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Die Principessa

Die Principessa

Titel: Die Principessa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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Zeit des Jahres: Die Gerichte stellten die Verhandlungen ein, Missetäter wurden begnadigt, und wo immer die Vorratskammern das Nötige hergaben, bogen sich die Tische unter den Speisen und Getränken, mit denen die Fasten ein Ende hatten.
    Eine Kavalkade von über hundert Reitern begleitete die päpstliche Karosse, die Innozenz und seine engsten Familiaren von Sankt Peter, wo wegen des Umbaus der Lateranbasilika die Osterfeier stattgefunden hatte, zum Palazzo Pamphili beförderte. Clarissa, die zusammen mit dem Heiligen Vater, ihrer Cousine Olimpia und Kardinal Padrone Camillo in der geschlossenen Equipage saß, betrachtete im Schein der Straßenfackeln das ernste Gesicht des Papstes, das noch ganz beseelt schien von der heiligen Handlung. Denn Innozenz hatte höchstselbst auf dem Petersplatz das neue Feuer geweiht, bevor er das violette Bußkleid gegen das weiße Festgewand tauschte, um mit der hoch erhobenen Triangelkerze in den Händen an der Spitze einer nicht enden wollenden Prozession in den Dom einzuziehen und die Ostermesse zu zelebrieren.
    Das herrliche »Lumen Christi« des Kastraten klang Clarissa noch in den Ohren, als die Kutsche im Hof des Palazzo Pamphili zum Stehen kam. Ein wenig müde von dem langen Gottesdienst, der alles in allem über vier Stunden gedauert hatte, verließ sie als Letzte den Wagen, um Innozenz und seinen Angehörigen ins Haus zu folgen. In der Halle waren schon mehrere Dutzend päpstlicher Nepoten versammelt, die zum Nachtmahl geladen waren. Plötzlich tauchte wie ein Schatten aus dem Nichts ein Barfüßermönch mit kleinen, stechenden Augen und auffallend wulstigen Lippen vor Clarissa und ihrer Cousine auf.»Auf ein Wort, Donna Olimpia.«
    Clarissa sah, wie ihre Cousine beim Anblick des Mannes zusammenzuckte. Er blickte Olimpia mit seinen stechenden Augen so eindringlich an, als habe er ihr Befehle zu erteilen, während er gleichzeitig immer wieder um sich schaute, wie um sich zu vergewissern, dass hinter seinem Rücken keine Gefahr lauerte, wobei er sich unablässig kratzte, als habe er Flöhe. Noch größer aber war Clarissas Verwunderung, als Donna Olimpia auf einen Wink des Fremden hin tatsächlich mit ihm in einem kleinen Seitenkabinett verschwand, so rasch, als wolle sie um jeden Preis vermeiden, in Begleitung dieses Menschen gesehen zu werden.
    Irritiert schüttelte Clarissa den Kopf; dann schloss sie sich dem päpstlichen Gefolge an, das sich zum Festsaal begab, wo die ersten Gerichte bereits aufgetragen waren. Aus den Gesichtern der Kardinäle und Bischöfe sprach das dringende Bedürfnis, sich nach dem Genuss der Seelenspeise, die ihnen in Sankt Peter zuteil geworden war, nun endlich um ihr leibliches Wohl zu kümmern.
    Nur wenige Minuten später kam Donna Olimpia in den Festsaal, um an der Seite ihres Schwagers Platz zu nehmen, sodass man ohne Verzögerung mit dem Mahl beginnen konnte. Clarissa, die gleichfalls am oberen Ende der Tafel inmitten der engsten Nepoten des Papstes in ihren Seidengewändern saß, hatte allerdings den Eindruck, dass das helle Gesicht ihrer Cousine ein wenig gerötet war, auch schien Olimpia außer Atem, als sie den Dienern den Befehl gab, mit dem Vorlegen der Speisen zu beginnen. Ja, sie wirkte sogar noch nervös, als nach der Minestrone die Suppenschüsseln abgeräumt wurden und die Diener Platten mit Huhn und Ferkelbraten auftrugen.
    »Erst Minestrone, dann Huhn und Schwein«, sagte Innozenz mürrisch. »Am höchsten Feiertag des Jahres? Wollen Sie unsere Gäste beleidigen?«
    »Ihr seht nur, was auf den Tellern ist«, erwiderte Olimpia gereizt. »Ich dagegen muss auf die Kosten schauen. Wie soll ich mit dem wenigen, das Ihr mir gebt, so viele Münder stopfen?«
    »Dreißigtausend Scudi gebe ich Ihnen jeden Monat, allein für den Haushalt!«
    »Fünfzigtausend wären nötig, Ewige Heiligkeit. Statt mich zu tadeln, solltet Ihr mich loben, dass wir nicht hungern müssen.«
    »Ich möchte nur wissen«, brummte Innozenz, »wo das viele Geld bleibt.«
    »Ich auch, Heiliger Vater.« Camillo, der mit beiden Händen eine Hühnerkeule vor dem Mund hielt, von dem das Fett links und rechts heruntertroff, schmatzte laut. »Mir hat sie erst gestern eine neue Kutsche verweigert, obwohl ich sie seit Wochen darum bitte. Ich glaube, meine Mutter leidet an krankhaftem Geiz.«
    »Schweig still!«, herrschte Olimpia ihren Sohn an. »Sparsamkeit ist die Kardinaltugend des Weibes. Aber warum unterbrecht Ihr das Mahl, Ewige Heiligkeit?«
    Innozenz hatte sich von

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