Die Priestertochter: Historischer Roman (German Edition)
Tieres ab.
Barchan trug Sporen an den Fersen, aber ihre Verwendung war nicht notwendig. Ein leichter Druck der Schenkel genügte, und der Rappe setzte sich in Bewegung.
Auf der Axt in Barchans Hand blitzten Verzierungen aus weißem Silber; ihre Stoßspitze wippte mit jedem Schritt Ardagostes hinab und wieder herauf. Griffen die Beine des Rappen weiter aus im Tölt, dann pochte sie leicht gegen den mit Gold verzierten Schild aus Holz und Leder, der am Sattel befestigt war, oder klackte an die Klinge der Sichel, mit der Barchan unterwegs für Ardagoste Futter mähen würde.
Aus dem Köcher auf dem Rücken des Tempelgardisten ragten kostbare Pfeile: nicht die gewöhnlichen Krähenfedernverliehen ihnen Ruhe im Flug – Seeadlerfedern waren es, größtenteils braune Schwungfedern, aber auch einige weiße aus dem Schwanzgefieder. Sie waren in Barchans Hand gut aufgehoben.
Der Herr der Tempelgarde strich sich mit der Linken über den Oberlippenbart, zog im Reiten die Pelzkappe auf seinem Kopf zurecht. Er war noch in Sichtweite der Türme Rethras, und der Blick des Hochpriesters ruhte auf ihm. Barchan streckte die Schultern. Er schnalzte mit der Zunge und lehnte sich nach vorn, während der Rappe wie befohlen weit mit den Hufen ausholte und in einen Galopp fiel.
13. Kapitel
Als sie unter den stechenden Blicken der Obodriten aus den Booten ans Ufer stiegen, aus wankenden Kisten festen Grund betraten, raunte der Mönch: »Könnt Ihr uns auch dieses Mal retten? Reicht Eure Macht so weit?«
»Weiter noch.«
Einer der Obodriten schlug Tietgaud die Faust ins Genick. »Schweig still!«
Der Mönch rieb sich den schmerzenden Nacken, während der Wächter die Hand fahren ließ, die auch Uvelan züchtigen sollte; die würdevolle Haltung des Alten ließ den Obodriten zögern, sie flößte ihm Respekt ein.
Mit den Erinnerungen waren in Uvelan Begierden aufgewacht, Schatten, die neben ihm geschlafen hatten all die Jahre. Er mußte stark erscheinen, flüsterten sie ihm ein. Er mußte die Macht Svaroghs darstellen.
Sie folgten einem Pfad entlang des Ufers. Rötliche, abgeknickte Halme ragten im Fluß aus dem Wasser. Sie erinnerten an das kupferrote Wollkleid Alenas, an den goldenen Schimmer in ihren Haaren. Andere Frauen hätten geschrien vor Angst, oder sie hätten sich umgedreht und wären panisch fortgerannt. Es paßte zu ihr, daß sie sich ruhig niederkauerte und ihre Furcht bezähmte.
Tietgaud arbeitete sich vor zu Uvelan. »Wann werdet Ihr mit der Rettung beginnen?«
»Bald.«
»Bitte laßt Euch nicht zuviel Zeit.«
Einer der Obodriten war mit einem Schwert bewaffnet; einer rostigen, schartenübersäten Klinge, aber nichtsdestotrotz einem Schwert, das teuer von einem Franken erhandeltworden sein mußte. Vielleicht hatten sie es auch im Kampf erbeutet. In jedem Fall bekam derjenige die kostbare Waffe, der das größte Ansehen genoß. »Darf ich sprechen?« wendete Uvelan sich an ihn.
»Was gibt es?«
»Hast du bedacht, daß jene« – er machte eine Armbewegung zu den Franken hin – »einflußreiche Freunde jenseits der Elbe haben und daß ihr die Franken für gewöhnlich zu euren Bündnispartnern zählt? Es wird euer Bündnis nicht stärken, wenn ihr sie tötet.«
»Javor entscheidet, was mit ihnen geschieht.«
»Natürlich. Davon bin ich ausgegangen. Nur, wird Javor glücklich sein, daß du sie festgehalten hast? Was soll er tun, um ihren Zorn zu besänftigen? Sie werden ihren Herren berichten, wie man sie im Obodritenland behandelte.«
»Javor hat es nicht nötig, vor den Franken zu kriechen. Wir sind nicht ihre Untergebenen. Sie erkaufen unsere Hilfe, weil sie mit ihren Feinden nicht fertigwerden. Und außerdem: Wenn der Fürst der Franken Boten schickt, dann ist es nicht ein schwächlicher Trupp, wie ihr es seid.«
»Bist du dir sicher, daß wir nicht Boten des Kaisers der Franken sind?«
»Ihr seid Kundschafter. Du bist ihr Führer, auch wenn du verwahrlost aussiehst. Du führst sie durch das Land. Bedauerlich, daß es dir nicht gelungen ist, sie sicher über die Stepenitz zu bringen. Ihr werdet den verdienten Tod finden.«
Uvelan wallte Hitze ins Gesicht, und er sprach sehr laut. »Nichtswürdige Obodriten! Ihr habt euch den Franken angeschlossen, als es euch nützlich erschien. Mit welchem Mut haben damals die Sachsen gekämpft! Aber ihr habt sie hinterrücks angegriffen, so, wie es euch die Franken eingeflüstert hatten, und habt dem stolzen Volk damit den Untergang gebracht. Wer ist als
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