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Die Prinzen Von Irland

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Titel: Die Prinzen Von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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mir schuldest
du sehr wohl etwas«, sagte sie ruhig.
    Die beiden starrten
sich an, und Gilpatrick war verwirrt. Er konnte sich nicht vorstellen, warum
der Ritter seiner Schwester etwas schulden sollte.
    »Du hast nun ein
großes Vermögen, Waliser«, sagte sie verbittert. »Das war nicht immer so.«
    »Es ist üblich, für
zwanzig Jahre Militärdienst belohnt zu werden«, unterstrich er.
    »Dein englischer
König hat dich belohnt. Aber mir Närrin verdankst du, dass man auf dich
aufmerksam wurde, als ich dir Dublin gab.«
    »Du hast mir dich
gegeben, aber nicht Dublin.«
    »Du hast mich
verraten«, sagte sie traurig. »Du hast mich verletzt, Waliser.«
    Er nickte bedächtig.
Jedes Wort stimmte. Er sah, wie Gilpatrick vor Verblüffung der Mund offen stand.
    »Was willst du,
Fionnuala?«, fragte Peter schließlich.
    »Mein Bruder hat noch
zwei Töchter, für die er Ehemänner finden muss. Lass ihn auf seinem Gut
bleiben, bis sie verheiratet sind.«
    »Das ist alles?«
    »Was könnte da sonst
noch sein?«
    Könnte sie sich vorstellen,
schoss es ihm durch den Kopf, mit mir verheiratet zu sein? Oder hasst sie mich
nur noch? Er würde es nie erfahren.
    »Er muss seinen
Lehenszins bezahlen«, sagte er.
    »Das wird er.«
    Vor seinen geistigen
Augen passierten die zukünftigen Schwierigkeiten, die ihm sein Lehensmann
bereiten würde. Es würden Jahre voller missmutiger Blicke und Neid werden. Vielleicht
könnte Fionnuala ihren Bruder bändigen, vielleicht auch nicht. Eines Tages,
daran gab es keinen Zweifel, würde er ihren Bruder aus dem Land seiner
Vorfahren werfen. Doch er nahm an, er könnte diesen Lorcan so lange ertragen,
bis jene letzten beiden Töchter mit einer angemessenen Aussteuer zu ihren
Ehemännern gezogen wären.
    »Du erbittest nichts
für dich«, bemerkte er. »Suchen denn deine eigenen Töchter nicht auch gute
Ehemänner? Englische Ritter vielleicht?« Denn wenn sie nach dir geraten, dachte
er, wäre es nicht unmöglich.
    Sie antwortete mit einem Lachen. »Meine Kinder? Ich habe
sieben, Waliser, die mit den O’Byrnes frei in den Bergen herumtollen. Sie
wollen keine englischen Ritter heiraten. Aber gib Acht, sie könnten eines Tages
von den Bergen herunterkommen und ihr Land wieder in Besitz nehmen.«

VII
DER ÜBERFALL
     

~ 1370 ~
    Der Falke breitete seine Schwingen aus und
wollte in die Lüfte steigen; doch Walshs handschuhgeschützte Hand hielt den
Vogel fest. Sein kräftiger, gebogener Schnabel hackte ihm in die Hand, doch
John Walsh lachte nur. Er liebte den leidenschaftlichen, freien Geist des
Falken. Ein passender Begleiter für einen französischen oder englischen Lord.
Auch seine Augen waren ein wahres Phänomen: Auf tausend Schritt konnten sie
eine Maus ausmachen.
    Walsh schaute von
seiner Burgmauer hinaus ins Land. Wie die meisten seiner Familie hatte er ein
Gesicht mit kräftigen, soldatischen Zügen. Seine blauen Augen sahen scharf. Das
war auch nötig, hier im Grenzland. Und sie blinzelten, als sie nun eine
Bewegung in der Ferne wahrnahmen. Eigentlich nichts Ungewöhnliches. Aber in
diesem Randgebiet war alles möglich.
    Carrickmines Castle hieß
dieser Ort wegen der vielen Felsen. Doch seinen wahren Charakter gewann er
durch die Wicklow–Berge, die sich genau vor der kleinen Burg erhoben. Eine
sechs Meilen lange Straße führte von der Burg nordwärts bis nach Dublin.
    Was sich dort
bewegte, war ein junges Mädchen. Als er sie das letzte Mal gesehen hatte,
fehlten kurz darauf einige Kühe.
    * * *
    Das Gebiet um Dublin war ein riesiges
Flickwerk aus Ländereien. Der bei weitem größte Landbesitzer war die Kirche. Der
Erzbischof von Dublin besaß zahlreiche riesige Flächen.Sein
großes Gut Shankill lag genau südlich von Walshs Burg; südlich von Dublin
befand sich sein noch größeres Gut Saint Sepulchre, das die alten Ländereien
von Rathmines einschloss. Fast alle Ordenshäuser Dublins – und von denen gab es
mittlerweile viele – hatten ihre reichen Ländereien in der Gegend: die
Ordensbrüder der Christ Church, die Nonnen von der heiligen Maria, die
Ordensritter des heiligen Johannes; das Hospiz von Ailred dem Palmer hatte zwei
hübsche Besitzungen; sogar das kleine Leprahaus des heiligen Stephan besaß
nicht weit von den Walshs entfernt reiches Ackerland, das unter dem Namen
Leopardstown bekannt war. Einige diese kirchlichen Ländereien wurden direkt von
kirchlichen Grundherren bewirtschaftet; die meisten waren jedoch an
Lehensmänner verpachtet. Das übrige Territorium hatten

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