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Die Prinzen Von Irland

Die Prinzen Von Irland

Titel: Die Prinzen Von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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bedeutendste Hafen der Insel ist und dass wir mit Ländern jenseits
des Meeres Handel treiben.«
    »Und
trotzdem berechnen unsere einheimischen Häuptlinge noch heute ihren Reichtum
nach der Anzahl von Vieh.« Der König seufzte. »Es gibt drei Welten auf dieser
Insel, Morann. Zum einen gibt es das Innenland mit seinen Wäldern und Wiesen,
seinen Raths und Bauernhöfen, eine Welt, die bis in die Nebel der Vorzeit, bis
zu Niall der Neun Geiseln und Cuchulainn und der Göttin Eriu zurückreicht – die
Welt, aus der unsere Könige hervorgegangen sind. Zum anderen gibt es die Welt
der Kirche und der Klöster, die Welt Roms mit ihrer Gelehrtheit und ihrem
Reichtum an geschützten Orten. Das ist eine Welt, die unsere Könige zu achten
und zu lieben gelernt haben. Aber jetzt gibt es noch eine dritte Welt, Morann,
die Welt der Ostmänner mit ihren Häfen und ihrem Handel weit hinaus über die
Meere. Und wir haben es immer noch nicht gelernt, uns diese Welt zu Eigen zu
machen.« Er schüttelte den Kopf. »Der O’Neill–Hochkönig glaubt, er sei ein
mächtiger Bursche, weil er das Anrecht auf Tara besitzt und den Segen von Sankt
Patricks Kirche hat. Aber das eine sage ich dir: Solange er nicht die Macht
über die Flotten der Ostmänner besitzt und sich ebenfalls zum Herrn der Meere
macht, ist er nichts. Rein gar nichts.«
    »Ihr
denkt wie ein Ostmann«, bemerkte der Goldschmied.
    »Weil
ich sie genau beobachtet habe. Der Hochkönig besitzt ein Königtum, aber die
Ostmänner besitzen ein Weltreich, weit ausgedehnt über alle Meere. Der
Hochkönig besitzt eine Inselfestung, aber keine eigenen Schiffe, er ist stets
verwundbar. Der Hochkönig ist reich an Vieh, aber er ist auch arm, denn der
gesamte Handel befindet sich in der Hand der Ostmänner. Dein Vater hatte Recht,
Morann, dass er dich nach Dyflin gebracht hat.«
    Während
Morann sich die Tragweite dieser Worte durch den Kopf gehen ließ, betrachtete
er Brian mit neuen neugierigen Augen. Im war klar gewesen, dass der König von
Munster dadurch, dass er die südliche Hälfte der Insel eingenommen hatte,
zugleich auch alle bedeutenden Wikinger–Häfen unter seine Kontrolle gebracht
hatte. Er war sich ebenfalls bewusst gewesen, dass Brian auf mehr als einem
seiner Feldzüge den Shannon intensiv als Transportweg genutzt hatte. Aber was
Brian gerade gesagt hatte, ging über die Form von politischer Kontrolle, die
die Könige bisher ausgeübt hatten, weit hinaus. Wenn man den Hochkönig ohne die
Macht über die Wikinger–Flotten als ein »Nichts« bezeichnen konnte, dann war
dies die Bestätigung dafür, dass Brian, wie viele Leute vermuteten, tatsächlich
die Absicht hatte, sich früher oder später zum Hochkönig zu machen. Und noch
mehr als das: Es klang so, als habe er, sobald er sich zum Herrn der Insel
gemacht hatte, die Absicht, ein König von anderer Art zu sein. Dyflin schien
ihn mehr zu interessieren als Tara. Morann hatte den Verdacht, dass die
Ostmänner von Dyflin diese neue Art des Herrschers häufiger zu Gesicht bekommen
würden, als sie es gewohnt waren, und dass diese törichte Rebellion Brian
vermutlich genau den Vorwand geliefert hatte, nach dem er suchte, um an diesem
Ort seine Autorität durchzusetzen. Er blickte den König respektvoll an.
    »Die
Ostmänner von Dyflin sind nicht leicht zu regieren«, gab Morann zu bedenken.
»Sie sind die Freiheit der Meere gewöhnt.«
    »Das
weiß ich, Morann Mac Goibnenn«, erwiderte der König. »Deshalb werde ich Freunde
in Dyflin brauchen.« Bei diesen Worten musterte er den Goldschmied
durchtrieben.
    Das
war ein Angebot. Morann begriff es sofort. Er konnte sein Glück kaum fassen.
Nach seiner Verhaftung unten auf dem Quai hatte er keine Ahnung gehabt, worauf
er sich gefasst machen musste. Und nun bot ihm Brian Boru als Dank für seine
loyale Unterstützung Freundschaft an. Zweifellos würde er dafür auf eine
bestimmte Art bezahlen müssen, aber der Preis würde die Sache wert sein. Auch
musste er die Vision des Königs von Munster bewundern. So wie Brian über seine
gegenwärtige Position hinaus, nämlich bis zu dem Zeitpunkt blickte, wo er der
Herr über die ganze Insel sein würde, begann er sogar schon hier und jetzt,
nachdem er gerade die Opposition in Dyflin vernichtend geschlagen hatte, für
die Zukunft das Fundament zu einer friedlichen und freundlichen Herrschaft über
den Hafen anzulegen. Vielleicht, dachte Morann bei sich, hatte er sogar vor,
eines Tages hier seinen Herrschaftssitz zu errichten.
    Und
er

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