Die Prinzen Von Irland
Goibniu.
»Der
Grund des Streits?«
»Ich
hatte eine Meinungsverschiedenheit mit diesem Mann.«
»Worüber?«
»Dass
seine Tochter nicht hier ist. Sie ist einem Mann in Ulster versprochen, und ich
habe sie dorthin zu führen. Außerdem« – er blickte Fergus voller Verachtung an
– »hat mich der Kerl geschlagen.«
Dann
wandte sich der Hochkönig an Fergus. Dies war also der Häuptling aus Dubh Linn.
Ein einziger Blick, und er verstand Fergus vollkommen.
»Und
doch ist seine Tochter hier, wie du siehst«, sagte er, auf Deirdre zeigend.
Goibniu blickte in seine Richtung und war sprachlos. »Was habt Ihr zu sagen,
Fergus?«
»Dass
der Mann mich einen Lügner genannt hat«, sagte Fergus hitzig und fügte dann
etwas ruhiger hinzu: »Aber meine Tochter ist eines Prinzen würdig, und nun habe
ich sie in Ungnade gebracht.«
Mit
einem heimlichen Blick aus den Augenwinkeln sah der König, dass mehrere der
bedeutenden Edelleute dem armen, in seinem Stolz verletzten Häuptling
zustimmende Blicke zuwarfen.
»Es
scheint, Goibniu«, sagte er gütig, »du hast dich, was das Mädchen betrifft,
geirrt. Was meinst du: Ist es nicht möglich, dass du dich auch mit dem Schlag
geirrt hast? Vielleicht hast du nur geglaubt, er würde dich gleich schlagen?«
Und dabei blickte der König den Schmied unverwandt mit seinen dunkelblauen
Augen an.
Was
immer Goibniu war, töricht war er wirklich nicht.
»Ja,
so könnte es gewesen sein«, räumte er ein.
»Du
könntest ja auch ein wenig verwirrt gewesen sein.«
»Verwirrt?
Ja, das ist nicht auszuschließen.«
»Nimm
deinen Platz an unsrer Festtafel ein, Goibniu. Und vergiss die Sache. Und Ihr,
Fergus’ Sohn, Ihr werdet draußen auf mich warten, denn es kann sein, dass ich
Euch etwas zu sagen habe.« Und damit gab er dem Pfeifer ein Zeichen, worauf
dieser in sein Instrument zu blasen begann, und das Festmahl nahm wieder seinen
Lauf.
Aber
während die Festlichkeiten ihren Fortgang nahmen und Fergus draußen vor der
Halle wartete und Deirdre voller Ungewissheit, was der König mit ihrem Vater im
Sinn hatte, ihren Pflichten nachzukommen versuchte, hatte keiner der Anwesenden
die geringste Ahnung, was in Wahrheit im Kopf des Herrschers vor sich ging.
Es
läuft bestens, dachte dieser nämlich. Die Bedingungen für seinen Plan waren nun
geschaffen. Er musste sich nur noch mit diesem Mann aus Dubh Linn treffen, und
dann wäre die Falle für sie alle aufgestellt. Welch überraschenden
Glücksbringer hatten ihm die Götter da geschickt! Auf dem Höhepunkt des Festes
würde er seine Ankündigung machen. Genau im Moment des Sonnenuntergangs.
* * *
Spät an jenem
Nachmittag fand vor einer amüsierten Menge eine kleine Zeremonie statt, bei der
einer der älteren Druiden als Zeuge zugegen war.
Fergus
und Goibniu standen sich von Angesicht zu Angesicht gegenüber. Auf Geheiß des
Druiden trat Goibniu als Erster vor. Er riss sein Hemd auf und entblößte seine
Brust, worauf Fergus feierlich vortrat, eine Brustwarze des Schmieds zwischen
die Lippen nahm und ein paar Augenblicke lang daran saugte. Dann trat er
zurück, bot seine eigene Brust dar, worauf nun Goibniu auf ihn zutrat und das
Kompliment erwiderte. Darauf nickten die beiden Männer einander zu, und der
Druide erklärte die Zeremonie für beendet. So pflegten auf dieser Insel zwei
Männer, die sich gestritten hatten, ihre Versöhnung zu besiegeln. Von nun an
waren Fergus und der Schmied durch ein Band der Freundschaft miteinander
verbunden. Sie hatten es auf ausdrückliche Anordnung des Hochkönigs getan. Denn
nichts, so ließ er sie wissen, hatte den Frieden des königlichen Festbanketts
zu stören.
* * *
Der Prinz und sein
Freund standen auf dem Gipfel von Uisnech. Die Sonne berührte den Horizont und
warf einen roten Widerschein auf Conalls blasses Gesicht, als er sich seinem Freund
zuwandte und meinte, sie sollten nun wieder herabsteigen. Es war an der Zeit,
zum Fest zurückzukehren.
»Hast
du das Mädchen gesehn?«, fragte Finbarr schüchtern.
»Ja,
das habe ich.«
»Und
was wirst du nun tun?«
Plötzlich
ging Conall ein Licht auf: »Du bist es doch gewesen, der es so eingerichtet
hat, dass sie bei dem Festmahl zugegen ist?«
»Ja,
das war ich. Verzeihst du mir?«
»Du
hast genau das Richtige getan.« Conall lächelte sanft. »Wirst du immer mein
guter Freund sein, Finbarr, egal, was auch geschieht?«
»Ja,
das werde ich«, versprach Finbarr. »Was wirst du also mit Deirdre tun?«
»Das frag mich
morgen.«
Finbarr
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