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Die Priestertochter: Historischer Roman (German Edition)

Die Priestertochter: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Priestertochter: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Müller
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immer ruhten sie dort, es war nie anders; Kohlestreifen, Aschesäckchen, die zu Doniks Gesicht gehörten wie Fenster zu einem Haus.
    »Das Übliche.«
    »Ja.«
    »Um das Übliche kümmern sich die anderen Priester.«
    »Ich weiß.«
    Er würde Donik besonders im Auge behalten heute. In seiner Nähe durfte er keine Unsicherheiten dulden. Die Tempelherrschaft gab ihm Macht, und Macht, das wußte Nevopor, lockte Neider herbei. Nicht Donik. Donik war verläßlich. Aber er schien etwas zu verbergen, und das mußte nicht einmal von ihm selbst ausgegangen sein. Gerade deshalb war es ernst zu nehmen.
    Donik war Linone, Angehöriger eines Volkes, das Rethras Feinde, die Obodriten, zu Zeiten von Nevopors Großvater unterworfen hatten und das ihnen bis heute hörig war. Aber er sprach nie von seinen Ahnen. Donik war sicher. Die Unsicherheit mußte anderswo ihren Ursprung haben.
     
    »Hochpriester Nevopor!« Die Wachen auf dem Torturm wichen zurück, als würde eine Berührung mit ihm sie zu Asche zerfallen lassen.
    Nevopor rasselte der Atem. Drei Stockwerke, drei lange Leitern – das war in seinem Alter nicht mehr so einfach. Er bemühte sich um Fassung. Donik stand näher als sonst neben ihm, bereit, ihn zu stützen. »Wo sind eure Bögen?« keuchte Nevopor.
    »Dort, Hochpriester.« Sie wiesen auf den Winkel unter den hölzernen Zinnen.
    »Warum sind die Sehnen nicht aufgezogen? Wollt ihr die Pfeile mit der Hand werfen, wenn Feinde auftauchen?«
    Betreten blickten sie zu Boden. »Hochpriester, wenn wir die Sehnen den ganzen Tag aufgespannt lassen, verlieren sie an Kraft.«
    Einer, dem die Augenlider müde herabhingen, murmelte: »Und wer würde es wagen, Rethra anzugreifen? Svarožić würde ihn vom Erdboden fegen wie der Wind die Spreu von der Tenne.«
    Nevopor klopfte dem Mann wie einem Freund auf die Schulter. Dabei verengte er die Augen zu Schlitzen. »So?«
    Die Wache hustete einmal Luft aus. Dann griff sie sich an die Kehle, zuckte, rang um einen Atemzug.
    »Du möchtest für Svarožić sprechen?«
    Mit verkampften Händen deutete der Zurechtgewiesene eine Entschuldigung an, wies auf seinen Hals, verzog das Gesicht zu einer Grimasse der Verzweiflung.
    Nevopor wandte den Blick von ihm ab und trat an die Zinnen heran. Sorgfältig darauf bedacht, ihre Spitze nicht zu berühren, ließ er eine Nadel im Gürtelsäckchen verschwinden.
    »Herr …?«
    »Das gibt sich, Donik. Er wird bald wieder atmen können.«
    Dort standen die Zelte des Kessiners. Es waren fünf, angeordnet im Kreis um ein großes, aus den Riesenhäuten des Urs genähtes Fürstenzelt. Pferde grasten in der Nähe. Das Kessinerlager befand sich außerhalb der Vorburg, in einigem Abstand zum Wall und zum Tor. Während der Orakelfeier hatte es innerhalb der Wälle einen Platz eingenommen wie die Lager der anderen Stämme auch.
    »Er scheint ein guter Jäger zu sein.« Prüfend ließ Nevopor seinen Blick über das Vorland wandern. Einige Menschen lösten sich aus dem Dunkel des Waldrands, wie Läuse nahmen sie sich aus in dieser Entfernung. Aber sie kamen ohne Reittier, ohne Karren; Redarier aus den umliegenden Dörfern, die sich wegen Kleinigkeiten zerstritten hatten und nun einen Richterspruch erwarteten.
    Was war es, das Donik verunsicherte?
    Bei den Zelten des Kessiners kam Bewegung auf. Eine Gruppe von Menschen steuerte auf die Treppe zu, die nahe des Haupttors ihren Anfang nahm und zum Westtor im oberen Mauerring emporführte.
    »Donik, wir gehen wieder hinunter. Warte nicht auf mich,du bist jung und schnell. Ich werde den Kessiner vor dem Tempel empfangen. Schaffe mir die Kupferschüssel herbei, du weißt, wie du sie mit Wasser füllen mußt? Und einen Beutel Asche.«
    Es würde genug Zeit bleiben, die Leitern mit Würde herabzusteigen. Wenn die Gruppe das Haupttor der Vorburg erreicht hatte, mußte sie noch dreißig Stufen bis zum Westtor am oberen Mauerring erklimmen. Er würde vor dem Tempel bereitstehen, ruhig, das Gewand geglättet, nur die langen Haare und die Enden der Priesterbinde ein Spiel des Windes. Mit einem steinernen Gesichtsausdruck, der Vertreter Svarožićs vor dem Haus der Götter.
    Es war entscheidend. Er hatte immer gewußt, welche Dinge entscheidend waren und welche nicht. Der Eindruck, den ein Priester machte, mehr noch, der Eindruck, den der Hochpriester machte, war mehr als wichtig. Er, Nevopor, war das Herz Rethras.
    Von den ersten Leitersprossen sah er noch einmal prüfend zum Frevler. Gefleckter Schierling. Eine verläßliche

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