Die Prinzen Von Irland
immer gut zu
Vater Donal gewesen. Anders als viele Priester in kleineren Gemeinden war er
ein Mann mit Bildung und hatte sogar etwas von einem Poeten. Und er hatte die
heiligen Weihen empfangen: Er war in der Lage, die Sakramente zu spenden. Doch
wie viele Priester in den ärmeren irischen Gemeinden war auch er gezwungen, für
seinen Lebensunterhalt zu arbeiten. Ab und zu fuhr er mit den Fischern von
Dalkey oder von einem anderen Hafen aus hinaus aufs Meer, um etwas Geld
nebenbei zu verdienen. »Der heilige Petrus war auch Fischer«, brummte er. Und
wie viele Priester der irischen Kirche hatte er eine Frau und mehrere Kinder.
Darum erschien es Sean nicht gerechtfertigt, dass der Priester ihm gegenüber nun
am Eingang seines eigenen Hauses diesen strengen moralischen Ton anschlug.
»Seid
Ihr bereit, Eure Unschuld zu beschwören?« Vater Donal durchbohrte ihn mit
seinem Blick von unterhalb seiner eisernen Braue.
»Ja,
ich bin bereit«, sagte er, ohne rot zu werden. »Ich schwöre es bei der Heiligen
Jungfrau.«
»Euer
Mann hat geschworen«, erklärte der Priester Eva O’Byrne. »Seid Ihr damit
zufrieden?«
Doch
sie hatte ihr Gesicht abgewendet.
*
* *
Im Rückblick machte
Eva die Ehe auf Probe für die Schwierigkeiten verantwortlich, die sie heute mit
ihrem Mann hatte. Außerhalb des englischen Pale war es nicht ungewöhnlich, dass Paare eine
Zeit lang zusammenlebten, ehe sie offiziell eine Ehe eingingen. Ihr Vater hatte
es damals nicht gern gesehen, doch Eva war sehr dickköpfig gewesen; also war
sie mit Sean zusammengezogen. Und es waren die glücklichsten und aufregendsten
Monate ihres Lebens gewesen. Hätte ich doch nur mehr auf seinen Charakter und
weniger auf die Freuden unseres Liebeslebens geachtet, dachte sie jetzt. Aber
wie hättesie auch damals anders empfinden können
angesichts seines athletischen Körpers und seiner geschickten Zärtlichkeiten? Selbst
heute nach all den Jahren war er noch immer eine prächtige Erscheinung. Sie
begehrte ihn noch immer.
Wann
hatte er angefangen, anderen Frauen hinterherzulaufen? Als ihr erstes Kind
geboren wurde. Sie wusste, dass dies nichts Ungewöhnliches war. Ein Mann hatte
seine Bedürfnisse. Dennoch hatte seine Untreue sie damals zutiefst verletzt.
War es ihr Fehler, dass er seit der Zeit immer wieder andere Frauen verführte?
Eine Weile hatte Eva diese Möglichkeit in Betracht gezogen, doch im Laufe der
Jahre nicht mehr. Sie hatte sehr auf ihre äußere Erscheinung geachtet. Sie war
noch immer eine anziehende Frau, auch für ihren Mann. Und vor allem war sie ihm
eine gute Ehefrau. Es war Eva, die dafür sorgte, dass die Ernte eingebracht
wurde, während er mit dem Vieh über die Bergkämme zog, und es war sie, die ein wachsames
Auge auf die Pächter und die anderen Abhängigen auf dem Hof hatte. Darum
ärgerte es sie ganz besonders, dass er ein Verhältnis mit Brennans Frau
angefangen hatte. »Wie kannst du so dumm sein?«, hatte sie ihn wütend
angefahren. »Du hast einen guten Pächter, und dir fällt nichts Besseres ein,
als Unsinn mit seiner Frau zu treiben.«
Eva
hatte geglaubt, ihr Mann könnte Skrupel haben, einen Priester anzulügen. Zumal
auch noch ein Mönch zugegen war. Denn sie wusste, dass ihr Mann seine Religion
achtete. Sie hatte gesehen, wie Sean reisenden Mönchen Geld zusteckte, wenn er
glaubte, sie sähe es nicht. Und dafür hatte sie ihn geliebt. Und dennoch hatte
er jetzt wieder gelogen. Er hatte ebenso beiläufig einen heiligen Eid
geschworen, wie er die junge Frau verführt hatte. Wahrscheinlich war es ein
Fehler gewesen, Vater Donal für diese Aufgabe gewählt zu haben. Sean kannte
diesen Priester zu gut. Der Mönch, den Vater Donal mitgebracht hatte, war auf
dem Weg, einem Einsiedler, der drüben in Glendalough lebte, einen Besuch
abzustatten. Ihr Mann lud ihn nun ein, ins Haus zu treten.
Natürlich sollte der gute Mönch ein Essen bekommen. Sie holte tief Luft und
schickte sich an, ihrer Pflicht nachzukommen. Doch sogar nach dieser Niederlage
gelobte sie heimlich, dass sie noch nicht fertig sei mit Sean O’Byrne.
* * *
Als Cecily Baker am
selben Morgen durch das Dame’s Gate ging, ergriffen zwei Männer ihre Arme und
zerrten sie mit sich; der dritte marschierte mit zufriedener Miene vorweg. Das
alles geschah so schnell und unvermutet, dass sie nur einen kleinen Schrei
ausstoßen konnte. Kaum hatte sie begriffen, was die Männer taten, marschierten
sie schon mit ihr triumphierend den Hang hinauf.
»Ihr
könnt mich nicht
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