Die Prinzen Von Irland
zuteil, als sie es in ihren Träumen je für möglich gehalten
hätte. Und da sie eine warmherzige und liebevolle Seele war und wusste, was es
bedeutete, großen Schmerz zu erleiden, legte sie Wert darauf, niemandem Leid zuzufügen.
Immer machte sie kleine Gefälligkeiten; und es amüsierte ihren reichen,
genialen Ehemann, dass kaum eine Woche verging, ohne dass sie mit einem neuen
Plan zu ihm kam, wie sie jemandem, der in Schwierigkeiten steckte, helfen
könnte.
»Das
muss dein spanisches Blut sein, das dich so warmherzig macht«, sagte er dann
und lachte. Da sie selbst keinerlei Arglist kannte, konnte sie sie sich auch
nicht bei anderen vorstellen. Auch dies liebte ihr Mann: Es gab ihm das Gefühl,
ihr Beschützer zu sein.
Joan
bemerkte Margaret, als sie noch ein Dutzend Yards entfernt war. Sie drehte sich
nicht sofort zu ihr um, weil die Frau neben ihr sie gerade in ein Gespräch
verwickelt hatte; doch auch aus den Augenwinkeln konnte sie deutlich erkennen,
wer es war. Denn es konnte unmöglich zwei Frauen in der Dubliner Gegend mit so
wundervollem dunkelrotem Haar Sehen. Nicht einmal eine Spur von Grau war darin,
auch wenn sie schätzte, dass die Frau etwas älter sein musste als sie. Joans Haar
hatte ein paar graue Strähnen, die sie geschickt kaschierte und sie hatte
tatsächlich wehmütig amüsiert gelächelt beidem Gedanken,
dass diese Rothaarige ganz eindeutig solche Kunstgriffe nicht nötig hatte.
Margaret hatte diesen Gesichtsausdruck als ein verächtliches Grinsen gedeutet.
Margarets
Urteil über Joan Doyle beruhte nämlich auf einem Missverständnis. Joan wusste
überhaupt nichts von den Auseinandersetzungen zwischen ihren beiden Familien. Der
Erbstreit lag so weit zurück, dass Henry Butler es nicht für nötig gehalten
hatte, seiner Tochter davon zu erzählen. Somit hatte Joan heute keinerlei
Vorstellung, wer Margaret war.
Und
es war verhängnisvoll, dass die Frau neben Joan zufällig, als Margaret in
Hörweite kam, über einen Erbstreit in Dublin sprach, der noch nicht lange
zurücklag. Sie hatte gerade erzählt, die unterlegene Familie sei sehr
verbittert.
»Mein
Mann sagt, der richtige Zeitpunkt, ein Erbe zu sichern, sei bevor jemand stirbt
und nicht danach«, hatte Joan darauf entgegnet. »Er ist ein schrecklicher
Mann«, fuhr sie lachend fort. »Wisst Ihr, was er sagt?« Und nun sprach sie, um
die Stimme des Ratsherrn nachzumachen, lauter. »Die Enterbten haben es ganz
allein sich selbst zuzuschreiben.«
Diese
letzten Worte hatte Margaret aufgeschnappt, als Joan lachte und sich zu ihr
umdrehte.
Da
Menschen meistens nur hören, was sie zu hören erwarten, hatte Margaret keinen
Zweifel: Diese reiche kleine Dubliner Frau, deren Familie ihrem armen Vater das
Erbe gestohlen hatte, machte sich vor all diesen Frauen über sie lustig und
beleidigte sie öffentlich. Nun gut, dachte sie, soll sie mir ihren Spott ins
Gesicht sagen.
»Sagt
mir«, mischte sie sich ruhig ins Gespräch ein, »wie würdet Ihr Euch denn
fühlen, wenn Ihr enterbt würdet?« Und sie
schaute sie kalt und unnachgiebig an.
Joan
Doyle reagierte nicht auf diesen Blick, obwohl sie Margaret ansah.
Sie fand es ziemlich rüde von dieser Fremden, sich so einzumischen, und dachte,
dass diese Frau füreinen derart festlichen Anlass ein
ziemlich langes Gesicht machte. Doch es entsprach nicht Joans Wesen zu
kritisieren. Und es stand wirklich außer Frage, dachte sie, dass die streng dreinschauende
Frau wundervolles Haar hatte.
»Ich
weiß es nicht«, antwortete sie schlicht. Und dann setzte sie lachend hinzu, um
die offenbar dunkle Stimmung der anderen mit einem fröhlichen Kompliment
aufzuheitern: »Hätte ich Euer Haar, könnte ich es sicherlich ertragen.« Kaum
hatte sie diese Worte ausgesprochen, wurde sie von einer anderen Frau
abgelenkt, die sie darauf aufmerksam machte, dass die Reiter nun auf der Brücke
seien und ihr Mann ihr zuwinke. Als sie sich wieder umdrehte, war die rothaarige
Frau verschwunden. Sie fragte ihre Begleiterinnen, wer sie gewesen sei, doch
niemand wusste es.
Wenn es etwas gab,
worauf die Engländer im Pale stolz waren, dann war es ihre römisch–katholische
Religion. Zwar waren die irischen Einheimischen auch Katholiken, doch außerhalb
des Pale, im großen irischen Hinterland, wusste jeder, wie
freisinnig dieser Glaube gepflegt wurde. Scheidungen waren erlaubt, Priester
heirateten, Klöster wurden von örtlichen Oberhäuptern geleitet – kurzum, die
irische Kirche tolerierte noch immer all die
Weitere Kostenlose Bücher