Die Prinzen von Amber
Überblick.« Was immer das bedeuten mochte.
»Oh.«
Und wir aßen unser Steak und leerten die Biergläser und warfen den Hunden die Reste vor.
Hinterher tranken wir Kaffee, und ich erlebte einen Anfall brüderlicher Gefühle, die ich aber unterdrückte. »Was ist mit den anderen?« fragte ich – und das konnte alles bedeuten, klang aber ungefährlich.
Einen Augenblick lang war ich besorgt, sie könnte mich fragen, was ich denn meinte. Statt dessen lehnte sie sich in ihrem Sessel zurück, blickte zur Decke empor und sagte: »Wie immer, hat man von keinem der Verschollenen gehört. Vielleicht war deine Methode die beste. Ich habe ja selbst Spaß daran. Aber wie könnte man je – die Pracht vergessen?«
Ich senkte den Blick, weil ich nicht sicher war, was ich hätte hineinlegen müssen. »Das kann man auch nicht«, sagte ich. »Niemals.«
Es folgte ein langes unbehagliches Schweigen. »Haßt du mich?« fragte sie schließlich.
»Natürlich nicht«, erwiderte ich. »Wie könnte ich das denn – wenn man es genau bedenkt?«
Diese Antwort schien sie zu freuen, und sie ließ ihre weißen Zähne blitzen.
»Gut, und vielen Dank«, sagte sie. »Was du auch sein magst, du bist auf jeden Fall ein Gentleman.«
Ich grinste und verbeugte mich.
»Du verdrehst mir noch den Kopf.«
»Sicher nicht«, meinte sie, »wenn man es genau bedenkt.«
Und mir war unbehaglich zumute.
Der Zorn loderte nach wie vor in mir, und ich fragte mich, ob sie wisse, gegen wen er sich richten müßte. Ich hatte das Gefühl, daß sie Bescheid wußte. Ich kämpfte mit dem Wunsch, sie geradeheraus danach zu fragen, unterdrückte die Anwandlung aber.
»Na, was gedenkst du zu tun?« fragte sie schließlich, und damit steckte ich in der Klemme.
»Natürlich vertraust du mir nicht ...«, erwiderte ich.
»Wie könnten wir das?«
Das
wir
mußte ich mir merken.
»Nun denn. Zunächst bin ich bereit, mich deiner Überwachung zu stellen. Ich würde gern hierbleiben, wo du mich im Auge behalten kannst.«
»Und hinterher?«
»Hinterher? Wir werden sehen.«
»Geschickt«, sagte sie, »sehr geschickt. Damit bringst du mich in eine unangenehme Lage.« (Ich hatte mich so entschlossen, weil ich nicht wußte, wo ich sonst unterkriechen sollte und das erpreßte Geld mich nicht lange über Wasser halten konnte.) »Natürlich darfst du bleiben. Aber ich möchte dich warnen ...«, bei diesen Worten betastete sie ein Gebilde an einer Halskette, das ich für eine Art Schmuckstück hielt –»dies ist eine Ultraschallpfeife. Blitz und Donner haben vier Brüder, die darauf getrimmt sind, Störenfriede anzugreifen, und sie reagieren auf meine Pfeife. Versuch also nicht irgendwohin zu gehen, wo du nicht erwünscht bist. Ein kleiner Pfiff, und auch du bist ihr Opfer. Diese Hunderasse ist der Grund, warum es in Irland keine Wölfe mehr gibt.«
»Ich weiß«, sagte ich und erkannte dabei, daß ich es tatsächlich wußte.
»Ja«, fuhr sie fort. »Es wird Eric gefallen, daß du mein Gast bist. Diese Tatsache müßte ihn dazu bringen, dich in Ruhe zu lassen – und darum geht es dir doch,
n´est-ce pas?
«
»Oui«,
erwiderte ich.
Eric!
Der Name sagte mir etwas! Ich hatte tatsächlich einen Eric gekannt, und diese Tatsache war einmal sehr wichtig gewesen. Allerdings nicht in letzter Zeit. Aber der Eric, den ich kannte, war noch immer da, und das war wichtig.
Warum?
Ich haßte ihn – das war einer der Gründe. Ich haßte ihn so sehr, daß ich mit dem Gedanken gespielt hatte, ihn umzubringen. Vielleicht hatte ich es sogar schon versucht.
Auch gab es eine Bindung zwischen uns, das wußte ich.
Waren wir verwandt?
Ja, das war´s! Keinem von uns gefiel es, daß wir – Brüder waren ... ich erinnerte mich,
erinnerte mich ...
!
Der große, starke Eric mit dem nassen Kräuselbart und seinen Augen – die Evelyns Augen ähnlich sahen!
Eine neue Woge der Erinnerung durchfuhr mich, während meine Schläfen zu schmerzen begannen und sich mein Nacken plötzlich heiß anfühlte.
Ich ließ mir im Gesicht nichts anmerken und zwang mich, an meiner Zigarette zu ziehen und nach meinem Bier zu greifen. Im nächsten Moment wurde mir bewußt, daß Evelyn wirklich meine Schwester war! Nur hieß sie nicht Evelyn. Ihr richtiger Name wollte mir nicht einfallen, sie hieß jedenfalls nicht Evelyn. Ich beschloß vorsichtig zu sein. Wenn ich sie anredete, wollte ich lieber gar keinen Namen benutzen, bis mir der richtige einfiel.
Und was war mit mir? Was ging hier eigentlich vor?
Ich
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