War es ein Trugbild, das der Dreiköpfige ihr als Falle vorsetzte? Vorsichtig trat Alena näher. Bei dem Mann angekommen, befühlte sie die Arme, nahm die Mähne zwischen die Finger und rieb sie. Wenn es nicht Uvelan war, dann war er täuschend gut nachgeahmt. Er roch wie Uvelan, nach Kräutern und herber Männlichkeit, und er fühlte sich an wie ein wirklicher Mensch.
    Sie würde ihn etwas fragen, das nur er wissen konnte.
    Alena stellte sich neben ihn und langte hinter seinen Kopf. Ungeduldig zerrte sie an dem Knoten im Tuch, bis es ihr endlich gelang, ihn zu lösen und das Tuch herunterzunehmen.
    »Danke.«
    Das war Uvelans Stimme. Aber Svarožić konnte so etwas sicher fehlerfrei nachahmen. Jeden Augenblick konnten die Köpfe aus seinem Hals platzen, und der Feuergottkonnte sie packen und zerreißen. »Ich frage dich, um zu wissen, ob du wirklich Uvelan bist und nicht ein Geist. Was war die erste Morgengabe, die du mir schenktest?«
    »Ein Blumenkranz. Aber deine Frage ist Unsinn. Svarožić kann dich nicht täuschen, weil es ihn nicht gibt, und Svarogh wüßte wohl, was ich dir gegeben habe. Wenn er dir einen falschen Uvelan vormachen würde, dann hättest du keine Möglichkeit, ihm auf die Schliche zu kommen. Willst du dich über den Himmelsschmied stellen?«
    »Wie kannst du an Svarožić zweifeln, wo du dich doch in seinem Stall befindest?«
    »Erzähle mir nicht, daß Svarožić in einem Stall lebt!«
    »Natürlich nicht. Aber die weiße Stute, sein Pferd.«
    Uvelan schüttelte den Kopf. »
Die
weiße Stute? Sieh dich um, Alena.«

31. Kapitel
     
     
    Eines stand fest, Weisheit richtete sich nicht nach dem Aussehen der Menschen. Nevopor schwenkte den Becher, daß der Honigwein darin zu kreisen begann, und sah von einem zum anderen am Tisch.
    Jarich hatte den Ellenbogen aufgestützt und trommelte verzerrt lächelnd mit zwei Fingern gegen die Schneidezähne. Miesko, gegenüber, rüttelte den Kopf, als bewege er sich zu einer Musik von Trommeln und Flöten, die nur er hören konnte. Gnažek und Lodiš starrten Löcher in die Luft. Sie sahen dabei aus, als könne eine Strohpuppe sie in Grund und Boden reden, und sie würden nicht mehr als ein verzweifeltes Nicken zustandebekommen. Und doch waren das die Priester Rethras, Männer, die um Rat gefragt wurden, Recht sprachen, über Krieg oder Frieden entschieden. Und über Menschenleben.
    »Sind wir uns darin einig, daß Uvelan in der Zeremonie geopfert wird?« Nevopor nahm einen Schluck vom süßen Met und stellte den Becher ab.
    »Ich weiß nicht, ob das klug ist.« Als wollte er sich selbst das Schweigen gebieten, legte Miesko den Zeigefinger an die Lippen und verharrte einige Augenblicke. »Was, wenn es einen Aufruhr gibt? Wenn der Rückhalt für Svarogh im Volk sich als stärker erweist, als wir dachten?«
    »Sterben muß er«, stellte Lodiš fest.
    Miesko schüttelte den Kopf. »Aber nicht in der Zeremonie. Noch können wir ihn heimlich töten. Es wissen nicht viele, daß wir ihn hier haben. Oder daß er überhaupt noch lebt.«
    Sie waren klug, ohne Zweifel. Auf den einfachsten Gedankenkamen sie allerdings nicht. Dafür brauchte es jemanden, der weiter in die Zukunft dachte. Nevopor seufzte. »Habt ihr an den großen Vorteil gedacht, den es hat, wenn wir Uvelans Leben öffentlich zu einem Ende bringen?«
    Jarich schnalzte vulgär mit der Zunge.
    »Welchen?« fragte Miesko.
    »Wir beweisen, daß Svaroghs Macht gebrochen ist, daß die Bedeutung Rethras und Svarožićs unumstritten ist – selbst unter den Göttern.«
    »Du willst Uvelan also opfern,

Weitere Kostenlose Bücher