Die Principessa
eine Hure dargestellt, und jetzt erdreistet er sich …«
»Vergebung, Heiliger Vater, wenn ich widerspreche«, unterbrach ihn Donna Olimpia. »Aber im Fall der Theresa ist nicht der Künstler zu tadeln, der die Wirklichkeit ja nur nachbildet, sondern allein die Hure, welche ihm mit ihrer Lasterhaftigkeit als Vorwurf diente.«
Clarissa schrak zusammen, aus Angst, Donna Olimpia würde mit dem Finger auf sie zeigen.
Doch ihre Cousine blickte nicht sie an, sondern den Papst, undstatt sie zu verraten, sagte sie an Innozenz gerichtet: »Wenn Ihr nicht wünscht, dass Bernini den Brunnen baut, soll das Modell nicht länger Euren Abscheu erregen.« Sie klatschte in die Hände, worauf zwei Diener mit lautlosen Schritten herbeieilten. »Schafft die Skulptur fort!«
»Halt!«, rief Innozenz. »Lasst sie stehen! Wer weiß, warum Gott den elenden Sünder befähigt hat, ein solches Werk zu erschaffen.«
Den Körper abgewandt, als wolle er gehen, hielt er den Blick auf den Tisch gerichtet, unfähig, ihn von dem silbernen Modell zu lassen, das dort im Lichterschein funkelte wie eine frisch polierte Monstranz auf einem Altar.
»Seht Ihr die Flussgötter, Ewige Heiligkeit?«, fragte Donna Olimpia leise. »Sie wenden sich dem päpstlichen Wappen zu, um Eure Heiligkeit zu bewundern.«
»Natürlich sehe ich das«, erwiderte Innozenz unwillig. »Meinen Sie, ich hätte keine Augen im Kopf?«
»Die vier Ströme sind nicht nur die Hauptflüsse der vier Weltteile«, fuhr Donna Olimpia fort, »sie erinnern auch an die vier Flüsse des Paradieses. Weil Ihr, Heiliger Vater, die Menschen dem Paradies wieder näher gebracht habt.«
»So? Haben wir das?«
»Ja« – Olimpia nickte ernst –, »indem Ihr der Menschheit nach dreißig Jahren Krieg den Frieden schenktet. Das bezeugt die Taube auf der Spitze des Obelisken, Wappentier der Pamphili und Symbol des Friedens zugleich. Wie die Taube Noahs trägt sie den Ölzweig der Erlösung im Schnabel. Der Triumph der Christenheit im Zeichen Eurer Herrschaft.«
Donna Olimpia verstummte, und es entstand ein Schweigen. Alle Köpfe waren nach dem Papst gerichtet: Zu welchem Urteil würde er gelangen? Auch Clarissa blickte ihn in gespannter Erwartung an. Dann, nach einer endlos langen Weile, räusperte sich Innozenz, und mit einem so mürrischem Gesicht, als koste jedes einzelne Wort ihn fürchterliche Überwindung, erklärte er schließlich: »Wer Bernini zürnen will, darf seine Sachen nichtsehen. Sagen Sie dem Cavaliere, er soll den Brunnen bauen – in Gottes Namen!«
9
»Ich weigere mich, so etwas zu glauben! Der Heilige Vater würde sein Wort niemals brechen!«
Francesco verschlug es die Sprache. Schlägel und Meißel in der Hand, mit denen er eben noch seinem Neffen Bernardo und den anderen Steinmetzen gezeigt hatte, wie er die Cherubim für das Langhaus der Basilika wünschte, stand er zwischen den unverputzten Mauern seiner Baustelle im Lateran und versuchte die Nachricht zu begreifen, die Monsignore Spada und Kardinal Camillo Pamphili ihm vor ein paar Minuten überbracht hatten. Die Steinmetze hatten ihre Arbeit unterbrochen und schauten neugierig zu ihnen herüber. Bernardo zog ein schiefes Gesicht.
»Herrgott! Habt ihr nichts zu tun?«, herrschte Francesco sie an. »Was steht ihr da und glotzt? Macht gefälligst weiter! Los! Vorwärts! Beeilt euch!«
Er bebte am ganzen Körper vor Erregung. Was für kühne Pläne hatte er gefasst, als Innozenz ihm den Umbau der Laterankirche anvertraut hatte, doch seitdem folgten eine Enttäuschung, eine Demütigung auf die andere. Statt die Basilika von Grund auf zu erneuern, wie anfangs beabsichtigt, musste er unter dem Zwang der Verhältnisse seine Entwürfe immer weiter zurückstutzen, bis nichts Eigenes mehr darin zu erkennen war. Und jetzt wollte der Papst ihm auch noch den Brunnen wegnehmen, um an seiner Stelle Bernini den Auftrag zu geben. Ausgerechnet Bernini!
»Von Wortbruch kann keine Rede sein«, sagte Spada beschwichtigend. »Der Heilige Vater will nur, dass Sie Ihre ganze Schaffenskraft seiner Bischofskirche widmen. Vergessen wir nicht, bis zum Jubelfest bleibt nicht mehr viel Zeit.«
»Wenn Sie mich fragen«, sagte Camillo und griff nach einem der Törtchen, die ein Diener auf einem Tablett für ihn in Reichweite bereithielt, »so hat das nicht mein Onkel, sondern meine Mutter entschieden. Immer muss sie sich einmischen, nie kann sie einen gewähren lassen. Mir will sie ja auch verbieten, die Fürstin Rossano zu heiraten.«
»Was
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