Die Principessa
an Mut.«
»An Mut, Cavaliere?«, fragte sie zurück.
»Ich weiß, Principessa«, sagte er, »obwohl ich dem Ritterstand angehöre, bin ich nicht zum Helden geboren. Ich bin ein schwacher Mensch, und jeder Vorzug, über den ich vielleicht verfüge, wird von hundert Fehlern aufgewogen, weshalb ich in meinem Leben manche Entscheidung getroffen habe, die ich später bereute. Aber sind wir immer frei in dem, was wir tun? Verlangt das Leben nicht oft Dinge von uns, die uns selbst zuwider sind? Bitte, Clarissa«, sagte er plötzlich und nahm ihre Hand, »gib mir Gelegenheit, meine Fehler wieder gutzumachen. Erlaube mir, dass ich dir helfe!«
Unschlüssig schaute sie ihn an. Es tat so gut, einen Menschen bei sich zu haben, seine Nähe und Anteilnahme zu spüren. Wie sehr hatte sie das vermisst! Aber durfte sie diesem Mann trauen? Er hatte vor ihren Augen um Donna Olimpias Gunst gebuhlt, ja sie regelrecht bestochen. Seitdem förderte ihre Cousine ihn, wie sie nur konnte, hatte sogar dafür gesorgt, dass der Papst ihm wieder Aufträge erteilte – und fast täglich waren sie zusammen. Doch was bedeutete das? Dass er mit Olimpia gemeinsame Sache machte? Sie spürte den sanften Druck seiner Hand, sah sein zärtliches Lächeln, seine Blicke, die sie wie eine Liebkosung umfingen. Wenn sie diesem Mann nicht traute, wer blieb ihr dann noch auf dieser Welt?
»Ich habe Angst, Lorenzo«, flüsterte sie. »Donna Olimpia wird erpresst, von einem Mönch, sie hat dafür sogar den Smaragd versetzt.«
»Erpresst? Um Himmels willen, wie ist das möglich? Sie ist der mächtigste Mensch in der Stadt, mächtiger als der Papst.«
»Sie hat ihren Mann vergiftet, mit Hilfe dieses Mönches. Darum hat er sie in der Hand.«
Lorenzo pfiff leise durch die Zähne. »Ja.« Er nickte. »Das passt zu dieser Frau, sie ist zu so etwas fähig. Aber sag, woher weißt du das?«
»Ich habe ein Gespräch zwischen ihr und dem Mönch belauscht, durch Zufall. Die Tür war angelehnt.«
»Du selbst hast es gehört?«, fragte er erschrocken. »Weiß Donna Olimpia davon? Hast du dich ihr gegenüber verraten?«
»Das ist es ja«, sagte Clarissa. »Ich habe keine Ahnung. Als ich später in das Zimmer kam, war die Tür verschlossen, und Olimpia hat einen Brief, den ich dort verloren habe, gefunden. Seitdem hat sie mich immer im Auge, sie belauert mich auf Schritt und Tritt – manchmal weiß ich nicht mehr, wohin mit mir.«
»Und die ganze Zeit warst du allein.« Lorenzo zog sie an sich und nahm sie in den Arm. Er tat es so natürlich und selbstverständlich, dass sie sich nicht dagegen wehrte. »Was hast du nur durchgemacht, es muss fürchterlich gewesen sein! Aber glaub mir, jetzt ist es vorbei, ich werde dir helfen.«
Während er sprach, strich er ihr immer wieder über das Haar. Clarissa fragte sich nicht, ob sie ihm das erlauben durfte. Sie war ihm einfach nur dankbar. Von den Logen aus, die zu beiden Seiten der heiligen Theresa die Wände des Altarraums schmückten, blickten die in Stein gehauenen Stifter der Kapelle über die Brüstung auf sie herab, als wollten sie ihr zunicken.
»Meinst du, dass du mir helfen kannst? Wo soll ich denn hin?«
»Wir dürfen jetzt keinen Fehler machen.« Lorenzo fasste sie bei den Schultern und schaute sie fest an. »Hast du den Mut, noch ein paar Wochen im Palazzo Pamphili auszuhalten? Donna Olimpia darf während unserer Vorbereitungen keinen Verdacht schöpfen, ihr Arm reicht weit – auch über Rom hinaus. Wir müssen alles ganz genau planen.«
»Ich weiß nicht, wie lange ich die Kraft noch aufbringe.« Sie wischte sich mit der Hand über die Augen. »Aber ja, natürlich, ich werde es schon schaffen – in letzter Zeit ist es ja besser geworden. Seit Olimpia weiß, dass ich nicht nach England zurückkann, hat die Überwachung nachgelassen.«
»Du musst nicht mehr lange durchhalten, nur bis der Brunnen fertig ist. Eher kann ich nicht weg, es würde zu sehr auffallen. Aber sobald ich damit fertig bin, bringe ich dich fort, nach Paris. Ich schicke dir eine Kutsche, die dich abholt, hierher, vor diese Kirche, am besten wieder morgens nach dem Angelus, dann hast du einen Grund, das Haus zu verlassen. Kardinal Mazarin ist ein Bewunderer von mir, er wird dich an seinem Hof aufnehmen.«
Er hatte den Satz kaum zu Ende gesprochen, da hüstelte jemand hinter ihrem Rücken. Erschrocken ließen die zwei einander los und drehten sich um. Ein Mann stand hinter ihnen, Lorenzo schien über seinen Anblick genauso überrascht wie
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