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Die Prinzen Von Irland

Die Prinzen Von Irland

Titel: Die Prinzen Von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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erzählen, die der König hatte
hinrichten lassen. »Diese Tudors sind doch wirklich genauso skrupellos, wie die
Plantagenets es schon immer waren, vielleicht sogar noch skrupelloser.« Als
Margaret diese Worte vernahm, erinnerte sie sichunwillkürlich
an ihre Kindheit, als die irischen Edelmänner so töricht in England
einmarschierten, wo Heinrich Tudor sie vernichtete. Und plötzlich erschien ihr
zum ersten Mal seit Jahren das jungenhafte Gesicht ihres Bruders John – dieses
glückliche, aufgeregte Gesicht, bevor er seinem Tod entgegenzog –, und sie
fühlte, wie eine Welle der Traurigkeit sie überschwemmte.
    Dann
hörte sie Doyles Frau sprechen.
    »Mein
Mann ist sehr vorsichtig«, sagte sie. »Vor allem mit den Engländern. Er meint« –
und nun kam es Margaret so vor, als schaue Joan Doyle zur Seite, um
sicherzugehen, dass man ihr zuhörte –, »er meint, wenn die Leute
Schwierigkeiten mit den Tudors bekommen, dann haben sie es ganz allein sich
selbst zuzuschreiben.«
    Genau
dieselben Worte, die sie damals über das Erben gesagt hatte. Konnte diese Frau
wirklich so gemein, so niederträchtig sein, dass sie eine grausame Anspielung
auf den Verlust ihres Bruders machte? Margaret sah die beiden Männer an. Keiner
von beiden schien etwas gemerkt zu haben. War denn dies nicht genau die List,
die diese dunkle kleine Frau damals angewandt hatte? Auch jetzt lächelte sie
so, als könnte sie kein Wässerchen trüben, und dann wandte sie sich an
Margaret.
    »Ihr
habt wirklich wundervolles Haar.«
    »Danke.«
Margaret erwiderte das Lächeln. Ich durchschaue dich, dachte sie, doch dieses
Mal bist du zu weit gegangen. Wenn Doyles Frau Krieg wollte, konnte sie ihn
haben.
    Als
sie und ihr Mann wenige Minuten später weggingen, murmelte Margaret: »Ich hasse
diese Frau.«
    »Wirklich?
Warum denn?«, fragte Walsh.
    »Ich
habe meine Gründe.«
    »Sie
ist hübsch«, bemerkte er unklug.
     
     
    3
~ 1525 ~
      S ean O’Byrnes Gesicht
blieb ganz unbewegt. Ein feuchter Märzwind zerzauste sein Haar. Er schaute
hinauf zum blassblauen Himmel und sah dann in ihre anklagenden Gesichter: Wie
überlegen sie sich fühlten.
    Doch
die Anklage war nun mal richtig. Er hatte mit der Frau geschlafen. Aber das
konnten sie unmöglich wissen. Das war es, was ihn so ärgerte. Sie klagten ihn
aufgrund von Verdachtsmomenten und seines Rufs an. Und dies machte es in seinen
Augen ungerecht. In Sean O’Byrnes verdrehter Wahrnehmung war dies ein größerer
Fehltritt als sein eigener.
    Nicht
dass er seiner Frau wirklich Schuld geben konnte. Er hatte ihr in all den
Jahren weiß Gott genügend Gründe geliefert, sich zu beklagen. Und dem Mönch sollte
er nicht grollen, da der Mönch ein guter und frommer Mann war, der, bisher
zumindest, noch kein Wort gesprochen hatte. Doch mit dem Priester war es eine
andere Sache. In einem kleinen Ort wie diesem mussten die Leute Zusammenhalten.
    Sean
O’Byrne vergaß nie, dass er fürstliches Blut in sich hatte. Vor vier
Generationen hatte sein Vorfahre, der jüngere Sohn des Stammesoberhaupts der
O’Byrnes, begehrtes Land an der Ostseite der Wicklow–Berge bekommen. Ein
Großteil dieses Erbes war mittlerweile weg; das ihm verbleibende Landstück hieß
Rathconan; und Sean, den man den O’Byrne von Rathconan nannte, liebte es.
    Er
liebte den kleinen, rechteckigen Steinturm – vier Stockwerke
hoch, ein Zimmer pro Stock –, der einst der befestigte Mittelpunkt im
Herrschaftsgebiet seiner hier ansässigen Familie war und nun in Wahrheit nichts
anderes mehr als ein bescheidener Hof. Er liebte die Grasbüschel, die überall
aus seinem zerfallenden Mauerwerk sprossen. Er liebte es, von seinem Dach über
die weite grüne Ebene bis zur Küste zu schauen. Er liebte die dicht gedrängten
Hofgebäude, wo seine unordentlichen Kinder gerade spielten, und die kleine
Steinkapelle, wo Pater Donal die Sakramente spendete. Er liebte seine wenigen
Felder, den kleinen Obstgarten und das Weideland, wo er im Winter sein Vieh,
das seine Hauptbeschäftigung ausmachte, hielt; und über alles liebte er die
weiten Berge, wo er im Sommer seine Herden hinauftrieb und Tag für Tag frei wie
ein Vogel herumwandern konnte.
    Seine
Töchter waren kräftig gewachsen und entwickelten sich zu Schönheiten. Die
Älteste war dunkelhaarig, ihre jüngere Schwester blond. Beide hatten die blauen
Augen ihrer Mutter. Für die Dunkelhaarige waren ihm schon einige Angebote
gemacht worden. »Du wirst ihr wohl kaum mehr als eine symbolische Mitgift

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