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Die Prinzen Von Irland

Die Prinzen Von Irland

Titel: Die Prinzen Von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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ihm reichlich Auskunft über
ihre Familie und Verwandtschaft in Fingal geben, so dass er feststellte, dass
sie mit einigen Leuten, die er kannte, verwandt war.
    »Vielleicht
sind ja auch wir verwandt«, sagte er.
    »Oh
nein. Wir sind nicht so vornehm. Und was mich betrifft, so sagen mir meine
Eltern immer wieder, dass mein einziger Vorzug mein Haar sei.«
    »Ich
bin sicher, Ihr habt noch andere.« Und während er ihr Haar mit derselben
Aufmerksamkeit betrachtete wie zuvor die Kräuter, bemerkte er nachdenklich: »Es
ist wirklich sehr schön. Einfach wunderbar.« Unwillkürlich hob er seine Hand,als wolle er ihr durchs Haar streichen, doch dann zügelte er sich
und lachte. Sie fragte sich, wohin dieses Gespräch noch geführt hätte, wäre
nicht in diesem Augenblick ihr Vater wieder am Tor aufgetaucht und auf sie
zugetreten. Er war allein. Offenbar hatte er den Mann, den er suchte, nicht
gefunden.
    Es
freute sie zu sehen, wie höflich Talbot ihren Vater begrüßte. Als er dem jungen
Mann einige kluge Fragen zu seinem Englandaufenthalt stellte, antwortete dieser
mit größtem Vergnügen. Zwischen den beiden Männern hatte sich gerade ein
interessantes Gespräch entsponnen, als eine vornehme Dame auf sie zutrat. Sie
trug ein Kleid aus weiß–goldenem Damast, das bei jedem ihrer Schritte über den
Weg raschelte.
    »Ach,
Mutter«, sagte Edward Talbot. Und er wollte ihr gerade Margaret vorstellen, als
sich die Dame an Margarets Vater wandte und ihn kühl fragte: »Ist das Eure
Tochter?«
    Lady
Talbot war groß und wirkte sehr energisch. Ihre grauen Augen schienen aus
großer Höhe auf die Welt herabzublicken.
    »Ja,
Mylady. Das ist Margaret.«
    Lady
Talbot betrachtete sie auf dieselbe nüchterne Art und Weise, wie sie ein
Möbelstück angesehen hätte.
    »Ihr
habt sehr schönes Haar.« Es klang beinahe so, als wolle sie sagen: sonst keine
weiteren Vorzüge. Dann wandte sich Lady Talbot an ihren Sohn. »Dein Vater sucht
dich, Edward. Du solltest dich den Gästen vom Dublin Castle widmen.«
    Edward
Talbot verneigte sich leicht vor ihrem Vater, warf Margaret ein Lächeln zu und
entfernte sich. Lady Talbot jedoch rührte sich nicht von der Stelle. Sie
wartete, bis Edward den Garten verlassen hatte, drehte sich dann wieder zu
Margarets Vater und sprach mit größter Kälte zu ihm, als wäre sie gar nicht da.
    »Wie
viele Eurer Verwandten habt Ihr gebraucht, um eine Einladung für den heutigen
Tag zu erhalten?«
    »Ich
glaube, Mylady, einige meiner Verwandten sind Euch bekannt.«
    »Ihr
kamt her, um Eure Tochter in dieser Welt zur Geltung zu bringen.«
    »Ich
bin ihr Vater, Mylady. Was sonst sollte ein Vater tun?«
    »Ich
habe eingewilligt, dass Ihr eingeladen werdet, obwohl Ihr von Rechts wegen
nicht hier sein solltet. Ich habe eingewilligt, dass Eure Tochter und ihr Haar
hier gesehen werden.« Sie hielt inne. »Aber ich habe nicht eingewilligt, dass Ihr
herkommt, damit Eure Tochter versucht, sich bei meinem Sohn einzuschmeicheln.
Ihr habt mein Vertrauen missbraucht.«
    Dieser
Vorwurf war so erschütternd, dass einen Moment lang weder Vater noch Tochter
etwas sagten, bis Margaret herausplatzte: »Ich habe kein Wort mit Eurem Sohn
gesprochen, bevor er auf mich zukam.«
    Die
steingrauen Augen nahmen sie wieder ins Visier.
    »Das
mag richtig sein«, räumte die Dame ein. Sie wandte sich wieder an Margarets
Vater. »Aber vielleicht wisst Ihr mehr als Eure Tochter.«
    Margaret
sah ihren Vater an. Hatte er womöglich dieses Zusammentreffen arrangiert? War
er nicht weggegangen, um einen älteren Freier zu suchen, sondern um Edward
Talbot zu ihr zu schicken? Angesichts Lady Talbots frostiger Anklage war
Margaret sehr froh, dass er nicht errötete oder aufbrauste, sondern ganz
gelassen blieb.
    »Ich
habe meine Tochter nicht hergebracht, damit wir beleidigt werden«, entgegnete
er ruhig.
    »Dann
bringt sie nie wieder hierher«, antwortete Lady Talhot scharf. Und zu Margaret
gewandt: »Sucht Euch einen Kaufmann in Dublin, Fräulein Rotschopf. Ihr gehört
nicht in die Burg von Malahide.« Und damit rauschte sie davon.
    Auf
dem Rückweg verspürten weder Margaret noch ihr Vater große Lust zu reden. Die
Abendsonne warf noch immerlange Schatten auf die Ebene
der Vogelscharen, während ihr Wagen durch die grüne leere Landschaft rollte.
Obgleich Margaret sich fragte, ob Lady Talbots Anklage wahr sein könnte, wollte
sie ihren Vater nicht danach fragen. Schließlich war er es, der das Schweigen
brach.
    »Es
liegt nicht an unserer Familie,

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