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Die Principessa

Die Principessa

Titel: Die Principessa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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Finsternis sie füreinander bestimmt, damit sie gemeinsam durchs Leben gingen – diese Frau war die Principessa.
    Das Bedürfnis, sie zu beschützen, wallte in Francesco auf. Am liebsten hätte er sich über sie geworfen, so wie man sich über ein Kind wirft, das ein sich aufbäumendes Pferd zu zertrampeln droht. Er wollte sie am Arm ergreifen und wegzerren von der Seite dieses Mannes, der schon einmal das Leben einer Frau zerstört hatte. Doch als sich ihre Blicke für eine Sekunde begegneten, schlug die Principessa die Augen nieder und ging an ihm vorüber, als würden sie einander nicht kennen.
    Der Anblick schmerzte ihn wie eine offene Wunde, in die manSalz rieb. Wie oft hatte er in den letzten Wochen sich selber verflucht, seinen Hochmut und Stolz! War es ein Wunder, wenn die Principessa, die ihm doch immer wieder ihre Zuneigung bewiesen hatte, ihn nicht mehr sehen wollte? »Im Namen der heiligen Theresa.« Mit dieser beleidigenden, ganz und gar unsinnigen Bemerkung hatte er alles verdorben. Warum hatte er nicht geschwiegen? Anstatt glücklich zu sein, dass diese Frau Sympathie für ihn hegte, ja ihn sogar ihren Freund nannte, hatte er sie für sich allein haben und zwingen wollen, mit allen anderen Menschen zu brechen. Mit welchem Recht? Weil sie sich von Bernini hatte porträtieren lassen? War es denn ihre Schuld, dass er selbst nicht so virtuos mit Schlägel und Meißel umzugehen verstand wie sein Rivale? Ach, wie hasste er sich für die kleinen, gemeinen, bösen Worte, mit denen er ihr seine Liebe entgegengeschleudert hatte wie Spritzer aus einer Giftflasche. Alles hätte er lieber in Kauf genommen, jede noch so schwere Demütigung oder Verletzung, als sie zu verlieren. Denn dass er sie liebte, mehr als jeden anderen Menschen auf der Welt, mehr auch als sich selbst, daran konnte er längst nicht mehr zweifeln.
    »Was für eine Ungerechtigkeit!«, sagte Francescos erster Gehilfe und Neffe Bernardo Castelli, der aus der dunklen Kirche gekommen war, um mit ihm den Papst zu sehen. »Ich möchte wetten, in wenigen Minuten ist der Cavaliere wieder ein paar tausend Scudi reicher.«
    »Unsinn!«, erwiderte Francesco schroff, während er wie Bernardo Haupt und Knie vor Innozenz beugte, der in diesem Moment seine Sänfte verließ. »Bernini bekommt für den Bau des Brunnens dreitausend Scudi, dieselbe Summe, die ich für den Entwurf erhalten habe. Keinen Scudo mehr!«
    Dann wurde es so still auf der Piazza wie in einer Kirche. Alle Augen waren auf den Papst gerichtet, der mit langsamen Schritten und regungsloser Miene um den Brunnen herumging, die Hände auf dem Rücken verschränkt, um ihn von rechts und links, von vorne und hinten zu betrachten. Er sah dieses Gebirge aus Marmor und Granit an diesem Tag natürlich nicht zumersten Mal, der Palast seiner Familie lag ja direkt gegenüber, doch erst heute, an diesem Morgen, würde er sein Urteil über das Bauwerk verkünden. Wie würde es lauten?
    Endlich blieb Innozenz stehen und sagte, an Bernini gewandt, mit seiner knarrenden Stimme, laut und deutlich genug, dass Francesco jedes seiner Worte verstand: »Sehr schön, sehr schön, Cavaliere. Aber eigentlich sind wir gekommen, um eine Fontäne zu sehen, kein trockenes Bauwerk.«
    Im Gefolge des Papstes tauschte man betroffene Blicke. Ja, wo blieb nur das Wasser? Wo waren die Fluten, in denen die Flussgötter und Meerestiere baden sollten? Bernini, der eben noch über den Platz stolziert war wie ein Pfau, verzog das Gesicht, als hätte er in eine Zitrone gebissen, und stammelte ein paar wirre Sätze, in denen von wenig Genauem, dafür aber umso mehr von Geduld die Rede war – unwürdiges Eingeständnis seines Versagens.
    Francesco musste sich beherrschen, um nicht zu applaudieren. Vernichtender hätte der Tadel des Papstes nicht ausfallen können: Ein Brunnen, der kein Wasser führte! Was für eine Schmach! Offenbar hatte Bernini immer noch keine Lösung für die Zuleitung gefunden. Dabei war alles so einfach! Francesco hatte die Zeichnung mit der Konstruktion noch an diesem Morgen in den Händen gehabt, beim Aufräumen der Unordnung, die seine Nachbarin angerichtet hatte.
    Während Innozenz sich enttäuscht von dem Brunnen abwandte, um wieder Platz in seiner Sänfte zu nehmen, sah Francesco, wie Berninis Bruder Luigi aufgeregt mit Donna Olimpia sprach. Als könne das etwas helfen! Die Schwägerin des Papstes schien immerhin die Aussichtslosigkeit der Lage zu begreifen; sie wirkte noch blasser als sonst.
    »Das wird ihm

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