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Die Priestertochter: Historischer Roman (German Edition)

Die Priestertochter: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Priestertochter: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Müller
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des Nackens.
    Ein Schlupfloch! Die Pferde, auf die die Männer aufgesprungen waren, um den Alten zu suchen – im Stall mußte Platz sein für ein Versteck.
    Sie drehte sich auf den Fersen, ein großes Gebäude, einen Stall suchend. Dort, jenes Haus hatte ein Tor und warweit am Wall entlanggestreckt. Ein Misthaufen ruhte neben dem Tor.
    Mit so langen Schritten, daß das Kleid knackte, trat Alena auf den Brunnen zu. Sie bemühte sich, ein ernsthaftes, geschäftiges Gesicht zu machen. Den Blick fest in den Schacht hinabgerichtet, stieß sie den Eimer in die Tiefe. Während er fiel, sang die Winde über ihrem Kopf eine schrille Litanei. Das sich abrollende Seil schlug Wellen, peitschte durch die Luft. Dann traf der Eimer auf, unten, im Dunkeln. Während noch das Klatschen der Eimerdauben auf dem Wasser in Alenas Ohren nachhallte, war er schon versunken. Sie richtete sich auf und nahm die Kurbel in beide Hände. Zuerst schien es leicht zu gehen, dann aber brach Schweiß auf ihrem Rücken und unter den Armen aus. Die Schultern begannen zu schmerzen. Als der Eimer endlich neben ihrem Gesicht in der Luft schwebte, hatte sie kaum die Kraft, ihn zu packen und aus dem Brunnen zu ziehen. Neben dem Brunnen stand ein Tragejoch. Sie löste einen der Eimer, die rechts und links im Joch eingehakt waren, und schüttete das Wasser hinein. Dann hob sie ihn an und überquerte den Hof. Der eiserne Henkel schnitt in ihre Handfläche, als wollte er der fremden Hand Schmerz zufügen.
    Sie brachte den Tieren Wasser. Das konnte ihr niemand übelnehmen.
    Der Geruch von Pferdemist und heißem Schweiß lag in der Luft, herbe und doch vertraut. Alena mußte an zu Hause denken, die Weiden der Vorburg, die lange Treppe hinauf zum Tor. Sie sah Rethras Türme im blauen Morgennebel vor sich, ihren Vater mit jenem ernsten Gesichtsausdruck. So gut kannte sie ihn – keine strenge Miene konnte sie täuschen! Da war das feine Spiel um die Augenwinkel, dessen Anblick sie immer glücklich gemacht hatte. Wenn sie ihn anlächelte, wurde es stärker. Der Mund blieb streng, aber die Augen lachten zurück. Sie wollte nach Hause, endlich.
     
    Alena wartete im Stall, bis sich die Nacht herabgesenkt hatte und draußen auf dem Hof Stille eingekehrt war. Schwach sickerte Mondlicht durch die Ritzen der Wände.
    »Schhhh.« Die Lippen leicht geöffnet, blies sie Luft durch die Zähne. »Schhhh.« Sie entfernte mit langsamer Hand einige Strohhalme von ihrem Kleid. Dann ging sie weiter, vorbei an den Verschlägen. »Schhhh. Steht schön still, meine kleinen Pferde.« Die Tür im Stalltor war geschlossen. Alena drückte sie um einen Spalt auf und spähte hinaus. Im klaren Himmel schimmerten unzählige Sterne rings um den Mond. Unförmig schien das Nachtgestirn zu sein, wie ein Brot, das nicht rund geworden war. Sein Widerschein glänzte auf dem Boden des Burghofs: nasses Holz, es hatte geregnet.
    Dann sah Alena die Wachposten auf dem Wall. Einer hatte sich an die Palisaden gelehnt und beugte sich hinaus, die anderen standen mit in den Himmel gereckten Speeren.
    Würden ihre Füße auf den nassen Holzplanken zu hören sein? Es war kein knirschender Sand, immerhin. Alena schlüpfte hinaus und hockte sich hinter den Misthaufen. Einige Fliegen schreckte sie auf, die durcheinandersurrten. Die Wachen schauten ja nach draußen, nicht nach hier innen, beruhigte sie sich.
    Sie ging in Gedanken die Häuser durch, die nicht vom Haufen verdeckt waren. In Rethra war es üblich, Gefangene im Haus einer der Tempelwachen einzusperren. Wo würden sie hier untergebracht sein? Hatte man sie nach der Flucht des Alten an einen anderen Ort gebracht, der sicherer erschien?
    Die Burg hatte die Form einer breiten Pfeilspitze: Oben das Tor zur Brücke und darüber der Turm, zusätzlich zu dieser einen noch vier weitere Ecken, und an der dem Tor gegenüberliegenden Seite ein stattliches Haus, das zweifellos dem Fürsten gehörte, der hier herrschte. Eines nach dem anderen musterte sie die Häuser. Unter dem freien Dach einer Schmiedewerkstatt leuchteten Hammerköpfe, Rodehacken, Sensenblätter, Fischspieße, Steigbügel undAxtblätter im Mondlicht, und wie Sterne um sie herum kleinere Lichter: Angelhaken, Scheren, Sporen, Trensen. Dort, neben der Werkstatt, lag dunkel eine Tür, vor der außen ein Riegel auf zwei Haken ruhte. Kein Schornstein, es konnte nicht das Backhaus sein, das sie vor den Hungrigen verschlossen. Eine Vorratskammer vielleicht? Aber es hing kein Schloß am Riegel. Sie mußte es

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