Die Prinzen Von Irland
Wort darüber zu verlieren.
Morann
holte tief Luft. »Ich denke nur, dass es überhaupt nicht seine Art ist – so
etwas Unbesonnenes zu tun. Es muss einen Grund dafür gegeben haben.«
»Der
Grund ist, dass er ein Narr ist und ein Rebell. Und dafür wird er sterben. Wenn
du meine Freundschaft wünschst, Morann Mac Goibnenn, dann sprich nicht mehr
davon.«
Die
Wachen schickten sich an, Harold aus dem Saal zu schleppen, der nach dem Schlag
mit dem Knüppel wieder das Bewusstsein verloren hatte. Morann holte noch einmal
tief Luft. »Wollt Ihr mich nicht zuerst mit ihm reden lassen? Vielleicht …«
»Schluss!«,
brüllte Brian. »Oder willst du vielleicht mit ihm in den Tod gehen?«
»Ihr
werdet mich nicht töten, Brian, Sohn des Kennedy.« Diese Worte kamen ihm, noch
bevor ihm Zeit blieb, zu bedenken, was er sagte, kalt und hart über die Lippen.
»Ich
werde dich nicht…?« Die Augen des Königs blitzten gefährlich.
»Nein«,
sagte Morann ruhig, »denn ich bin der beste Münz– und Silberschmied von Dyflin.«
Einen
Moment lang fragte sich Morann, ob er dahinter käme, dass dies nicht stimmte.
In der Halle herrschte eisiges Schweigen. Der König starrte vor sich zu Boden.
Offenbar ließ er sich die Sache durch den Kopf gehen. Nach einer langen Pause
brummte er: »Du hast sehr gute Nerven, Morann Mac Goibnenn.« Dann blickte er
auf und musterte ihn kalt: »Bilde dir auf meine Freundschaft nur ja nichts ein.
Meine Befehle sind zu befolgen.«
»Das
steht außer Zweifel«, sagte Morann und verneigte sich.
»Dann
stelle ich dich vor eine Wahl, Morann Mac Goibnenn. Dein Freund soll sein Leben
behalten und seiner Familie ins Sklavenhaus folgen; oder er soll sein Leben
verlieren, und ich schenke seiner Familie die Freiheit. Lass mich wissen, was
dir lieber ist, bevor ich mich heute Abend zu Tisch begebe.« Damit wandte er
sich um und ging. Morann hütete sich, auch nur ein weiteres Wort zu sagen. Dann
schleppten sie Harold aus dem Saal, und Morann folgte ihm betrübt.
Es
war eine grauenvolle Wahl, dachte Morann; ein kaltes, typisch keltisches
Dilemma, so raffiniert und grausam wie die Geschichten aus der alten Zeit.
Morann hatte nicht die geringsten Zweifel, wie sich sein Freund entscheiden
würde: für seine Familie die Freiheit und für sich den Tod. Sollte er also
diese Entscheidung für ihn treffen, falls Harold nicht bis zum Abend zu sich
käme? Oder sollte er sein Leben retten und sie alle gemeinsam in der Sklaverei
belassen? Diese Alternative schien ihm die bessere zu sein, sofern er sie
anschließend freikaufen konnte. Aber wenn der König ihm dies nicht gestattete
oder wenn man sie übers Meer zu Märkten in der Fremde verschiffen würde? Würde
Harold ihm dies jemals verzeihen?
Als
sie die Halle verließen, entfernte sich der Offizier, um seine Wunde zu
versorgen, während sie schweigend über den Hof zu einem kleinen Holzschuppen
geführt wurden. Morann hatte gehofft, dass sein Freund in der kalten Nachtluft
vielleicht wieder zu sich kam, aber er blieb ohne Bewusstsein. Man stieß sie in
den Schuppen, und eine Wache wurde vor der Tür postiert.
In
dem Raum brannte eine einzige Kerze und ein kleines Feuer. Morann setzte sich
ans Feuer. Harold lag auf dem Boden, seine Augen waren geschlossen. Die Zeit
verrann. Morann bat um etwas Wasser, und als man es ihm brachte, bespritzte er
damit Harolds Gesicht. Aber es tat keine Wirkung. Nach einer Weile stöhnte
Harold auf. Morann richtete seinen Kopf auf und versuchte ihm ein paar Schlucke
Wasser einzuflößen. Er meinte, wenigstens ein paar Tropfen seien ihm durch die
Kehle geronnen, und Harold stöhnte wieder auf; aber obwohl seine Augenlider
zuckten, kam er nicht zu sich.
Nach
vielleicht einer Stunde trat einer der Wachen ein und meldete, dass König Brian
seine Antwort erwarte. Morann entgegnete, sein Freund sei immer noch ohne
Bewusstsein.
»Du
hast trotzdem eine Antwort zu geben«, meinte der Mann.
»Großer
Gott, was soll ich denn sagen?«, schrie Morann auf. Er blickte auf Harold
herab. Er schien in einen tiefen, erquickenden Schlaf gesunken zu sein. Morann
hatte das Gefühl, dass er vielleicht zu sich käme, wenn er nur noch etwas
länger warten könnte. Er war sich immer noch nicht sicher, was er dem König von
Munster antworten würde. »Mir ist die Sache ein völliges Rätsel«, rief er
verzweifelt aus. »Warum hat er euren Mann überhaupt angegriffen?«
»Das
weiß ich nicht. Aber so viel kann ich dir sagen: Sigurd hat ihm nichts getan.
Los,
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