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Die Prinzen von Amber

Titel: Die Prinzen von Amber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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sahen mir stumm zu. Gleich darauf kam der Kontakt.
    Gérard saß noch immer auf seinem Stuhl, die Klinge quer über die Knie gelegt. Er hatte seine Mahlzeit noch nicht beendet. Er schluckte, als er meine Gegenwart spürte, und fragte: »Ja, Corwin? Was willst du?«
    »Wie geht es Brand?«
    »Er schläft«, erwiderte er. »Sein Puls ist ein bißchen kräftiger geworden. Seine Atmung ist unverändert – regelmäßig. Es ist noch zu früh ...«
    »Ich weiß«, sagte ich. »Ich wollte mich nur erkundigen, ob du dich an eine bestimmte Sache erinnerst. Hattest du nach Dingen, die Vater gesagt oder getan hat, den Eindruck, daß sein Verschwinden irgendwie mit dem verstärkten Auftauchen von Schattenwesen in Amber zu tun hatte?«
    »Das«, sagte Julian, »nennt man eine Fangfrage.«
    Gérard wischte sich den Mund.
    »Eine Verbindung mag bestanden haben«, sagte er. »Er war irgendwie beunruhigt und mit den Gedanken ganz woanders. Und er sprach von den Wesen. Aber er hat niemals offen heraus gesagt, sie seien seine Hauptsorge – oder ob ihn vielleicht etwas ganz anderes beschäftigte.«
    »Zum Beispiel?« – Er schüttelte den Kopf.
    »Irgend etwas. Ich – ja ... ja, es gibt da etwas, das du wissen solltest; vielleicht nützt es etwas. Einige Zeit nach seinem Verschwinden wollte ich einen bestimmten Umstand feststellen; nämlich: ob ich tatsächlich die letzte Person war, die ihn vor seiner Abreise gesehen hat. Ich bin ziemlich sicher, daß ich es war. Ich hatte mich den ganzen Abend im Palast aufgehalten und machte Anstalten, an Bord meines Flaggschiffs zurückzukehren. Vater hatte sich etwa eine Stunde zuvor zurückgezogen, doch ich war noch im Wachzimmer geblieben und hatte mit Kapitän Thoben Dame gespielt. Da wir am folgenden Morgen auslaufen wollten, beschloß ich, ein Buch mitzunehmen. Ich ging also hier in die Bibliothek. Vater saß am Tisch.« Gérard machte eine Kopfbewegung. »Er blätterte in einigen alten Büchern und hatte sich noch nicht umgezogen. Er sagte: ›Du bist an der richtigen Stelle‹, und las weiter. Während ich die Regale absuchte, machte er eine Bemerkung darüber, daß er nicht schlafen könne. Ich fand ein Buch, wünschte ihm eine gute Nacht. Er sagte: ›Gute Fahrt‹, und ich ging.« Gérard senkte den Blick. »Ich bin überzeugt, daß er an jenem Abend das Juwel des Geschicks trug, daß ich es auf seiner Brust sah, so deutlich, wie ich dich jetzt vor mir habe. Ich bin ebenso überzeugt, daß er es früher am Abend nicht getragen hatte. Später war ich lange Zeit der Ansicht, er habe es mitgenommen, wohin immer er auch gegangen war. In seinen Räumen fand sich kein Hinweis darauf, daß er sich später noch umgezogen hatte. Ich sah den Stein erst wieder, als du und Bleys besiegt wurdet nach eurem Angriff auf Amber. Da trug Eric plötzlich das Juwel. Als ich ihn fragte, behauptete er, er habe das Schmuckstück in Vaters Gemächern gefunden. Da ich keine gegenteiligen Beweise hatte, mußte ich dies akzeptieren, aber zufrieden war ich damit nicht. Deine Frage – und die Tatsache, daß du den Stein jetzt trägst – hat die alten Erinnerungen wieder aufsteigen lassen. Ich dachte, du solltest darüber Bescheid wissen.«
    »Danke«, sagte ich. Zugleich fiel mir eine andere Frage ein, die ich im Augenblick aber lieber nicht stellen wollte. Für die Ohren der anderen beendete ich das Gespräch mit der Frage : »Du meinst also, er braucht noch mehr Decken? Oder sonst etwas?«
    Gérard prostete mir mit seinem Glas zu und trank.
    »Sehr gut. Mach nur so weiter«, sagte ich und schob die Hand über seine Karte.
    »Bruder Brand scheint es den Umständen entsprechend gut zu gehen«, sagte ich. »Und Gérard erinnert sich nicht daran, daß Vater etwas gesagt hätte, wonach die Schatten-Erscheinungen und seine Abreise in direktem Zusammenhang gestanden haben könnten. Wie wohl Brands Erinnerungen aussehen, wenn er wieder zu sich kommt ...«
    »Wenn
er wieder zu sich kommt«, sagte Julian.
    »Ich glaube schon, daß er es schafft«, sagte ich. »Wir alle haben schon ziemlich harte Nackenschläge einstecken müssen. Unsere Lebenskraft ist eines der wenigen Dinge, denen wir vertrauen können. Ich würde sagen, daß er morgen früh den Mund aufmacht.«
    »Was gedenkst du mit dem Schuldigen anzustellen«, fragte er, »wenn Brand den Namen nennt?«
    »Ihn verhören«, sagte ich.
    »Das würde ich gern übernehmen. Ich habe so langsam das Gefühl, daß du diesmal recht hast, Corwin, und daß die Person, die ihn

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