Die Prinzen Von Irland
Pardon. Auf dem Schlachtfeld war ein Graben, der seit
jenem Tag »Red Gutter«, Rote Rinne, genannt wird, und der, wie es hieß, am Ende
des Vormittags mit Blut gefüllt war. Denn die Engländer hackten beinahe alle
Deutschen und Iren in Stücke.
Zum
Glück wusste Margaret nur, dass ihr Bruder gefallen war.
Doch
Heinrich Tudor war nicht nur unbarmherzig; er war auch geschickt. Den jungen
Edmund, den er lebend gefangen hatte, tötete er nicht und warf ihn auch nicht
ins Gefängnis. Heinrich beharrte weiterhin darauf, er wäre nur ein Prätendent
namens Lambert Simnel. Er befahl ihm, in der königlichen Küche zu arbeiten, aus
der er ihn manchmal fröhlich herbeirufen ließ, damit er bei Festen Gäste
bediente. Während Heinrichs Regierungszeit und in den folgenden Jahrhunderten
glaubte kaum noch jemand, dass der Junge der königliche Prinz war, der er
wahrscheinlich tatsächlich war.
Margaret
Rivers in Dublin aber spürte nur einen dumpfen Schmerz. Obwohl sie mit dem
Stolz, Engländerin zu sein, aufgewachsen war, kam ihr der vage Gedanke, England
sei ein feindliches und bedrohliches Land. Wie war es nur möglich, fragte sie
sich, wenn es doch einen Gott im Himmel gab, dass der englische König ihr auf
diese Weise den Bruder hatte nehmen können. Als sie jedoch etwas älter war und
über die Ereignisse, die zu seinem Tode geführt hatten, nachsann, stellte sie
eine neue, scharfsinnigere Frage.
»Wie
kommt es, Vater, dass John getötet wurde und die Fitzgeralds ungestraft
davongekommen sind?« Diese Frage traf den Kern der politischen Situation
Irlands.
Als
der Junge nämlich in Dublin zum König gekrönt wurde, hatte Kildare Oberhaupt
der Fitzgeralds und als »Lord Deputy« König Heinrich Tudors Stellvertreter und
Gouverneur der Insel, persönlich den Hochverrat angeführt.
Die Butlers auf der anderen Seite waren loyal geblieben. Heinrich hatte Kildare
verziehen, während die Butlers nicht einmal eine richtige Belohnung für ihre
Mühen erhalten hatten.
»Die
Fitzgeralds besitzen die größten Territorien. Sie sind mit so vielen
Adelsfamilien und auch mit den bedeutendsten irischen Fürsten durch Heirat
verwandt, dass sie mehr Männer und Begünstigungen fordern können als jeder
andere Clan«, erklärte ihr der Vater. »Zudem liegt das Gebiet der Butlers,
deren Macht auch riesig ist, zwischen zwei Grafschaften der Fitzgeralds –
Kildare an ihrer nördlichen Grenze und Desmond im Süden. Wenn die Fitzgeralds
wollten, könnten sie die Butlers zerquetschen. Daher, Margaret, ist von den beiden
großen englischen Lordschaften Fitzgerald derjenige, der regiert. Und wenn der
englische König versuchte, sie beide zu ignorieren, und seinen eigenen
Regierungsmann aussendete, würden sie ihm bald das Leben so schwer machen, dass
er aufgeben müsste.«
Und
in ihren restlichen Kinderjahren erlebte Margaret genau dieses politische
Muster. Selbst als Heinrich seinen zuverlässigen Abgeordneten Poynings schickte
– der dem irischen Parlament frei heraus sagte, es könne keine Gesetze mehr
ohne die Zustimmung König Heinrichs erlassen, und der sogar Kildare verhaftete,
der dann nach London gebracht wurde –, machten ihm die Fitzgeralds das Regieren
so schwer, dass auch er nach kurzer Zeit aufgab. Wieder in England sagte
Poynings: »Ganz Irland kann nicht Kildare und seine Fitzgeralds regieren.«
Heinrich VII. bemerkte daraufhin realistisch: »Wenn ganz Irland nicht Kildare
regieren kann, dann sollte besser Kildare Irland regieren.« Und er setzte das
Oberhaupt der Fitzgeralds wieder als seinen »Lord Deputy« ein.
»Kildare
herrscht über Irland, Margaret«, sagte ihr Vater, »und so wird es immer sein.«
Margaret
war dreizehn, als sie erfuhr, dass ihr Vater betrogen worden war. Es geschah
eher zufällig.
Ihr
Vater war zu Hause in Oxmantown gewesen, als ein Nachbar vorbeikam und fragte,
ob er auf der anderen Flussseite dem Kampf zuschauen wolle, »den sich die
Butlers und die Fitzgeralds bei Sankt Patrick liefern würden«?
»Ja,
ich gehe mit«, sagte ihr Vater. Und er wäre sicherlich ohne Margaret gegangen,
hätte sie ihn nicht so dringend gebeten, sie mitzunehmen. »Sollte sich auch nur
die geringste Gefahr ergeben«, ermahnte er sie streng, »gehst du schnurstracks
nach Hause.«
Vor
der Sankt–Patrick–Kathedrale hatte sich schon eine größere Menschenmenge
angesammelt. Sie waren alle heiter gestimmt, und Rivers erfuhr, der Kampf sei
schon vorüber und die rivalisierenden Gruppen, die sich in der Kathedrale
Weitere Kostenlose Bücher