Die Prinzen von Amber (5 Romane in einem Band)
du.«
Ich nickte. »Ich weiß.«
»Was machen wir jetzt?«
Ich steckte Grayswandir in die Scheide zurück und wandte mich zur Tür.
»Wir sammeln die Scherben auf«, sagte ich. »Das, was ich seit jeher zu erstreben glaubte, dürfte nun leicht zu erringen sein – ich muß es mir nun sichern. Und ich darf nicht auf die Dinge warten, die auf Amber zukommen. Ich muß die Gefahr suchen und beseitigen, bevor sie Amber erreicht.«
»Weißt du, wo du sie suchen mußt?« wollte er wissen.
Wir bogen in den Tunnel ein.
»Ich glaube, sie lauert am anderen Ende der schwarzen Straße«, sagte ich.
Wir schritten durch die Höhle zur Treppe, an deren Fuß der tote Wächter lag, und bewegten uns in der Dunkelheit über ihm immer wieder im Kreise, stiegen die Spirale empor zum Tageslicht.
DRITTER ROMAN
Im Zeichen des Einhorns
1
Ich ignorierte den fragenden Blick des Pferdeknechts, als ich das unheimliche Bündel zu Boden senkte und das Tier in seine Obhut gab. Mein Umhang vermochte die Beschaffenheit des Gebildes nicht zu verhüllen, als ich es mir über die Schulter warf und auf den Hintereingang des Palasts zustapfte. Die Hölle würde bald ihren Tribut fordern.
Ich ging um das Übungsfeld herum und schlug mich zu dem Pfad durch, der zum Südteil des Palastgartens führte. Weniger Zeugen. Natürlich würde man mich entdecken, was hier aber nicht so unangenehm war wie auf der Vorderseite, wo immer Betrieb herrschte. Verdammt!
Und noch einmal: verdammt! Sorgen hatte ich meiner Ansicht nach wirklich genug. Doch wer viel hat, bekommt noch immer mehr hinzu. Eine geistige Form von Zins und Zinseszins, nehme ich an.
Am anderen Ende des Gartens, bei den Brunnen, lungerten ein paar Nichtstuer herum. Wächter bewegten sich durch die Büsche, die den Weg säumten. Die Männer sahen mich kommen, steckten kurz die Köpfe zusammen und wandten dann beflissen den Blick ab. Klug gehandelt.
Ich war noch keine ganze Woche wieder hier. Die meisten Probleme noch ungelöst. Der Hof von Amber voller Unruhe und Mißtrauen. Und jetzt das: ein Todesfall, der den kurzen, unglücklichen Anlauf Corwins I. – das bin ich – zur Herrschaft noch mehr gefährden konnte.
Ich mußte etwas in Gang bringen, das ich gleich hätte einleiten sollen. Aber schließlich war von Anfang an so unheimlich viel zu tun gewesen. Immerhin hatte ich nicht dagesessen und Däumchen gedreht. Ich hatte mir Prioritäten gesetzt und entsprechend gehandelt. Jetzt aber ...
Ich durchquerte den Garten und trat aus dem Schatten in das schräg einfallende Sonnenlicht hinaus, schritt auf die breite, geschwungene Treppe zu. Als ich den Palast betrat, salutierte ein Wächter. Ich nahm den hinteren Aufgang, stieg in die erste Etage hinauf, dann in die zweite.
Von rechts trat mein Bruder Random aus seinen Räumen.
»Corwin!« sagte er mit prüfendem Blick in mein Gesicht. »Was ist los? Ich habe dich vom Balkon aus gesehen, und ...«
»Hinein«, sagte ich und machte eine Bewegung mit den Augen. »Wir müssen uns unter vier Augen unterhalten, und zwar sofort.«
Er zögerte und starrte auf meine Last.
»Gehen wir zwei Türen weiter, ja?« sagte er. »Ich habe Vialle hier.«
»Gut.«
Er ging voraus und öffnete die Tür. Ich betrat das kleine Wohnzimmer, wählte eine passend erscheinende Stelle und ließ den Körper fallen.
Random starrte auf das Bündel.
»Was erwartest du von mir?« fragte er.
»Pack das gute Stück nur aus«, sagte ich. »Schau´s dir an.«
Er kniete nieder, öffnete den Mantel und schlug den Stoff zurück.
»Tot«, bemerkte er. »Wo liegt das Problem?«
»Du hast dir das Ding nicht richtig angeschaut«, sagte ich. »Zieh mal ein Augenlid hoch, öffne den Mund und sieh dir die Zähne an. Betaste die Spitzen auf den Handrücken. Zähle die Gelenke in den Fingern. Und dann berichte mir von dem Problem.«
Er kam meinen Wünschen nach. Als er die Hände erreichte, hielt er inne und nickte.
»Ja«, sagte er. »Ich erinnere mich.«
»Erinnere dich laut.«
»Vor langer Zeit, in Floras Haus ...«
»Ja, dort habe
ich
so ein Wesen zum erstenmal gesehen«, sagte ich. »Aber die Kerle waren hinter
dir
her. Bis heute weiß ich nicht, warum.«
»Das ist richtig«, bemerkte er. »Ich hatte nie Gelegenheit, dir davon zu erzählen. So lange sind wir seither nicht zusammen gewesen. Seltsam ... Woher kommt der Bursche?«
Ich zögerte, hin und her gerissen zwischen dem Wunsch, ihm seine Geschichte abzuringen und ihm meine zu erzählen. Schließlich gewann meine
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