Die Prinzen Von Irland
befanden,
hätten einem Waffenstillstand zugestimmt.
»Es
gibt nur ein Problem«, erklärte Rivers’ Nachbar. »Die Männer der Butlers stehen
auf der einen Seite einer großen Tür und die der Fitzgeralds auf der anderen;
doch die Tür ist verschlossen, und niemand hat den Schlüssel. Und bevor sie sich
nicht die Hände geschüttelt haben, wird sich niemand von ihnen von der Stelle
rühren, weil sie einander nicht trauen.«
»Wollen
sie denn für immer dort ausharren?«, fragte der Vater.
»Nein,
keineswegs. Sie wollen ein Loch in die Tür sägen. Und die ist sehr dick. Es
wird also ein wenig dauern.«
Genau
in diesem Augenblick sah Margaret das kleine Mädchen.
Es
stand mit seiner Mutter ganz in der Nähe und mochte etwa fünf Jahre alt sein.
Es trug ein helles, gemustertes Kleid; seine Augen waren dunkel, die
olivbraunen Gesichtszüge fein geschnitten und zart. Es war die hübscheste
kleine Person, die Margaret je gesehen hatte. Ein Blick auf die Mutter, einekleine, elegante mediterrane Frau, erklärte das Aussehen des Kindes.
Sie musste Spanierin sein.
»Vater«,
rief sie. »Darf ich mit ihr spielen?«
Menschen
mit spanischen Gesichtszügen traf man in Irland natürlich selten an. Die Leute
nannten sie die »Black Irish«, die dunklen Iren. Eine Legende besagte, dass
einige der frühesten Bewohner der Insel von der iberischen Halbinsel gekommen wären.
Jedenfalls hatten die Handelsbeziehungen zwischen spanischen und irischen
Hafenstädten zu einigen Mischehen geführt. Und dann waren da noch die
regelmäßigen Besuche der großen spanischen Fischfangflotten, die seit
Generationen an der Südküste der Insel reiche Fänge machten und vor allem vor
den Ländereien der O’Sullivans und der O’Driscolls unten in West Cork
festmachten. Schiffe dieser Flotten legten oft in den Buchten an, um ihren Fang
in Salz einzulegen, und zahlten den Gutsbesitzern O’Sullivan und O’Driscoll
eine Abgabe für dieses Privileg. Manchmal fand ein Seemann eine irische Liebste,
ließ sich dort nieder oder hinterließ ein Kind.
Die
spanisch aussehende Mutter hatte nichts dagegen, dass ihre kleine Tochter sich
mit Margaret vergnügte. Joan, so hieß die Kleine, wandte die Augen nicht von
dem älteren, rothaarigen Mädchen ab und war offensichtlich von ihr fasziniert.
Dann rief der Vater Margaret zu sich zurück, weil es an der Zeit war,
heimzukehren. Er lächelte der spanischen Frau und ihrer Tochter freundlich zu
und wollte sich gerade umdrehen, als ein Hochruf der Menge ankündigte, dass
sich in der Kathedrale etwas tat.
Die
etwa zwanzig Männer der Fitzgeralds traten als Erste heraus und schritten auf
das Stadttor zu. Kurz darauf erschienen die Butlers, die überwiegend in
Richtung des Sankt–Stephen–Hospizes davoneilten; einer von ihnen jedoch bahnte sich
in unmittelbarer Nähe der Rivers einen Weg durch die Menge. Es war ein gut
aussehender, kräftig gebauter Mann mit schütterem braunem Haar und dem breiten
Gesicht einesEngländers; als das kleine spanische Mädchen
ihn plötzlich sah, rief es: »Papa« und warf sich in seine Arme. Margaret lächelte
über diese rührende Wiedersehensszene. Zu ihrem Erstaunen jedoch verfinsterten
sich die Blicke ihres eigenen Vaters bedrohlich.
»Wir
gehen«, sagte er abrupt, nahm Margaret beim Arm und zerrte sie fast weg.
»Was
ist denn los?«, fragte sie. »Ist das Joans Vater?«
»Ich
hätte nie gedacht, dass sie seine Tochter ist«, murmelte er.
»Wer
ist er, Vater?«
»Henry
Butler«, antwortete er, und der Zorn in seiner Stimme warnte sie, ihm keine
weitere Frage zu stellen.
Erst
als sie die Brücke über den Fluss erreichten, brach er sein Schweigen.
»Vor
vielen Jahren, Margaret, fiel ein recht beträchtliches Erbe zwei Cousinen in
der Familie meiner Mutter zu. Meine Mutter wurde um ihren rechtmäßigen Erbteil
betrogen. Mit der stillschweigenden Duldung von Ormond ging alles an die Mutter
dieses Mannes, den du eben gesehen hast. Sein Name ist Henry Butler. Er stammt
von einem niedrigen Zweig der Familie Butler ab, gehört aber noch zu den
entfernten Verwandten des Grafen. Und er lebt von den Früchten dieses schönen
Besitzes, der eigentlich mir zusteht. Daher verletzt und ärgert es mich, wenn
ich ihn sehe.« Er schwieg einen Augenblick. »Ich habe dir nie davon erzählt,
weil ich nicht gerne darüber spreche.«
Ein
Erbstreit: Margaret hatte schon häufig von solchen Fällen gehört.
»Weiß
Henry Butler, dass er dein Erbe
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