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Die Prinzen Von Irland

Die Prinzen Von Irland

Titel: Die Prinzen Von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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der Abenddämmerung hatte sie zu ihm
gesagt: »Mein Alter hockt wie festgeleimt bei mir. Wart nur noch eine Weile.«
Später in der Nacht war sie wiedergekommen und hatte ihm zugeflüstert: »Wart
auf mich im Morgendämmer da drüben bei dem Dornbusch.« Dann hatte er die Frau
nicht mehr zu Gesicht bekommen – bis vor wenigen Augenblicken, als er sie im
Arm eines hünenhaften Kerls beobachtete, der ganz gewiss nicht jener Landmann
aus Leinster war. Zu diesem Zeitpunkt war es bereits zu spät gewesen, um noch
einen Fang zu machen. Wer eine Gespielin suchte, hatte sie längst gefunden.
Einmal hatte sich zwar ein Mädchen an ihn herangemacht, aber es war so reizlos
gewesen, dass es seinen Stolz verletzte. Goibniu war todmüde und frustriert.
Ein anderer an seiner Stelle hätte sich jetzt einfach einen Rausch angetrunken.
Aber das lag ihm nicht. Außerdem hatte er gerade etwas gesehen, was ihn an
seine eigentliche Aufgabe hier erinnerte.
    Es
war jener große Kerl aus Dubh Linn. Der mit der Tochter, die er verkauft hatte.
Und doch war von dem Mädchen nichts zu sehen. Goibniu trat zu ihm.
    Was
war es nur, was den gerissenen Schmied an Fergus so argwöhnisch machte? Schon
aufgrund der übertrieben freundlichen Art, mit der Fergus ihm, als Goibniu sich
erkundigte, ob Deirdre da sei, geantwortet hatte: »Aber natürlich! Aber
natürlich!«, war dem Schmied klar geworden, dass etwas faul war. Seine Miene
verfinsterte sich.
    »Also
werde ich sie gleich mitnehmen.«
    »Aber
natürlich, das kannst du. Daran besteht kein Zweifel.«
    Es
kam nicht häufig vor, dass der gerissene Schmied sich von seiner Laune
übermannen ließ, aber die Erfahrung, die er vergangene Nacht gemacht hatte,
beeinträchtigte sein Urteilsvermögen. In einem jähen Zornesausbruch, in dem
seine Verachtung nicht zu verkennen war, platzte er heraus: »Haltet Ihr mich
für einen Narren? Sie ist doch überhaupt nicht hier.«
    Diese
unverblümte Verachtung verletzte Fergus. Er richtete sich zu seiner vollen
Größe auf und blickte hasserfüllt auf Goibniu herab. »Bist du etwa hergekommen,
um mich zu beleidigen?«
    »Nichts«,
entgegnete der Schmied, »schert mich so wenig wie die Frage, ob ich Euch
beleidigt habe oder nicht.«
    Und
nun, als sein Gesicht blutrot anlief, wäre es jedem, der ihn kannte, sonnenklar
gewesen, dass Fergus, der Sohn des Fergus, tatsächlich sehr zornig wurde.
    * * *
    Deirdre wusste, dass
sie gut aussah. Sie konnte es an den neugierigen Blicken ablesen, die ihr die
anderen Mädchen zuwarfen, die in wallenden Kleidern durch das Gras zum Eingang
der Festhalle strömten. Und warum, so fragte sie sich, sollte ich auch nicht
bezaubernd aussehen? Waren meine Vorfahren nicht ebenso wohlgeboren wie die der
andren Frauen hier? Sie fühlte sich geradeso wie eine Prinzessin.
    Allerdings
war sie furchtbar verlegen geworden, als Finbarr ihren Vater aufgesucht hatte.
Was die beiden von ihr erwarteten, kam für sie einer Demütigung gleich. »Ich
kann nicht«, hatte sie geschrien. Denn wie würde es aussehen, wenn sie
auftauchte, wo sie nicht hätte auftauchen sollen, und sich Conall aufdrängte,
so dass es alle sehen konnten? Aber die Männer hatten sie dazu gezwungen, und
nachdem es einmal so weit gekommen war, hatte sie einen Entschluss gefasst: Sie
würde den jungen Prinzen gar nicht beachten. Er durfte ruhig von ihr Notiz nehmen,
wenn es ihm beliebte. Sie würde sich hoch erhobenen Hauptes bewegen und die
anderen Männer sehen lassen, was für eine Prinzessin sie war. Hatte sie nicht
bereits einen Gemahl, der auf sie wartete? Mit diesen Gedanken trat sie in die
Festhalle.
    Es
roch nach Bier und Met, nach geschmortem Obst und fett gebratenem
Ochsenfleisch. In der Mitte der Halle stand ein riesiger Kessel, randvoll mit
hellem Bier, auf den Tischen daneben waren kleinere Krüge voll Met. Ringsum an
den Wänden reihten sich die Tische, an denen die Gesellschaft saß. Rote und
blaue, grüne und goldene Töne – das prächtige Gewand und der strahlende Schmuck
der Häuptlinge und ihrer Gemahlinnen verliehen der Halle einen leuchtenden
Glanz. Alles unterhielt sich und lachte aus vollen Kehlen, und doch waren die
sanften Klänge der drei Harfenisten noch herauszuhören.
    Sowie
sie eintrat, fühlte sie die Blicke der Männer auf sich gerichtet, aber es
bekümmerte sie nicht. Mit grazilen Bewegungen verrichtete sie ihre Arbeit,
schenkte wie befohlen mit einem höflichen Wort oder freundlichen Lächeln Bier
und Met ein, gab sich abgesehen davon aber kaum

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