Die Prinzen Von Irland
Aufbruch hindern?«
»Nein, ich würde auf
deine Rückkehr warten. Aber die Inseln der Seligen«, fügte sie nervös hinzu,
»liegen doch in weiter Ferne, Conall, in der westlichen See.«
»Das stimmt. Und wenn
ich Schiffbruch erleiden und umkommen würde, dann würdest du um mich trauern,
aber du wärst auch stolz auf mich, nicht wahr? Dann würdest du meinem Sohn
sagen, dass er auf seinen Vater stolz sein kann?«
»Wie könnte dein Sohn
nicht stolz auf seinen Vater sein?«
»Mein Vater starb auf
ehrenvolle Art im Kampf. Daher grämten sich weder meine Mutter noch ich über
seinen Tod, denn wir wussten, dass er nun bei den Göttern weilt.«
»Aber… was hat das
alles mit uns zu tun, Conall?«, fragte sie verwirrt.
Conall bat den
Druiden Larine, näher zu treten, bevor er sich wieder an Deirdre wandte: »Du
weißt, dass du allein die Liebe meines Lebens bist und dass du meinen Sohn
unter dem Herzen trägst. Wenn du mich so liebst, wie ich dich, dann gräme dich
nicht, wenn ich zu einer Reise aufbreche. Und wenn du mich liebst, so erinnere
dich stets an dies: Finbarr, den ich getötet habe, war mein liebster Freund.
Aber Larine ist sogar ein noch besserer Freund. Ich muss dich nun verlassen,
denn dies ist der Wille der Götter. Aber wenn Larine stets dein Freund und
Ratgeber ist, wird dir nie ein Leid geschehen.« Mit diesen Worten nahm er sie
in die Arme, drückte sie liebevoll an sich und küsste sie. Er wandte sich um
und ließ sie mit dem Druiden zurück.
Und dann eröffnete
ihr Larine, was nun geschehen würde.
*
* *
Als
Conall noch ein Kind gewesen war, schien ihm die Samhain–Nacht ein magischer,
aber gefährlicher Moment zu sein. Die Leute ließen Speisen für die Geister auf
dem Tisch, aber sie löschten ihre Feuer aus, um sicherzugehen, dass sich diese
gefährlichen Besucher nicht länger in ihrem Haus herumtrieben. Als er noch
klein war, ließ ihn seine Mutter in dieser Nacht stets in ihrer Nähe schlafen.
Auf diese lange Nacht folgte gewöhnlich das Aussondern der Tiere – der Rinder,
Schweine und Schafe, die für die Winterschlachtung ausgewählt worden waren. Das
Gebrüll der Kühe und Ochsen, während man sie zu dem Pferch führte, wo die
Rinderhirten mit ihren Messern warteten, hatte für Conall immer etwas
bedrückend Trauriges gehabt. Andere Jungen empfanden es dagegen als einen
gewaltigen Spaß, wenn die Schweine gepackt und ihre Füße mit Seilen
zusammengeknotet wurden und sie dabei entsetzlich quiekten. Nachdem die Männer
sie an den Hinterbeinen an einem Baum hochgezogen hatten, wurden ihnen die Kehlen
aufgeschlitzt, wobei sie noch entsetzlicher quiekten: Das Blut spritzte heraus,
und um sie herum wurde alles besudelt. Conall hatte das Schlachten, so
notwendig es war, nie Spaß gemacht, und er hatte stets bei dem Druiden Trost
gesucht, der der Verrichtung seinen Segen gab.
Als er etwas älter
war, schlich er sich in der Samhain–Nacht immer heimlich hinaus und setzte sich
ins Freie. Die ganze Nacht hindurch hielt er Ausschau nach vagen Schatten und
lauschte nach Fußtritten, während die Geister zu Besuch kamen, in die
Weidenhütten schlichen oder an den herbstlichen Bäumen vorüberstreiften. Auf
einen hatte er immer ganz besonders gewartet. Sein heldenhafter Vater, hatte er
als kleiner Junge gedacht, würde ihn doch besuchen kommen? Immer wieder
beschwor er im Geiste Bilder seines Vaters – von der hoch gewachsenen Gestalt,
von der ihm seine Mutter erzählt hatte, mit ihren blitzenden blauen Augen und
ihrem langen Schnauzbart. Aber er war nie erschienen. Nur einmal, in der
Samhain–Nacht, als Conall vierzehn war, hatte er ein sonderbares Gefühl der
Wärme empfunden, die deutliche Anwesenheit eines Wesens ganz dicht in seiner
Nähe. Und da er sich so inständig danach gesehnt hatte, dass es so wäre, hatte
er geglaubt, dass es sein Vater war.
Aber jetzt, da er
erwachsen war, letzte Nacht, war alles anders gewesen. Er hatte Larine gebeten,
ihn bei seiner schweren Prüfung zu begleiten, und seine Bitte war ihm gewährt
worden. Sie hatten zusammengesessen, sich miteinander unterhalten und gebetet.
Gegen Mitternacht hatte Larine sich erhoben und seinen Freund eine Weile allein
gelassen.
Er hatte sich so
intensiv auf die vor ihm liegende Prüfung konzentriert, dass er sogar vergessen
hatte, dass in jener Nacht die Geister unterwegs waren. Während er im Haus des
Druiden allein in der Finsternis saß, war er sich nicht sicher, ob er
eingeschlafen oder wach war. Auf alle Fälle sah
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