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Die Prinzen Von Irland

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Titel: Die Prinzen Von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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die Mühe, den Gästen auch nur
ins Gesicht zu sehen. Einmal musste sie sogar vor dem Hochkönig in Person
vorübergehen, und sie registrierte mit einem heimlichen Blick aus den
Augenwinkeln sein Gesicht, das sie eher unsympathisch fand. Er schien mit
seiner Frau in ein intensives Gespräch vertieft zu sein. So beschäftigt war
sie, dass sie es zunächst kaum bemerkte, als man sie beim Bedienen allmählich
zu dem Platz lenkte, an dem Conall saß.
    Wie
blass er aussah und wie ernst. Sie bediente ihn wie jeden anderen auch, ja, sie
widmete ihm sogar ein Lächeln.
    »Es
freut mich, Euch zu sehen, Deirdre, Tochter des Fergus.« Seine Stimme war sanft
und würdevoll. »Ich wusste gar nicht, dass Ihr auch an dem Bankett teilnehmen
würdet.«
    »Ich
selbst war genauso überrascht, Conall, Sohn des Morna«, antwortete sie
freundlich und schritt rasch weiter, ohne ihn noch einmal anzublicken.
    Sie
musste noch mehrmals an seinen Tisch zurückkehren, aber da sprachen sie nicht
mehr miteinander. Einmal sah sie, wie sein Onkel, der Hochkönig, ihn zu sich
befahl, aber dann wurde ihre Aufmerksamkeit von einem Pfeifer abgelenkt, der zu
spielen begann.
    Als
Conall von der Unterredung mit dem Hochkönig zurückkehrte, fühlte er sich sehr
verunsichert. Die dunkelblauen, leicht blutunterlaufenen Augen seines Onkels
funkelten unter ihren schweren schwarzen Brauen auf eine Art hervor, die zu
erkennen gab, dass ihm nichts entgangen war.
    »Nun,
Conall«, hatte er begonnen, »wir feiern hier das Beltaine–Fest, und dennoch
machst du ein trauriges Gesicht.«
    »Das
täuscht.«
    »Hm.
Sag mal: Wer ist eigentlich dieses Mädchen – die, mit der du gerade gesprochen
hast? Habe ich sie nicht schon einmal gesehen?« Conall erklärte, so gut er
konnte, wer sie war und dass ihr Vater der Häuptling von Dubh Linn war.
    »Dieser
Fergus ist ein Häuptling, sagst du?«
    »Ja,
das stimmt.« Conall musste schmunzeln. »Zwar nur ein kleiner. Doch seine
Vorfahren waren Männer von einiger Bedeutung.«
    »Auf
alle Fälle hat er eine bezaubernd aussehende Tochter. Ist sie verlobt?«
    »Es
gibt eine Absprache, glaube ich. Mit einem Mann aus Ulster.«
    »Aber
eigentlich« – der König machte verschmitzte Augen »hättest du sie gern für
dich?«
    Conall
fühlte, wie er rot wurde. Er konnte nichts dagegen tun.
    »N–nein,
überhaupt nicht«, stammelte er.
    »Hm.«
Sein Onkel nickte, dann beendete er das Gespräch; allerdings war Conall,
nachdem er wieder an seinen Platz zurückgekehrt war, nicht entgangen, dass der
König Deirdre nachdenklich betrachtete. Hatte sein Onkel ihm eine versteckte
Botschaft übermitteln und andeuten wollen, dass er sie heiraten sollte?
Zumindest gab er ihm zu verstehen, dass man ihm deutlich ansah, dass er in das
Mädchen verliebt war. Und war er nun, aus welchen Gründen auch immer, nicht
drauf und dran, sie einem anderen zur Frau zu überlassen? Ohne dass er den
Anstand aufbrachte, ihr wenigstens eine Erklärung zu geben? Und warum? Wollte
er es wirklich so?
    Eine
Weile saß er da, redete mit keinem ein Wort. Schließlich blickte er wieder auf
und sah, dass Deirdre sich näherte. Sie kam so nahe heran, dass er, wenn er
seine Hand ausstreckte, ihr goldenes Haar hätte berühren können.
    »Deirdre,
Tochter des Fergus«, sagte er ganz leise, aber sie hörte es doch. Sie wandte
den Kopf. Bemerkte er, wenn auch nur einen flüchtigen Moment lang, einen
schmerzlichen Ausdruck in ihren wundervollen Augen? »Ich muss mit Euch
sprechen. Morgen früh. In der Dämmerung.«
    »Wie
Ihr wünscht.« Sie wirkte zögerlich.
    Er
nickte ermunternd. Das war alles. Und sie wollte sich gerade entfernen, als ein
Gebrüll anhob.
    Alle
Köpfe fuhren herum; Druiden runzelten die Stirn; der Hochkönig schleuderte
zornige Blicke; sogar der Pfeifer verstummte. An dem heiligen Ort Uisnech,
während des Beltaine–Fests, wagte es jemand, den Frieden zu stören.
    Das
Gebrüll ging weiter. Dann plötzlich Stille. Ein Diener des Königs trat in die
Festhalle und meldete dem König etwas, worauf dieser mit einem düsteren Nicken
reagierte. Wenige Augenblicke später wurden zwei Männer hereingeführt. Der
erste, der ziemlich aufgebracht wirkte, war Goibniu, der Schmied. Hinter ihm,
geradezu das Musterbild eines Häuptlings, den man beleidigt hatte, schritt
Fergus drein. Conall blickte in die Richtung, wo Deirdre nun stand, und sah,
dass sie leichenblass wurde. Als die beiden vor dem König standen, ergriff
dieser das Wort. Er sprach ruhig und leise, zuerst zu

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