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Die Prinzen Von Irland

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Titel: Die Prinzen Von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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dieses ungestümen Abenteurers und seiner ausländischen Freunde
Einhalt zu gebieten.
    An der Gefühlslage
der Dubliner gab es auch keinen Zweifel. Drei Tage zuvor hatte MacGowan
beobachtet, dass der König von Dublin und einige der bedeutendsten Kaufleute dem
Hochkönig, der an die Liffey kam, entgegenritten, um ihn zu empfangen. Es hieß,
sogar der Erzbischof wäre empört über Diarmait, obwohl die beiden verschwägert
waren. Der O’Connor–König hatte ein großes Heer mitgebracht; und rasch trafen
sie die Absprache, die Dubliner sollten sich auf die Verteidigung ihrer Stadt
vorbereiten, während der Hochkönig eine Tagesreise nach Süden machen und auf
der Liffey–Ebene den Anmarsch blockieren würde. Einen Tag später hörte
MacGowan, dass O’Connor nicht nur die Straße belagerte, sondern Befehl gegeben
habe, Bäume zu fällen, um jeden Weg in der Region unpassierbar zu machen.
Dublin rüstete sich, doch die einhellige Meinung war klar: König Diarmait würde
ihnen selbst mit Strongbow und all seinen Männern kein Problem bereiten. »Sie
werden es nicht schaffen.«
    Kevin MacGowan
arbeitete außer an den kältesten Wintertagen, wenn er sich ins Haus
zurückziehen musste, immer in einem offenen Schuppen im Hof. So konnte er bei
Tageslicht sehen, was er tat. Um warm zu bleiben, hatte er
eine kleine Kohlenpfanne zu seinen Füßen. Seine Frau und Una spannen in einer
Ecke am Ofen Wolle.
    Ein Kaufmann kam
herein, um über eine Silberbrosche für seine Frau zu sprechen. Kevin fragte
ihn, ob alles ruhig sei in der Stadt, und die Antwort war ja. Nach einer Weile
verabschiedete sich der Mann, und Kevin setzte seine Arbeit schweigend fort.
Dann unterbrach er sie.
    »Una.«
    »Ja, Vater.«
    »Geh zur südlichen
Stadtmauer ans Haupttor. Und sag’ mir, ob du etwas siehst.«
    »Könnte nicht einer
der Jungen gehen? Ich helfe Mutter.«
    »Mir wäre lieber,
dass du gehst.« Er vertraute ihr mehr als den Jungen.
    Sie schaute zu ihrer
Mutter, die lächelte sie an und nickte.
    »Wie du wünschst,
Vater«, sagte sie. Sie legte sich einen safrangelben Schal um den Kopf, der sie
vor der Kälte schützen sollte, und ging hinaus auf die Straße.
    Sie war froh, zu
Hause zu sein. Vielleicht hatte sie zu viel Zeit mit den Kranken im Hospiz
verbracht, denn sie hatte den Eindruck, ihr Vater fühle sich in letzter Zeit
nicht vollkommen gesund. Normalerweise hätte sie an diesem Tag fleißig im
Hospiz gearbeitet, doch Fionnuala hatte sich einverstanden erklärt, ihre
Aufgaben mit zu übernehmen. Sie hatte den Eindruck, Fionnuala doch noch davon
überzeugt zu haben, eine verantwortlichere Haltung zum Leben einzunehmen; und
darauf war sie mächtig stolz.
    Auf ihrem Weg
begegnete ihr nichts Ungewöhnliches. Die Leute gingen ihrer Arbeit nach. Sie
lief an einem mit Holz beladenen Karren vorbei und hatte gerade die
Sachsenkirche erreicht, als sie von der nahen Königshalle Hufgetrappel hörte und
ein Dutzend Reiter auf sie zukamen. Vorneweg ritt der König. Sie sah, dass
keiner der Männer zu Pferde für denKampf gekleidet war,
auch wenn ein oder zwei eine Wikinger–Streitaxt trugen, die unterdessen in
weiten Teilen Irlands eine bevorzugte Waffe geworden war. Der König sowie die anderen
Reiter hatten nur einen Dolch im Gürtel stecken.
    Als sie sich an den
Holzzaun lehnte, um die Reiter passieren zu lassen, lächelte der König zu ihr
hinab. Er war ein stattlicher, freundlich aussehender Mann, und er wirkte nicht
im Geringsten beunruhigt.
    Als sie auf die
Stadtmauer stieg, war sie ganz allein. Trotz des grauen Himmels war es ein
heller Tag. Hinter den Feldern und Obstgärten im Süden zeichneten sich die
gerundeten Buckel der Wicklow–Berge so deutlich ab, dass sie zum Greifen nahe
schienen. Sie war ein wenig überrascht, keine Späher auf der Stadtmauer
postiert zu sehen. Das Tor neben ihr stand offen. Links in der Ferne sah sie
ein Schiff, das in die Flussmündung hineinschwenkte. Im Hafen war es in letzter
Zeit besonders geschäftig zugegangen. Alles schien normal zu sein.
    Kevin saß bei der
Arbeit, als sie heimkam. Kurz zuvor hatte er gemeint, er müsste husten, und war
ins Haus gegangen; doch nun war es vorüber. Er lächelte, als Una zurückkam und
ihm berichtete, alles sei ruhig.
    Am späten Vormittag
ließ der Silberschmied das Stück, an dem er arbeitete, sinken und lauschte. Er
sagte kein Wort, saß nur ganz still da. Stimmte etwas nicht? Nichts, auf das er
den Finger legen konnte. Hörte er etwas Ungewöhnliches? Nein. Doch

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