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Die Principessa

Die Principessa

Titel: Die Principessa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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Jubelfest fertiggestellt worden. Francesco Borromini hatte alle ihm gestellten Aufgaben in nahezu vollkommener Weise erfüllt. Er hatte die fünfschiffige Säulenbasilika, das erste Gotteshaus der Christenheit, das Kaiser Konstantin einst so reich mit Gold, Silber und Mosaiken hatte ausstatten lassen, unter Bewahrung des alten Grundrisses in eine helle, moderne Kirche verwandelt, mit großen Fenstern über den riesigen Pilastern, durch die das Sonnenlicht wie das Licht Gottes in die heilige Halle flutete. Alle Gläubigen, die an der Eucharistiefeier teilgenommen hatten, waren sich einig gewesen: Es war ein erhabenes, gewaltiges Werk, das Francesco in Lateran geschaffen hatte. Doch reichte es aus, sein Leben zu retten?
    Alle Blicke richteten sich auf den Baumeister, der nun zwischen den Menschenmassen auf der Piazza Navona zur Empore schritt, wie immer ganz in Schwarz gekleidet, in stolzer, aufrechter Haltung, die Miene ernst und verschlossen. Als er die Tribüne passierte, erwiderte er Clarissas Kopfnicken mit keiner Geste, und nicht ein Muskel regte sich in seinem Gesicht, der verraten hätte, was in seinem Innern vor sich ging, während er vor dem Papst auf die Knie sank. Ahnte er die Gefahr, in der er schwebte? Dass dieser Jubeltag, der Tag seines persönlichen Triumphs, für ihn mit einer Katastrophe zu enden drohte? Immerhin hatte Francesco am Gründonnerstag den Papst um Vergebung für das Erschlagen des Gehilfen gebeten; Monsignore Spada hatte ihn dazu gebracht – er und Gott allein wussten, mit welchen Mitteln. Es war so still auf der Piazza, dass man das Gurren der Tauben auf dem Dach des Palazzo Pamphili hörte.
    »Großes hast du vollbracht, mein Sohn«, erhob Innozenz seine Stimme, »und dies ist der Tag, dir dafür unser Lob und unseren Dank zu zollen. In Anerkennung deiner Verdienste um die heilige katholische Kirche und die Stadt Rom, namentlich aber umdie Erneuerung unserer Basilika, erheben wir dich mit Wirkung dieser Stunde in den Ritterstand und ernennen dich zum Cavaliere di Gesù.«
    Clarissa sandte ein Stoßgebet zum Himmel mit der Bitte, der Papst möge damit sein letztes Wort gesprochen haben. Doch Gott erhörte sie nicht.
    Während ein Zeremonienmeister das Ritterschwert von Innozenz empfing, um es vor Francesco zum Zeichen seiner neuen Würde niederzulegen, fuhr der Pontifex mit knarrender Stimme fort: »Gleichzeitig stellen wir fest: Du hast dich im Zorn hinreißen lassen und einen Menschen getötet. Damit hast du schwerste Schuld auf dich geladen. Eine Schuld, die nur mit dem Tod gesühnt werden kann.«
    Ein Raunen ging durch die Menge, während die Klinge des Schwertes vor Francesco im Lichterschein gefährlich funkelte. Innozenz machte eine Pause und blickte in die Richtung seiner Schwägerin. Donna Olimpia nickte mehrmals zur Bestätigung, während sich Clarissa an ihrer Seite die Hand vor den Mund hielt.
    »Dafür aber«, erhob der Papst ein drittes Mal seine Stimme und richtete seinen Blick wieder auf Francesco Borromini, »dass du uns mit deinem Werk instand gesetzt hast, hier und heute das Heilige Jahr in würdiger Weise zu feiern, gewähren wir dir Ablass auf die Strafe deiner Sünden und schenken dir das Leben.« Er hob den Arm zum Segen. »Gehe hin in Frieden!«
    »Dank sei Gott dem Herrn!«, erwiderte Francesco, und tausend Gläubige auf dem Platz fielen in seine Worte ein.
    Während Innozenz die Hand ausstreckte und Francesco den Ring an seinem Finger küsste, atmete Clarissa auf. Die ganze unerträgliche Anspannung, unter der sie seit Stunden und Tagen gelitten hatte, fiel endlich von ihr ab, und grenzenloser Jubel stieg in ihr auf. Am liebsten hätte sie gesungen und getanzt vor Glück. Da aber sah sie Donna Olimpias Gesicht: Es war so voller Wut und Hass, dass es Clarissa kalt über den Rücken lief.
    Plötzlich kam Francesco auf sie zu, das Schwert in der Hand.Sein Weg führte von der Empore direkt an ihr vorbei. Clarissa sprang auf und streckte ihm beide Arme entgegen. »Ich gratuliere Ihnen von Herzen, Signor Borromini. Ich hatte so sehr für Sie gehofft und gebetet.«
    Ohne ihre Hände zu ergreifen, sah er sie an. Seine Lider zuckten, und bevor er eine Antwort gab, musste er sich räuspern. Während sein dunkler Blick auf ihr ruhte, kamen die Worte so kalt und klar wie geschliffenes Glas aus seinem Mund, und als Clarissa sie hörte, wünschte sie, er hätte geschwiegen.
    »Zu gütig von Ihnen, Principessa. Aber ich will Ihre Freundlichkeit nicht strapazieren. Ich habe

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