Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Priestertochter: Historischer Roman (German Edition)

Die Priestertochter: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Priestertochter: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Müller
Vom Netzwerk:
Zwerin es zugegeben, dann hätten sie ja einen Rachezug gegen unsere vermeintlichen Verbündeten führen müssen. Sie sind schuld, die Herren. Ihr Gefangener war es, den wir im Dorf hatten. Sobald er in den Händen der Linonen war, haben die Angreifer von uns abgelassen.«
    »Mutter, bitte.« Ruhig legte Gnevka die Wollkämme auf den Tisch und stand auf. Sie berührte ihre Mutter an der Schulter. »Wir alle kennen die Geschichte. Denke nicht so viel daran, du wirst nur wieder weinen.«
    »Ich habe bloß gesagt, daß dein Vater zärtlich war und gut zuhören konnte. Und du weinst ja selbst fortwährend, Kindchen.«
    Als sich Gnevka wieder gesetzt hatte – die Frauen sprachen jetzt darüber, welcher Dorfhund die meisten Füchse, Dachse oder Luchse totgebissen hatte –, schob Alena ihren Schemel näher und raunte: »Gnevka, ich brauche dringend deine Hilfe.«
    »Warum?«
    »Ich muß nach Zwerin.«
    »Vergiß es. Die Männer dort geben sich nicht mit unsereinem ab.«
    »Ich will keinen Mann. Ich muß in die Burg. Verstehst du?«
    »Was willst du dort?« Gnevka sprach noch leiser. Fast konnte Alena sie nicht mehr verstehen. »Bist du ein Spitzel? Du hast mich doch nicht angelogen, oder?«
    »Ich will jemanden befreien.«
    »Aus Zwerin? Bist du des Wahnsinns?«
    »Ich muß!«
    Gnevkas gerötete Augen weiteten sich. Sie sah Alena aufmerksam ins Gesicht. »Du liebst einen, der in Zwerin gefangen ist.«
    Alena nickte zögerlich.
    »Das ist dein Untergang, Mädchen.« Für einige Augenblicke musterte Gnevka sie kühl, dann sagte sie: »Ich kann dich reinbringen, bin ja oft dort; sie kennen mich. Aber ich würde es dir wirklich nicht raten. Was hat er getan, dein Schatz?«
    »Es ist ein Franke.«
    »Ein Franke?« Gnevka fuhr zurück.
    Plötzlich war es still im Raum. Die Frauen sahen im Wechsel Alena an und Gnevka und wieder Alena. »Was redet ihr da?«
    »Nichts.« Gnevka wedelte die Frage mit gespreizten Fingern von ihren Ohren. »Wir haben Belangloses geplaudert.«
    »O nein. Du hast gerade etwas von einem Franken gesagt.«
    Wie Espenlaub zitterten Gnevkas Hände. »Ein Händler, den Alena unterwegs getroffen hat.«
    »Ein fränkischer Händler?«
    »Er hat Wein verkauft, oder jedenfalls hatte er Fässer auf seinem Karren. Bedeutungslos. Wir haben uns einfach unterhalten. Was starrt ihr so?«
    »Du lügst, Gnevka. Ich weiß, was ihr geredet habt. Alena liebt einen Franken.«
    Gnevka lachte, und dabei färbte sich ihr Gesicht dunkelrot. »Unsinn. Wie soll das gehen? Wie soll sie denn einen kennenlernen?«
    Bevor die Frauen etwas erwidern konnten, rief Alena: »Hört auf! Es stimmt.«
    Die Frauen versteinerten.
    Mit einem unschuldigen Gesichtsausdruck zog der ältere der Jungen geräuschvoll die Nase hoch.
    Der Wind fauchte durch die zerissene Kalbshaut im Fenster.
    »Ich habe einen Franken geliebt. Das ist über ein Jahr her. Es war ein Kaufmann, und er blieb für zwei Wochen in unserem Dorf.«
    »Du Dummchen!« seufzte die junge Mutter. »Dachtest du, er würde dich mitnehmen?«
    »Denk bloß nicht«, fauchte eine andere, »daß dich das zu etwas Besserem macht, daß ein Händler mal ein Auge auf dich geworfen hat.«
    Alena senkte den Kopf. »Es stimmt, es war dumm.«
    »Und jetzt bist du unterwegs, ihn zu suchen?«
    »So ungefähr.«
    Die Frauen lachten. Sie hörten gar nicht mehr auf damit, stießen sich mit den Ellenbogen an, wischten sich Tränen aus den Gesichtern, japsten nach Luft.
    »Was macht er hier?« raunte Gnevka in Alenas Ohr.
    »Das ist unwichtig. Ich muß ihn da rausholen.«
    »Alena, ich glaube, es ist besser, wenn du deinen Kopf mal tief in den kalten Bach steckst und dann anfängst nachzudenken.«
    Sie kniff die Lippen zusammen. »Wie du meinst.«
    Mit geschlossenen Augen schüttelte Gnevka den Kopf. »Tu dir das nicht an.«
    »Hättest du nicht alles gegeben, damals, als dein Mann gestorben ist, um ihn zu retten?«
    Es war sehr leise hingehaucht: »Ja.«
    »Dann weißt du, warum ich nach Zwerin muß.«

14. Kapitel
     
     
    Auf seinem Weg zu den Vorratshäusern fand Nevopor einen Ochsenkarren vor, neben dem Jarich und ein kleiner, knebelbärtiger Mann die Arme schwenkten: Sie deuteten auf den Karren und das Tor, laut bellten sie ihre Worte. Der Hochpriester wollte sich an den Hörnern der Ochsen vorbeistehlen, um die Streithähne auf der Rückseite des Karrens zu umgehen, da bemerkte er den Fischgeruch, der dem Gefährt entströmte. Trockenes Brot hatte er für Donik holen wollen. Fisch? Das würde noch

Weitere Kostenlose Bücher