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Die Prinzen Von Irland

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Titel: Die Prinzen Von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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empfand, hatte ihn in
seinen Gedanken bestärkt, ein Druide zu werden.
    Aber
da war noch die Sache mit Deirdre. War sie Teil seiner Bestimmung zum Priester?
War er bereit, zu seiner Verantwortung zu stehen, den unwiderruflichen Schritt
zu wagen, nach Dubh Linn zu gehen und sie als Ehefrau zu fordern? Immer wieder
hatte er, während die Tage und Monate verstrichen, diese Frage erwogen. Und
doch hatte ihn jedes Mal, wenn er daran gedacht hatte, nach Dubh Linn zu gehen,
etwas zurückgehalten. Und schließlich war er, bevor er nach Uisnech aufbrach,
zu der Erkenntnis gelangt, die ihm ein nicht geringes Maß an Seelenfrieden verlieh.
Wenn ich immer noch nicht zu ihr gegangen bin, dachte er, dann muss der Grund
dafür sein, dass ich sie nicht aufrichtig begehre. Und daher ist sie nicht
meine Bestimmung.
    Kurz
vor dem Moment, da die Sonne aufgehen würde, berührte Finbarr ihn am Arm und
zeigte auf eine Stelle etwas weiter links von ihnen. »Wir sollten dort
hinübergehen. Dort können wir den Sonnenaufgang besser sehen.«
    Obwohl
ihm der Unterschied vernachlässigenswert erschien, erhob Conall keine Einwände,
und so setzten sie sich in Bewegung.
    Inmitten
der Tausenden von Menschen auf den Hängen von Uisnech harrten sie dem magischen
Augenblick entgegen. Der Horizont glühte. Die riesige Scheibe der Sonne brach
aus der flüssigen Umarmung des Horizonts hervor. Ihr goldener Glanz breitete
sich über die neblige Ebene aus und setzte den Tau auf der ihr zugewandten
Seite des Hügels in Flammen. Und nun begann, so weit das Auge reichte, einer
der wundervollsten Maitagsbräuche der keltischen Welt: das Baden im Tau.
    Deirdre
bückte sich, formte die Hände in dem funkelnden Nass des Taus zu einer Schale
und wusch sich das Gesicht. In ihrer Nähe wälzte eine Frau ihren nackten
Säugling sanft im Gras. Nun richtete sich Deirdre wieder gerade auf und
benetzte sich noch einmal aus hohler Hand das Gesicht mit Tau; und dann
streckte sie ihre Arme weit aus, so dass sie die Wärme der aufgehenden Sonne
auf ihren Brüsten spürte, warf ihren Kopf zurück, und ihre Brüste hoben und
senken sich, so als atmete sie die Sonnenstrahlen tief in ihre Lungen ein.
    Conall
stand da und starrte sie an, von Finbarr beobachtet. Da wurde dem jungen
Prinzen bewusst, dass Finbarr ihn in eine Falle gelockt hatte. Er warf einen
finsteren Blick auf seinen Freund und entfernte sich.
    * * *
    Die Hitze war
gewaltig. Die Reihe der Rinder zog sich endlos hin. Sie waren die Nacht über in
Pferchen gehalten worden und wurden nun eines nach dem anderen zu den Feuern
geführt; das Prasseln und Knistern der brennenden Zweige erschreckte sie. Eine
Reihe kleinerer Feuerstellen lenkte sie zu zwei großen lodernden Scheiterhaufen,
zwischen denen sie hindurchlaufen mussten. Sie begannen zu brüllen; manche
mussten mit dem Ochsenziemer angetrieben werden. Aber der – zumindest für
menschliche Augen – furchtbarste Anblick waren nicht die brennenden Feuer,
sondern die Gestalten, die wie eine Schar riesiger wilder Vögel direkt hinter
dem Flammentor versammelt standen.
    Während
der Beltaine–Zeremonien trugen die Druiden von Uisnech riesige Umhänge in
prächtigen Farben mit hoch aufragenden Spitzen in Form von Vogelköpfen, wodurch
sie fast um die Hälfte größer als normal erschienen. Jedes Tier wurde, während
es zwischen den reinigenden Feuern hindurchgeführt wurde, mit Wasser bespritzt.
Auf diese Weise sollte die Gesundheit des Viehbestands gesichert werden.
    Larine
stand neben einer älteren Druidin. Obwohl die meisten Druiden Männer waren,
hatte es immer auch weibliche Druiden gegeben. Solche Frauen, die häufig die
Gabe des »zweiten Gesichts« oder der Hellsicht besaßen und zur Einweihung in
die Mysterien des Druidentums zugelassen waren, konnten Furcht einflößende
Persönlichkeiten sein. Die Könige fürchteten bereits den Tadel der männlichen
Druiden, aber Spott oder Verachtung aus dem Munde eines weiblichen Druiden war
oft noch gefährlicher. Und dieses alte Weib war in der Tat gefährlich.
    Eigentlich
hätte Larine seine Aufmerksamkeit auf die Viehkolonne richten sollen. Etwa
fünfzig Tiere hatten das Feuertor noch nicht passiert. Da es hier furchtbar
heiß war und es so viele Tiere waren, hatten sich die Druiden untereinander
abgelöst. Larines Schicht war nun beendet, und er befreite sich von seinem
schweren Federumhang. Während die ältere Druidin über die Feuer wachte,
schweifte sein Blick über die Ebene weiter unten.
    Er
machte sich

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