Die Prinzen Von Irland
waren diese
Stämme? Woher waren sie gekommen, diese Söhne des Mil, von denen die
sagenhaften Tuatha De Danann einst unter die Erde der Hügel verbannt wurden?
Goibniu wusste, dass die Stämme, die das Land erobert hatten, vor Jahrhunderten
von Osten aus dem benachbarten Britannien und von Norden her über das Meer
gekommen waren. Die Menschen der westlichen Insel waren Teil eines weit
ausgedehnten Flechtwerks von Stämmen, dessen Kultur und Sprache man als
keltisch bezeichnete, und das sich über große Gebiete von Nordwesteuropa
erstreckte. Mit ihren Schwertern aus Eisen, prächtigen Streitwagen und
herrlichen Metallarbeiten, ihren druidischen Priestern und Dichtern waren die
keltischen Stämme lange Zeit ebenso gefürchtet wie bewundert gewesen. Als sich
das römische Weltreich nordwärts und über den Kanal bis auf die britische Insel
ausdehnte, waren die wichtigsten Zentren jedes Stammesgebietes gewöhnlich zu einem militärischen
Zentrum oder Marktflecken der Römer geworden, und in entsprechender Weise
wurden auch die keltischen Götter des örtlichen Stammes in römische Gewänder
gekleidet. So hatte der keltische Gott Lugh, dessen Fest nun gefeiert wurde, in
Gallien der Stadt Lugdunum, aus der eines Tages Lyon werden sollte, seinen
Namen gegeben. Und die keltischen Stämme des jeweiligen Ortes waren allmählich
römisch geworden und verloren dabei sogar ihre ursprüngliche Sprache und
sprachen nun Latein.
Nur
in den äußeren Randgebieten war es anders. In den nördlichen und westlichen
Teilen von Britannien, die die Römer weitgehend unberührt ließen, hatten die
früheren Sprachen und Stammesgebräuche weitergelebt. Vor allem auf der
westlichen Nachbarinsel jenseits des Meeres, wohin die Römer kamen, um Handel
zu treiben, und nicht, um sie zu erobern, war die alte keltische Kultur mit all
ihrem Reichtum unversehrt geblieben. Die Römer waren sich nicht immer sicher,
wie sie diese verschiedenen Völkerschaften nennen sollten. Im nördlichen
Britannien, das die Römer Alba nannten, lebten die einstigen Stämme der Pikten.
Als Kolonisten von der westlichen keltischen Insel herübersegelten und sich in
Alba ansiedelten und die Pikten in das nördliche Hinterland der britischen
Insel zurückdrängten, nannten die Römer diese keltischen Siedler Scoti oder Schotten. Aber
die keltischen Stämme auf der westlichen Insel nahmen nicht diesen römischen
Namen an. Sobald sie zum ersten Mal den Fuß auf die Insel gesetzt und eine
gütige Göttin angetroffen hatten, wussten sie, wer sie waren.
* * *
Goibniu beobachtete
mit kühlem Blick, wie sich die vielen keltischen Stammesgruppen dem Festort
näherten. Gehörte er zu ihnen? Zu einem Teil gewiss. Aber so wie er bei jenen
sonderbaren uralten Grabhügeln oberhalb des Boyne ein unnennbares Gefühl der
Dazugehörigkeit verspürt hatte, konnte er sich nun auf diesen großen keltischen
Versammlungen nicht des Gefühls erwehren, hier fremd zu sein, als käme er von
einem anderen Stamm.
Er
ließ seinen Blick weiter über die Szenerie schweifen und unterteilte die
farbenfrohen Gruppen in verschiedene Kategorien: wichtig, unwichtig; nützlich,
uninteressant; ihm etwas schuldend oder einen Gunsterweis verdienend. Neben
einem großen Reisekarren erblickte er zwei prächtige junge Wettkämpfer mit
tätowierten Armen, dick wie Baumstämme – die beiden Söhne von Cas, Sohn des
Donn. Steinreich, mussten hofiert werden. Ein Stück weit entfernt standen zwei
Druiden und ein alter Barde. Der Alte, so wusste Goibniu, besaß eine
gefährliche Zunge, aber er hatte ein paar gute Klatschgerüchte auf Lager, um
einen bei Laune zu halten. Drüben zu seiner Linken sah er Fann, die Tochter des
mächtigen Häuptlings Ross: ein stolzes Weib. Goibniu wusste, dass sie mit einem
der Söhne von Cas geschlafen hatte, was ihr Gemahl nicht wusste. Man konnte nie
wissen, ob ihm dieses Wissen noch einmal nützlich sein konnte, um ein gutes
Geschäft abzuschließen. Und doch waren die meisten Leute, die Goibniu
entdeckte, während sein Auge die Menge absuchte, solche, die ihm etwas
schuldeten.
Der
aufgedunsene Dairmait: 9 Kühe, 3 Mäntel, 3 Paar Stiefel, 1 goldenen Torques.
Culann: 10 Goldstücke. Roth Mac Roth: 1 Goldstück. Art: 1 Schaf. Sie alle
hatten sich etwas von ihm geliehen, sie alle standen in seiner Macht.
Wunderbar. Dann erblickte er Fergus, den baumlangen Kerl aus Dubh Linn, der ihm
den Preis von zwanzig Kühen schuldete. Bildhübsches Mädchen, das er da bei sich
hat: muss seine
Weitere Kostenlose Bücher