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Die Prinzen Von Irland

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Titel: Die Prinzen Von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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Tochter sein. Interessante Sache. Er trat auf sie zu.
    * * *
    Auch Deirdre hatte
ihren Blick über die Menschenmassen schweifen lassen. Immer noch kamen die
Clans und septs aus allen Teilen von Leinster
herbeigeströmt. Wahrhaftig ein beeindruckender Anblick. Unterdessen hatte sich
ein sonderbarer Wortwechsel zwischen ihrem Vater, der neben ihr stand, und
einem Händler entsponnen. Es ging dabei um den prächtigen goldenen Torques des
Häuptlings.
    Auf
der Insel war es üblich, dass man, wenn man seinen Schmuck als Pfand für eine
Anleihe hergegeben hatte, die Möglichkeit erhielt, sich diesen zu den großen
Festen wieder auszuborgen, damit man nicht ehrlos dastand. Sollte Fergus sich
geschämt haben, während der Kaufmann ihm seinen prächtigen goldenen Halsring
aushändigte, so ließ er es sich jedenfalls nicht anmerken. Er nahm das Erbstück
so feierlich entgegen, als würden sie ein wichtiges Ritual ausführen. Er hatte
es sich gerade wieder um den Hals gelegt, als Goibniu zu ihnen trat.
    »Alles
Gute sei mit Euch, Fergus, Sohn des Fergus. Der Torques Eurer edlen Vorfahren
kleidet Euch prächtig.«
    Fergus
musterte ihn vorsichtig. Er hatte nicht damit gerechnet, dass sich auch der
einäugige Schmied nach Carmun begeben würde.
    »Was
wünschst du, Goibniu?«, fragte er ihn mit einer gewissen Schärfe.
    »Das
ist leicht zu sagen«, meinte Goibniu in freundlichem Ton. »Ich wollte Euch nur
an Euer Versprechen erinnern, das Ihr mir vor dem letzten Winter gegeben habt –
im Wert von zwanzig Kühen.«
    Deirdre
warf einen besorgten Blick auf ihren Vater. Von dieser Schuld wusste sie
nichts.
    »Das
ist wahr«, räumte Fergus ein. »Die schulde ich dir.« Doch dann sagte er leiser:
»Aber im Moment trifft mich das ein wenig hart, besonders jetzt, während der
Festzeit.«
    Tatsächlich
gab es nämlich einen weiteren menschenfreundlichen Brauch, demzufolge Goibniu
seine Schulden während des Festes nicht einfordern durfte. »Ihr wollt die Sache
also erst ins Reine bringen, wenn das Fest vorüber ist«, sagte der Schmied.
    »So
ist es«, sagte Fergus.
    Während
dieses Zwiegesprächs hatte Deirdre ihren Vater weiter aufmerksam beobachtet.
Verbarg er nur seinen Zorn? War dies die Ruhe vor dem Sturm? Goibniu war ein
Mann, der viele einflussreiche Freunde besaß. Vielleicht war es dies, was ihren
Vater im Zaum hielt.
    Goibniu
nickte bedächtig. Dann blieb sein Blick auf Deirdre haften.
    »Ihr
habt ja eine bildschöne Tochter, Fergus«, meinte er. »Und diese wundervollen
Augen! Werdet Ihr sie auf dem Fest als Braut anbieten?«
    »Ja,
das habe ich im Sinn«, bestätigte Fergus.
    »Der
Mann, der sie erringt, darf sich wahrhaft glücklich schätzen«, fuhr der Schmied
fort. »Macht ihrer Schönheit oder Euerm edlen Namen nur ja keine Unehre, indem
Ihr Euch mit weniger als dem höchsten Brautpreis zufrieden gebt.« Er hielt
einen Moment inne. »Ich wünschte, ich wäre ein Barde«, sagte er und beehrte
Deirdre dabei mit einem freundlichen Lächeln, »und könnte ein Gedicht auf ihre
Schönheit singen.«
    »Das
würdet Ihr für mich tun?«, fragte sie mit einem Lachen.
    »Aber
gewiss!« Und dabei blickte Goibnius Auge unverwandt Fergus an.
    Deirdre
konnte sehen, dass es in ihrem Vater gärte und arbeitete: Erbot sich Goibniu
etwa an, einen reichen Bräutigam für sie zu finden? Sie wusste, dass der
einäugige Schmied weit mehr Einfluss als ihr Vater hatte. Welchen Bräutigam
Fergus auch erwägen mochte, Goibniu war sicher in der Lage, einen besseren zu
finden.
    »Lasst
uns ein Stück gehen«, sagte ihr Vater in einem neuen milden Ton; und Deirdre
sah den beiden Männern nach, wie sie sich entfernten.
    Ihre
Erleichterung darüber, dass ihr Vater einen Streit vermieden hatte, verflog
angesichts dieser neuen Entwicklung. Ginge es nur nach ihrem Vater, so hätte
sie wenigstens die Gewissheit, bis zu einem bestimmten Punkt Herrin der Lage zu
bleiben. Er mochte vielleicht brüllen und toben, aber im Grunde konnte er sie
nicht zwingen, gegen ihren Willen zu heiraten. Nahm aber Goibniu – der
Vertraute des Königs, des Freund der Druiden – ihr Schicksal in die Hand, wer
konnte dann wissen, was er in der Tiefe seines Hirns ausbrüten würde? Gegen den
Einäugigen hatte sie keine Chance. Sie blickte nach ihren Brüdern, die gerade
einen Streitwagen bestaunten.
    »Habt
ihr gehört, was passiert ist?«, rief sie. Die beiden schüttelten die Köpfe und
blickten gelangweilt herüber.
    »Was
Interessantes?«, fragten sie.
    »Nein«,
entgegnete

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