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Die Priestertochter: Historischer Roman (German Edition)

Die Priestertochter: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Priestertochter: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Müller
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lauschte mit einem breiten Lächeln dem metallischen Klappern aus ihrem Inneren. »Die verläßlichsten Gewichte. Wir können anfanken. Wieviel Silber?«
    »Bevor ihr mit dem Auswiegen beginnt: Ich möchte einen der Heringe sofort haben.«
    »Aber sehr natürlich.« Der kleine Mann legte die Waageab. Behende kletterte er auf den Karren und hob den runden Deckel einer der Tonnen an. Er griff hinein, dann beugte er sich vom Wagen herunter, einen silberglänzenden Hering zwischen Daumen und Zeigefinger haltend. »Bitte sehr.«
    Im Dunkel des Vorratshauses legte Nevopor den stinkenden Fisch auf einem Tablett ab. Im Faß daneben schimmerte das weiße Salz, ein Irrlicht inmitten der Schatten. Nevopor grub einen Holzbecher hinein. Es knirschte leise.
     
    Ehrfurchtsvoll blickten die Menschen auf das mit Schnitzereien verzierte Brett, auf dem der Hochpriester den wassergefüllten Becher und den Fisch über den Burghof trug. Sie verneigten sich, als handelte es sich um ein besonders seltenes, ehrwürdiges Ritual, um ein Orakel, dessen Bedeutung sie nicht verstanden und das deshalb um so heiliger sein mußte. Nevopor runzelte die Stirn. Es war ihm unangenehm, daß man ihn mit der Mahlzeit laufen sah. Die zerfurchte Stirn, der Ärger in seinem Gesicht schienen die Menschen nur noch mehr zu beeindrucken.
    Am Seetor erwartete ihn Miesko. Er rüttelte nur leicht den Kopf, das Entsetzen lähmte ihn. Leise sagte er: »Ich habe alles so getan, wie du es gewünscht hast, Nevopor.« Sein Blick fiel auf den Fisch und den Becher. »Willst du ihn tatsächlich töten?«
    »Er stirbt, wenn es sein muß.«
    »Es wird Gerüchte geben, wenn du das tust. Besser, du erklärst offen den Grund für seine Strafe.«
    »Nein, Miesko. Ich schätze deinen Rat. Dennoch: Bevor ich weiß, was hier vorgeht, muß Rethra mein Handeln ohne Begründung hinnehmen.«
    »Daß ich dir stets gehorsam bin, weißt du.« Das Gesicht des alten Priesters zuckte. »Du willst auch mir nichts preisgeben?«
    »Auf niemanden verlasse ich mich so wie auf dich. Nun denn, höre und schweige darüber: Donik ist ein Faden, der zu einer Schnur führt. Die Schnur führt zu einem festenSeil, und das Seil liegt um Rethras Hals. Das ist der Eindruck, den ich habe.« Er ließ den alten Priester stehen und unterquerte den Torturm. Sorgfältig bemüht, nichts zu verschütten, begann er den Abstieg zum Ufer.
    Er sah die hellen Hanfseile, die Donik am Pfahl hielten, Seile um den Hals, um den Brustkorb, um die Hüfte, um die Beine und die Fußgelenke. Die Hände des Linonen waren hinter dem Pfahl aneinandergeknotet. Ihm mußte langsam dämmern, daß er einen Fehler gemacht hatte. Nevopor bereitete sich auf einen Gesichtsausdruck namenlosen Erschreckens vor, auf Todesangst, auf Flehen um Gnade.
    Einen Moment lang blieb der Hochpriester noch hinter dem Pfahl stehen. Donik mußte die Schritte gehört haben, aber er würde sich nicht umdrehen können, um nachzuschauen, wer gekommen war. Eine hübsche Folter. Nevopor entschloß sich, sie ein wenig auszukosten. Er blickte über den großen See, sah entlang der bewaldeten Ufer. Am linken Rand des Sees sprang ein Fisch, das Platschen war gut zu hören, und es bildeten sich Ringe in den sanften Wellen. Warum schwammen sie nie bei der Feste? Ob die Fische gelernt hatten über die Jahre? Er betrachtete die morschen Stämme, die nahe am Ufer aus dem Wasser ragten. Dort unten verbargen sich die Fischreusen Rethras. Früher hatten sie den zehnfachen Ertrag gebracht. Und doch mußte der See noch voll von Fischen sein.
    Genug der Qual. Nevopor trat langsam um den Pfahl herum. Was er sah, ärgerte ihn maßlos. Weder war das Gesicht des Linonen naß von Tränen, noch sprach Entsetzen aus seinen Augen. Der Linone stand ruhig, als hätte er sich freiwillig an diesen Pfahl gelehnt, und er blickte Nevopor nicht an, sondern sah nachdenklich auf das Wasser hinaus. Keine Sorgenfalten zeigten sich im blassen Gesicht. Doniks dunkle Augen blickten gelassen und beinahe höhnisch drein. Ein Windstoß fuhr durch sein kurzes, schwarzglänzendes Haar, das war die einzige Bewegung an seinem Körper.
    Vielleicht konnte er es gut ertragen, gefesselt zu sein.Das Fesseln war aber nur der Anfang. Nevopor würde ihn gefügig machen. »Donik!«
    Die Augen des Linonen sprangen zum Hochpriester. »Was bringst du mir?«
    »Eine letzte Mahlzeit.«
    »Ist der Fisch vergiftet? Nein, du hast das Gift in den Becher gefüllt, nicht wahr?«
    »Kein Gift. Ich bringe dir die letzte Mahlzeit,

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