Die Prinzen Von Irland
der Nonnen ein englischer Ehrenmann.
Und
heute bereiteten Ehrenmänner wie er in der Dubliner Christ–Church–Kathedrale
den Einmarsch in das englische Königreich vor.
»Sieh
doch, Vater.« Die Tore der Kathedrale öffneten sich. Waffenmänner traten heraus
und drängten die Menge zurück. Ein breiter Durchgang wurde frei gemacht. Gestalten
in glitzernden Roben erschienen auf der Schwelle. Ihr Vater hob Margaret hoch,
so dass sie die drei Bischöfe sah, deren Häupter mit Mitren gekrönt waren,
ihnen folgten die Äbte und Prioren. Es folgten in ihren rot–blau–goldenen
Amtstrachten der Bürgermeister und die Ratsherren der Stadt; hinter ihnen der
Erzbischof von Dublin und der »Lord Deputy«, der königliche Stellvertreter Graf
von Kildare, Kopf des mächtigen Fitzgerald–Clans und der mächtigste Mann von
ganz Irland. Dann erschienen der »Lord Chancellor«, der Lordkanzler und der
Schatzmeister, gefolgt von den höchsten Staatsbeamten und Adeligen. Und dann
kam der Junge.
Er
war nur ein kleiner Kerl, kaum älter als sie. Als Krone trug er einen Goldreif,
der eigentlich der Strahlenkranz über der Statue der Heiligen Jungfrau war, auf
dem Kopf. Und damit jedermann diesen neuen königlichen Knaben sehen konnte, hatte
man einen Ehrenmann aus Fingal, einen gewissen Darcy, ausgewählt, einen Riesen
von einem Mann mit einer Größevon sechseinhalb Fuß, und ihm
den königlichen Jungen auf die Schultern gesetzt. Die Nachhut dieser Prozession
bildeten zweitausend Landsknechte, deutsche Söldner, welche die Herzogin von
Burgund aus den Niederlanden entsandt hatte. Sie trugen Furcht erregende Piken
und marschierten zu Querpfeifen– und Trommelmusik.
Der
Junge, Edmund Graf von Warwick, war nämlich eben zum König von England gekrönt
worden und machte sich nun daran, sein rechtmäßiges Königreich einzufordern.
Doch was war geschehen, dass er in Dublin gekrönt wurde?
Eine
Generation zuvor, als das Königshaus York dem Hause Lancaster überlegen war,
hatte einer der Prinzen von York viele Jahre lang Irland regiert und, was
ungewöhnlich war für einen Engländer, sich sehr beliebt gemacht. Seitdem hatte
es in weiten Teilen der irischen Bevölkerung und vor allem in Dublin eine
Loyalität für die Yorks gegeben. Doch nun war das Haus York besiegt worden.
Heinrich Tudor, der gemäß dem Recht des Eroberers die Krone innehatte, hatte seine
Forderung nach der Königswürde damit begründet, dass seine Vorfahren, obwohl
sie nur eine emporgekommene Adelsfamilie aus Wales waren, in das Haus Lancaster
eingeheiratet hatten. Diese Begründung für den Anspruch auf die Thronfolge war
recht wackelig; und obwohl der neue Tudor–König zur Stärkung seiner königlichen
Position klugerweise eine Prinzessin aus dem Hause York geheiratet hatte,
konnte er nicht unbesorgt gut schlafen für den Fall, dass andere, legitime
Plantagenet–Erben auftauchen sollten.
Und
vor einigen Monaten war plötzlich ein Erbe erschienen, der weit mehr
Berechtigung auf den Thron hatte als Heinrich Tudor. Es war Edmund, Graf von
Warwick, ein königlicher Prinz aus dem Hause York. Der Junge, der unter der
Obhut eines Priesters stand, hatte Bestürzung am Tudor–Hof ausgelöst. König
Heinrich hatte ihn auf der Stelle einen Hochstapler genannt. Er erklärte: »Sein
richtiger Name istLambert Simnel.« Er sei der Sohn eines
Oxforder Orgelbauers, und der sei tot. Heinrich präsentierte einen anderen
Jungen, den er im Londoner Tower gefangen hielt, und verkündete, dies sei der
wahre Edmund von Warwick. Das Problem war, dass zwei Verwandte von Edmund aus
dem Hause Plantagenet – eine war die Herzogin von Burgund, eine York–Prinzessin
–, die mit beiden Jungen Gespräche geführt hatten, zu dem Schluss gelangten,
der Junge in der Obhut des Priesters sei der richtige Edmund und der andere,
den Heinrich vorgestellt hatte, ein Schwindler. Um die Sicherheit des Jungen zu
gewährleisten, hatte der Priester ihn nach Irland gebracht. Und heute war er
gekrönt worden.
Der
Zug hatte sich gerade auf der Straße in Bewegung gesetzt, als ein junger Mann
sich zu Margaret und ihrem Vater gesellte. Der Vater fragte ihn freundlich:
»Nun, John, hast du dich entschieden?«
Wie
Margaret hatte ihr ältester Bruder John das rote Haar der Familie seiner Mutter
geerbt, die eine Harold war. Während Margarets Schopf dunkel–, ja fast
kastanienrot war, hatte John hellrotes Haar, das wie eine karottenrote Flamme seinen
Kopf einrahmte. Der zwanzig Jahre alte, große und
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